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Ursachen für eine beeinträchtigte Darmgesundheit

5.1 Infektionen

Es gibt eine Vielzahl von Infektionserregern, die eine Erkrankung des Magen- Darmtraktes bei Puten hervorrufen und meist mit einer veränderten Kotkonsistenz einhergehen. Im Folgenenden sind die hierbei bedeutendsten Infektionserreger dargestellt.

Hinweis

Bei Symptomen, die auf eine der beschriebenen Erkrankungen hindeuten, muss in jedem Fall der bestandsbetreuende Tierarzt hinzugezogen werden.

5.1.1 Bakterielle Infektionen

E.coli

Bezeichnung der ErkrankungE.coli-Infektion

Vorkommen

 

 
  • Umweltkeim
  • Bestandteil der physiologischen Darmflora
  • Verursacher von Darminfektionen sind pathogene (krankmachende) Stämme
 
Infektionsweg 
  • Kontaminierter Staub, Kot, Wasser und Futter
  • Übertragung über die Luft
  • Orale Aufnahme (über den Schnabel)
 
Klinischer Verlauf 
  • Teilnahmslosigkeit
  • Aufgeplustertes Gefieder
  • Durchfall
  • Lahmheiten mit verdickten, warmen Gelenken
  • Verluste können stark ansteigen
  • Es kann zu einer Verbreitung von E. coli im ganzen Körper kommen ⇒ weitere Organsysteme betroffen
  • E. coli -Infektionen treten meistens in Verbindung mit viralen Infektionen auf ⇒ Sekundärinfektion
 

Vorbeugende Maßnahmen

 
  • Optimales Hygiene-/ Betriebsmanagement
  • Impfstoff mit Zulassung für Junghennen und Masthühner, ein Einsatz ist bei Berücksichtigung der Umwidmungskaskade auch bei Puten möglich
  • Bestandsspezifische Impfstoffe
 
Behandlung 
  • Antibiotikabehandlung
  • Vorheriger Resistenztest wird empfohlen
 

 

Salmonellen

Bezeichnung der Erkrankung

Unspezifische Samonellose

Vorkommen 
  • Umweltkeim
  • Tiere können Erregerträger sein, ohne dabei selber zu erkranken
  • Zoonoseerreger!
  • Meldepflicht! Es gilt die Geflügel-Salmonellen-Verordnung (GflSalmoV) zu beachten
 
Infektionsweg 
  • Von Tier zu Tier
  • Kontaminierter Staub, Kot, Wasser und Futter
  • Orale Aufnahme (über den Schnabel)
 
Klinischer Verlauf

Klinischer Verlauf:

  • Erkrankungen treten vor allem bei jüngeren und geschwächten Tieren auf
  • Teilnahmslosigkeit
  • Erhöhtes Wärmebedürfnis
  • Durchfall
  • Verklebte Kloake
  • Entwicklungsstörungen
  • Lahmheit
  • Blindheit
  • Erhöhte Verluste

Subklinischer Verlauf:

  • Subklinische Verläufe treten deutlich häufiger auf als klinische Verläufe!
  • Erreger siedeln sich im Darm an ⇒ Tiere zeigen keine Symptome, können jedoch Salmonellen ausscheiden!!!
 

Vorbeugende Maßnahmen

 
  • Regelmäßige Überprüfung des Keimdrucks durch Sockentupfer
  • Optimales Hygiene-/ Betriebsmanagement
 
Behandlung 
  • Antibiotikabehandlung möglich, führt jedoch nicht zur Salmonellenfreiheit der Tiere
  • Vorheriger Resistenztest wird empfohlen
 

 

Clostridium perfringens

Bezeichnung der Erkrankung

Durch Clostridien ausgelöste Dysbakteriose

 

Vorkommen 
  • Umweltkeim, der primär im Erdboden vorkommt
  • Vermehrung in Einstreu und Futter möglich
  • Kann in geringer Anzahl auch im Blind- und Enddarm von gesunden Tieren nachgewiesen werden  
 
Infektionsweg 
  • Kontaminierter Staub, Kot, Wasser und Futter
  • Orale Aufnahme, (über den Schnabel)
 
