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4.3.2 Tränken

Die Tiere müssen rund um die Uhr Zugang zu frischem Wasser guter Qualität haben, wobei die ideale Wassertemperatur zwischen 15 °C und 21 °C liegt. Es ist sicherzustellen, dass die Tränken für jedes Tier gleichermaßen leicht zu erreichen sind. Die Entfernung zu den Futterlinien sollte max. 2 m betragen.

Als Tränken werden wegen ihrer hygienischen Vorteile und der Vermeidung von Spritzwasser überwiegend Nippeltränken mit oder ohne Cup eingesetzt. Andere Formen wie z.B. Glockentränken kommen deutlich weniger zum Einsatz, wenn häufig in der Anfangsphase der Mast. Laut TierSchNutztV ist ein Tränkenippel für 15 Tiere einzukalkulieren.

Die Höhe der Nippeltränken sollte täglich kontrolliert und entsprechend des Wachstums der eingesetzten Genetik laufend angepasst werden. Die richtige Trinkposition ist hier aufrecht mit dem Kopf nach oben. Es gilt jedoch zu beachten, dass auch kleinwüchsige Tiere jeder Zeit die Tränkenippel erreichen. Durch die leichte Streckung spielen die Tiere nicht bzw. weniger mit den Tränkenippeln, sodass weniger Wasser in die Einstreu gelangt.

4.3.3 R&D der Tränken

In Hinblick auf die Tränkwasserhygiene gilt es stets, das gesamte Tränkwassersystem im Blick zu behalten. Hierzu zählen auch die Zuleitungen zum Stall, Filter, Aufwärmschleifen und tote Enden des Wasserleitungssystems.

Filter sollten regelmäßig kontrolliert und bei Bedarf ausgetauscht werden. Dies gilt besonders für die Filter hinter den Dosierern.

Grundsätzlich gilt es lange Standzeiten in den Wasserleitungen zu vermeiden, da diese mit einer Erwärmung des Wassers einhergehen. Die Vermehrung von Bakterien wird dadurch begünstigt. Lange Standzeiten treten besonders häufig nach erfolgter Reinigung und Desinfektion auf. Daher sollten alle Leitungen auch unter Einbezug der Sprühkühlung vor der Einstallung erneut gespült werden.

Werden in einem Stall aufgrund einer verminderten Besatzdichte einzelne Stränge der Wasserleitung nicht mehr benötigt, sollten diese demontiert werden, da sich auch in diesen Leitungen Wasser sammelt und erwärmt. Wird der Zugang zu zusätzlichen Tränkewasserbahnen erst zu einem späteren Zeitpunkt im Durchgang gewährt, müssen auch diese Bahnen ausreichend gespült werden, bevor die Tiere Zugang erhalten.

Neben den jährlichen Untersuchungen der Tränkwasserqualität empfiehlt es sich, zwischenzeitlich auch visuelle Beurteilungen des Tränkewassers durchzuführen. Hierbei sollten Wasserproben im Stall auf Verunreinigungen und das Vorhandensein von Flocken untersucht werden.

Sauberkeit der Wasserleitung

Reinigung und Desinfektion im unbelegten Stall

Vor jeder Neubelegung muss das Tränkewassersystem gereinigt und desinfiziert werden. 

Alkalische Reinigungssubstanzen lösen organische Substanzen (Fette, Eiweiße und Bestandteile von Biofilmen) in den Leitungen. Entsprechend empfiehlt sich der Einsatz von alkalischen Kaltwasser-Spezialreinigern wie sie z.B. auch für die Reinigung von Melksystemen eingesetzt werden. 

Bei mineralischen Ablagerungen in den Leitungen, die z.B. in Verbindung mit hohen Kalzium- oder Eisenkonzentrationen im Wasser auftreten, sollten zusätzlich saure Reinigungsmittel zum Einsatz kommen.

Nach erfolgter Reinigung müssen die Leitungen gespült und der Reinigungserfolg visuell überprüft werden. Eine gute Reinigung des Tränkwassersystems ist Grundvoraussetzung für die sich anschließende Desinfektion und damit auch für eine erfolgreiche Keimreduzierung im Tränkwasser. Die Wahl des Desinfektionsmittels sollte betriebsindividuell erfolgen. Hierbei gilt es, die bestandsspezifische Erregerbelastungen bei der Wahl des Desinfektionsmittels zu berücksichtigen. Um Resistenzbildung zu vermeiden, sollte das Desinfektionsmittel in regelmäßigen Abständen gewechselt werden.

Hygienemaßnahmen im belegten Stall

Die Aufbereitung des Tränkwassers mit Chlor oder Chlordioxid-Präparaten dient bei belegtem Stall dazu, die Keimdichte im Wasser zu reduzieren und einen rückwärtigen Eintrag von Keimen über die Tränkenippel in das System zu verhindern. Die Wahl des geeigneten Präparates ist abhängig von der Tränkwasserqualität. Grundsätzlich sollten die folgenden Punkte beim Einsatz von Chlor und Chlordioxid beachtet werden:

  • Die Wirkungsweise von Chlorpräparaten ist abhängig vom pH-Wert; das pH-Optimum von Chlor liegt bei einem pH-Wert zwischen 4 und 5. 
  • Chlordioxid ist im Vergleich zu Chlor pH-unabhängiger und wirkt weniger korrosiv. 
  • Die Wirkung von Chlordioxid kann durch organische Stoffe und hohe Konzentrationen von Eisen und Mangan-Ionen im Wasser beeinträchtigt werden. Farbumschlagtests dienen zur Kontrolle der Wirksamkeit und sind leicht durchzuführen.
  • Gemäß deutscher Trinkwasser-Verordnung (2001) soll der Zielüberschuss am Tränkenippel mindestens 0,05 und höchstens 0,20 mg Chlordioxid/ Liter Wasser betragen.

Neben Chlor und Chlordioxid sind weitere Präparate auf dem Markt erhältlich, die als Wirkstoffe z.B. Kaliumperoxomonosulfat oder organische Säuren beinhalten. Mit Hilfe dieser Präparate kann der pH-Wert im Wasser gesenkt werden, um der Vermehrung von Bakterien entgegen zu wirken.

Die Durchführung von Hygienemaßnahmen im belegten Stall sollte im Vorfeld mit Beratern oder dem bestandbetreuenden Tierarzt abgestimmt werden. Bei der Durchführung müssen folgende Aspekte beachtet werden:

  • Vor der Durchführung von Behandlungen muss der Einsatz des Präparats zur Tränkwasserhygienisierung rechtzeitig ausgesetzt werden. Zusätzlich empfiehlt es sich, die Leitungen ausreichend zu spülen. Verbleiben Rückstände im Tränkesystem, können diese die Wirkung der eingesetzten Medikamente, Impfstoffe und Vitamin-Präparate beeinträchtigen.
  • Der pH-Wert des Wassers darf nicht unter 5 abgesenkt werden, da die Wasseraufnahme der Tiere sonst sinkt.

Exkurs: Biofilm

Biofilme entstehen, wenn Mikroorganismen aus dem Tränkwasser sich an der Oberfläche der Tränkwasserleitung festsetzen und vermehren. An der Ausbildung eines Biofilmes sind verschiedene Bakterien, Pilze, Protozoen und Algen beteiligt. Biofilmbildende Bakterien geben Substanzen ab, die es ihnen erleichtern, an der Materialoberfläche haften zu bleiben und sie vor Umwelteinflüssen schützen. Der Biofilm stellt sich dann als schleimige Auflagerung dar.

Bei längerem Bestehen des Biofilmes stellt sich ein Gleichgewicht aus Ablösung und Neubildung ein. Abgelöste Biofilmbestandteile können dann in andere Abschnitte des Tränkesystems gelangen und dort zu einer erneuten Biofilmbildung führen.

Grundsätzlich wird Biofilmbildung durch die folgenden Faktoren begünstigt:

  • Innere Oberflächenbeschaffenheit der Bauteile des Tränkesystems
  • Die Fließgeschwindigkeit im Leitungssystem
  • Dem Nährstoffangebot für Mikroorganismen im Wasser → übers Wasser verabreichte Arzneimittel und Vitamine können Bakterien als Nährstoffe dienen

    Risiken, die mit einer Biofilmbildung einhergehen:

    • Verstopfung von Leitungsabschnitten und wasserführenden Bauteilen
    • Schädigung der Leitungssysteme durch Biokorrosion. Bestimmte Bakterien-Arten sind in der Lage sowohl Eisen zu oxidieren, als auch Sulfat zu reduzieren und können dadurch das Material des Tränkesystems angreifen.
    • Vermehrung von Krankheitserregern innerhalb der Biofilme und erneute Freisetzung → Tieren nehmen Erreger mit dem Tränkwasser auf
    • Abgabe von Bakterientoxinen ins Tränkwasser
    • Bildung von antibiotikaresistenten Keimen bei Antibiotikagabe über das Tränkwasser

    Nachweismethoden:

    • Die einfachste Methode ist die optische Kontrolle von Schleimbildung z.B. an Tränkenippeln, Filtern und Absperrhähnen.
    • Zur Kontrolle von ganzen Leitungsabschnitten können Endoskope zur optischen Kontrolle herangezogen werden.
    • Tupferproben aus Leitungsabschnitten und von anderen Bauteilen können eingesetzt werden, um zu ermitteln, welche Mikroorganismen an der Ausbildung der Biofilme beteiligt sind.
    • Zu beachten ist, dass bei durchgeführten Gesamtkeimbestimmungen, die zur Kontrolle der Tränkwasserqualität durchgeführt werden, an der Biofilmbildung beteiligte Mikroorganismen häufig nicht erfasst werden. Gründe hierfür sind:
      • Die Abgabe von Mikroorganismen aus dem Biofilm, die sich auch im Rahmen einer Untersuchung anzüchten lassen, erfolgt nicht kontinuierlich.
      • An der Biofilmbildung sind Mikroorganismen beteiligt, die mit den Standardmethoden zur Gesamtkeimzahlbestimmung nicht erfasst werden können. 

    Reinigung und Desinfektion:

    Ziel ist es den Biofilm zu lösen und vollständig aus dem Tränkwassersystem heraus zu spülen. Rückstände eines Biofilms, die im System verbleiben, setzen sich ab und bilden ein Nährstoffreservoir für Bakterien. Sie begünstigen somit eine erneute Biofilmbildung. Für das Ablösen des Biofilms sollten alkalische Reinigungsmittel eingesetzt werden.