Klinischer Verlauf 
  • Erkrankung tritt vorwiegend bei Jungtieren auf (4. - 12. Lebenswoche) 
  • Teilnahmslosigkeit
  • Reduzierte Futteraufnahme (Herde)
  • Erhöhte Wasseraufnahme (Herde)
  • Wachstumsdepression
  • Gewichtsverlust
  • Durchfall (schaumig-gelber Kot)
  • Die Nekrotische Enteritis (NE) ist eine Ausprägung der Clostridium-Infektion, die zu massiven Veränderungen an der Darmschleimhaut führt und mit einem plötzlichen Anstieg der Tierverluste einhergehen kann
 

Vorbeugende Maßnahmen

 
  • Optimales Hygiene-/ Betriebsmanagement
 
Behandlung 
  • Antibiotikabehandlung möglich
  • Vorheriger Resistenztest wird empfohlen
 

 

5.1.2 Virale Infektionen

Hämorrhagische Enteritis Virus

Bezeichnung der Erkrankung

Hämorrhagische Enteritis (HE)

 

Vorkommen 
  • Weltweites Vorkommen
  • Virus weist hohe Widerstandsfähigkeit auf, so dass es auch bei all in / all-out Betrieben wiederholt zu Infektionen und Erkrankungen kommen kann
 
Infektionsweg 
  • Ausscheidung über den Kot
  • Horizontale direkte oder indirekte Übertragung ⇒ orale (über den Schnabel) oder kloakale ("cloacal drinking") Infektion anderer Tiere
  • Meist akut, rasche Durchseuchung des Bestandes  
 
Klinischer Verlauf 
  • Blutig-schwärzlicher Durchfall v.a. bei jüngeren Tieren
  • Allgemeininfektion
  • Durch die Schwächung des Immunsystems kommt es meist zu bakteriellen Sekundärinfektionen
  • Erkrankte Tiere sind bei gutem Ernährungszustand stark geschwächt und versterben häufig innerhalb eines Tages
  • In Abhängigkeit der krankmachenden Eigenschaften des Erregers und des Alteres der Tiere können die Mortatlitätsraten bis zu 60% betragen
  • Im Alter von 8 - 11 Wochen werden auch Krankheitsverläufe beobachtet, bei denen das Virus selber zu keiner Symptomatik führt, dennoch wird eine Infektion des Darms mit bakteriellen Erregern begünstigt
 

Vorbeugende Maßnahmen

 
  • Optimales Hygiene-/ Betriebsmanagement 
  • Impfung in der 4. Lebenswoche
 
Behandlung 
  • Bei einer nachgewiesenen Infektion der Herde kann die unterstützende Gabe von Elektrolyten und Vitamin K sich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken
 

 

5.1.3 Parasitäre Infektion

Kokzidien

Bezeichnung der Erkrankung

 

Kokzidiose

Vorkommen

 

 
  • Weit verbreitete parasitäre Erkrankung
  • Erkrankung vor allem bei jüngeren und geschwächten Tieren
  • Tritt bei allen Altersstufen auf
 

1. Pute nimmt aus der Stallumwelt Kokzidien auf; keine sichtbare Symptome (subklinischer Verlauf)

2. Die infizierte Pute scheidet nichtinfektiöse Eier, sogenannte Oozysten, mit dem Kot aus.

3. In der Einstreu reifen die nicht infektiösen Oozysten bei ausreichender Feuchtigkeit zu infektiösen Oozysten heran. Man spricht von der Sporulation.

4. Sowohl das bereits infizierte Tier als auch weitere Puten aus der Herde, nehmen sporulierte und somit infektiöse Oozysten aus der Einstreu auf.

5. Die Kokzidien vermehren sich in der Darmschleimhaut und durchlaufen verschiedene Entwicklungsstadien, bis hin zu den nicht infektiösen Oozysten. Die Darmschleimhaut wird dadurch geschädigt.

6. Die nicht infektiösen Oozysten werden ausgeschieden und der Zyklus beginnt erneut. (siehe Punkt 2)

Bei wiederholten Zyklen entsteht eine klinische Kokzidiose. Die Tiere haben ein erhöhtes Wärmebedürfnis, sträuben das Gefieder und weisen deutliche Kotveränderungen auf. Bei massivem Befall kommt es zur erhöhter Sterblichkeit.

Infektionsweg 
  • Kontaminierter Staub, Kot, Wasser und Futter ⇒ orale Aufnahme (über den Schnabel)
  • Mit Kot ausgeschiedene Oozysten sind lange in der Umwelt überlebensfähig

 
Klinischer Verlauf 
  • Die Schwere der Symptome hängt von unterschiedlichen Faktoren ab:
    • je nachdem wie krankmachend der Stamm ist, wird die Darmschleimhaut unterschiedlich stark geschädigt
    • die Anzahl der aufgenommen Oozysten
    • die Immunitätslage der Pute
    • das Alter der Tiere
  • Häufig handelt es sich um Mischinfektionen
  • Ruhiges Verhalten
  • Gesträubtes Gefieder
  • Erhöhtes Wärmebedürfnis
  • Klagelaute
  • Flüssig, schleimiger Durchfall, kann orange bis braunschwarze Verfärbungen aufweisen
  • Akute Kokzidiosen begünstigen die Vermehrung von Clostridien im Darm
 

Vorbeugende Maßnahmen

 
  • Optimales Hygiene-/ Betriebsmanagement
 
Behandlung 
  • In der konventionellen Putenmast Einsatz von Kokzidiostatika als Futtermittelzusatzstoff
  • Ggf. zusätzliche antibiotische Behandlung in Hinblick auf begleitende Clostridien-Infektionen
  • Flankierende Maßnahme: Gabe von Multivitaminpräparaten
 

Histomonas meleagridis

Bezeichnung der Erkrankung

Histomonadose (Schwarzkopfkrankheit)

Vorkommen 
  • Besonders gefährdet sind Jungputen in Auslaufhaltung und Puten, die zusammen mit Hühnern gehalten werden
  • Auch in der konventionellen Putenhaltung treten immer wieder Fälle auf, bei denen die Eintragsquelle nicht identifiziert werden kann

 
Infektionsweg 
  • Durch Stapelwirte wie Regenwürmer oder Larven einer Spulwurmart (Stapelwirte sind Wirte, in denen sich Parasiten aufhalten und überleben, sich aber nicht vermehren)
  • Durch Schnecken, Fliegen und Käfer 
  • In bereits infizierten Herden erfolgt die weitere Infektion von Tier zu Tier über die Kloake
 
Klinischer Verlauf 
  • Befall mehrerer Organe
  • Klassische Symptome:
    • Gesträubtes Gefieder
    • Teilnahmslosigkeit
    • Erhöhtes Wärmebedürfnis
    • Schwefelgelber Durchfall
    • Teilweise Zyanosen (= dunkle Verfärbungen der Haut) am Kopf
  • Mortalität variiert, kann aber bei 80 – 100 % liegen
 

Vorbeugende Maßnahmen

 
  • Optimales Hygiene-/ Betriebsmanagement
  • Hühner und Puten nicht zusammenhalten!
  • Jungtiere und erwachsene Puten getrennt halten
  • Erhöhtes Risiko bei Tieren in Freilandhaltung
  • Auslauffläche regelmäßig wechseln, umpflügen und mit Branntkalk behandeln ⇒ Weitere Informationen zur Auslaufpflege
 
Behandlung 
  • Es stehen keine in der EU zugelassen Medikamente zur Verfügung
  • Behandlungsversuche mit pflanzlichen Extrakten wie z.B. Oreganosaft sind häufig nicht erfolgreich
  • Flankierende Maßnahmen: 
    • Stalltemperatur um ca. 2°C erhöhen, damit die Tiere nicht dicht beieinandersitzen
    • täglich einstreuen, um eine Verbreitung der Infektion über den Kot in der Herde zu verhindern
    • strenge Selektion aller auffälligen Tiere
 

 Cestoden / Nematoden

Bezeichnung der Erkrankung

Wurmbefall
Vorkommen 
  • Bei Freilandhaltungen können eher Infektionen mit Cestoden (Bandwürmern) oder Nematoden (Spulwürmern) auftreten
  • Bei reiner Stallhaltung werden diese Infektionen nicht beobachtet
  • Es spielen verschiedene Arten, eine Rolle, die zu ähnlichen Symptomen führen
 
Infektionsweg 
  • Direkte Aufnahme von Larvenstadien ⇒ orale Aufnahme (über den Schnabel)
  • Durch Stapelwirte wie Regenwürmer, Schnecken und Käfer (Stapelwirte sind Wirte, in denen sich Parasiten aufhalten und überleben, sich aber nicht vermehren)
 
Klinischer Verlauf 
  • Abhängig von der Befallstärke
  • Bei starkem Befall Durchfall
  • Eine Schädigung des Darmepithels kann zu Leistungseinbußen führen
 

Vorbeugende Maßnahmen

 
  • Optimales Hygiene-/ Betriebsmanagement 
  • Hühner und Puten nicht zusammenhalten!
  • Jungtiere und erwachsene Puten getrennt halten
  • Pfützen im Auslauf vermeiden
  • Zwischenwirte bekämpfen z.B. Käfer im Stall
  • Einstreu trocken halten
 
Behandlung 
  • Kontrolle des Infektionsstatus mittels Kotuntersuchungen (bei reiner Stallhaltung i.d.R. nicht erforderlich, nur bei konkretem Verdacht)
  • Bei starkem Befall Behandlung mit Antiparasitikum
 

5.1.4 Infektiöse Darmerkrankungen

Infektiöse Darmerkrankungen werden besonders häufig bei jungen Puten beobachtet. Unter dem Begriff infektiöse Darmerkrankung wird ein Krankheitsbild zusammengefasst, dass mit einer Vielzahl von

  • unterschiedlichen Viren (z.B. Coronaviren, Caliciviren, Reoviren, Rotaviren, Astroviren)
  • bakteriellen Erregern wie E.coli, Campylobacter, Clostridien
  • Protozoen wie Kokzidien und Cryptosporidien

in Verbindung gebracht wird.

Durch die Infektion mit einem oder mehreren Viren wird zunächst die Darmschleimhaut geschädigt, wodurch es zu einer Entzündung des Darmes kommt. Zudem begünstigt die Virusinfektion die Vermehrung von bakteriellen Erregern und somit eine sekundäre, bakterielle Infektion.

Hierbei kann es zu einer irreversiblen Schädigung der Darmzotten kommen, die sich langfristig negativ auf die Nährstoffaufnahme auswirkt. Als Folge davon kommt es zu:

  • einer schlechteren Futterverwertung
  • einer verminderten Leistungsfähigkeit der Tiere
  • einer schlechteren Uniformität der Herde

Damit sind die Erkrankungen nicht nur aus Sicht des Tierwohls, sondern auch aus ökonomischer Sicht von Bedeutung.

Krankheitsverlauf

Bei infektiösen Darmerkrankungen werden allgemein folgenden Symptome beobachtet:

  • Die Tiere sind ruhiger und haben ein erhöhtes Wärmebedürfnis.
  • Durchfall
  • Mögliches Dehydrieren der Tiere aufgrund von Durchfall
  • Vermindertes Wachstum, einhergehend mit einer reduzierten Gewichtsentwicklung
  • In manchen Fällen hohe Verluste → Bei Beteiligung von Coronaviren kann die Mortalität bei Jungputen im Alter von der ersten bis vierten Lebenswoche bis zu 50 % betragen.
Behandlung
  • Wenn die Tiere vermehrtes Wärmebedürfnis zeigen, sollte die Temperatur um 2 °C erhöht werden. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass dennoch eine ausreichende Versorgung mit Frischluft sichergestellt wird.
  • Faktoren, die für die Tiere mit Stress verbunden sind und somit das Immunsystem weiter schwächen könnten, sind zu vermeiden.
  • Bei Hinweisen auf bakterielle Sekundärinfektionen sollte eine antibiotische Behandlung durchgeführt werden.
  • Die Gabe von Pre- und Probiotika kann dazu beitragen, das geschädigte Darmmikrobiom wieder aufzubauen.