Futterzusatzstoffe
Pre- und Probiotika werden eingesetzt, um den Aufbau einer stabilen Darmflora zu unterstützen. Sie können die Besiedlung des Darms mit Infektionserregern verhindern. Ebenso kann der Einsatz nach einer antibiotischen Behandlung den erneuten Aufbau des Darmmikrobioms fördern.
6.1 Prebiotika
Bei Prebiotika handelt es sich meist um nicht verdauliche Pflanzenbestandteile, die dem Futter zugesetzt werden. Sie dienen dazu, das Wachstum gewünschter Darmbakterien anzuregen. Diese setzen die Prebiotika in organische Säuren um, die wiederum zur Stabilisierung des Darmmilieus beitragen.
In der Putenhaltung werden Prebiotika über den gesamten Produktionszyklus eingesetzt, da sie dazu beitragen können, die Krankheitsanfälligkeit der Tiere zu vermindern und somit die Höhe der Verlustraten zu reduzieren.
Neben den klassischen Prebiotika auf pflanzlicher Basis werden auch häufig Produkte aus Hefen eingesetzt. Hierzu zählen die Mannanoligosaccharide (MOS) und die ß-1.3-1.6-Glukane. Beide Prebiotika verfügen noch über zusätzliche Wirkmechanismen, die sich positiv auf die Zusammensetzung der Darmflora auswirken.
So besitzen MOS die Fähigkeit, potentielle Infektionserreger wie z.B. Salmonellen und E. coli im Darm zu binden. Diese werden dann über den Kot ausgeschieden. Zudem liefern erste Untersuchungen Hinweise dafür, dass es durch den Einsatz von MOS zu einer Reduzierung von Clostridien im Darm kommen kann.
ß-1.3-1.6-Glukane hingegen stimulieren das unspezifische Immunsystem, indem sie Abwehrzellen aktivieren. Krankheitserreger werden dadurch schneller und effektiver bekämpft.
Allerdings gibt es hinsichtlich der Bindungsfähigkeit zwischen einzelnen MOS-Präparaten große Unterschiede. Es empfiehlt sich daher, den Einsatz im Vorfeld mit einem Berater oder dem bestandsbetreuenden Tierarzt abzustimmen.
6.2 Einsatz von Probiotika
Probiotika sind laut Futtermittelrecht mikrobielle Zusatzstoffe zur Stabilisierung der Darmflora. Sie bestehen aus lebenden Mikroorganismen wie Milchsäurebakterien, Bacillussporen und Lebendhefen.
Die Wirkungsweisen von unterschiedlichen Probiotika sind vielfältig. Sie können auf sehr unterschiedliche Weise zur Ausbildung und Aufrechterhaltung eines gesunden Darmmikrobioms beitragen. Je nach Art des eingesetzten Probiotikums kann dieses
- das Risiko für eine Besiedlung des Darmes mit Krankheitserregern, z.B. mit Salmonellen, Campylobacter und Clostridien, reduzieren.
- durch Produktion und Abgabe von Stoffen das Wachstum von Krankheitserregern hemmen.
- durch das Besetzen von Bindungsstellen an der Darmwand die Besiedlung mit Krankheitserregern verhindern.
- Entzündungsreaktionen an der Darmwand vermindern.
- eine pH-Wert-Änderung im Darm herbeiführen und damit das Wachstum von potentiellen Krankheitserregern hemmen.
Neben der Abwehr von Infektionen werden Probiotika weitere positive Effekte zugeschrieben. So kann die Gabe von Probiotika bereits bei jungen Tieren die Entwicklung des Verdauungstraktes fördern. Zusätzlich können manche Probiotika durch die Abgabe von Enzymen die Nährstoffverdaulichkeit steigern. Somit kann die Gabe von Probiotika zu einer besseren Futterverwertung und Gewichtsentwicklung beitragen. Dies kann sich in einer positiven Bilanz der Produktionskosten widerspiegeln.
Besonders nach einer erfolgten Antibiotikatherapie, z.B. in Verbindung mit einer durch Clostridien verursachten Nekrotischen Enteritis, tragen Probiotika dazu bei, erneut ein gesundes Darmmikrobiom aufzubauen.
Bei der Gabe von Probiotika gilt es jedoch zu beachten, dass verschiedene Faktoren Einfluss auf deren Wirkungsweise haben, von denen hier einige exemplarisch genannt werden:
- Art, Spezies, Stamm → spezifische Wirkmechanismen
- Stabilität im Futter und Verdauungstrakt
- Dosierung (KBE pro kg Futter)
- Zeitpunkt und Anwendungsdauer (Applikationsdauer)
Auch die Darreichungsform unterscheidet sich je nach Probiotikum:
So bieten Bacillus-Stämme den Vorteil, dass die Bakterien Sporen als stabile Stadien ausbilden. Sporen sind hitzeresistent und auch unempfindlich gegenüber niedrigen pH-Werten. Dies bietet den Vorteil, dass Präparate aus Bacillussporen häufig auch in Verbindung mit anderen Futtermittelinhaltsstoffen wie z.B. organischen Säuren eingesetzt werden können. Außerdem können Bacillus-Stämme über pelletiertes Futter verabreicht werden, da die Sporen durch die hohen Temperaturen beim Pelletierprozess nicht geschädigt werden.
Milchsäurebakterien oder Lebendhefen sind hingegen deutlich empfindlicher gegenüber Außenreizen wie z.B. Hitze. Sie werden in der Regel über das Tränkwasser verabreicht
6.3 Organische Säuren
Organische Säuren dienen grundsätzlich der Hygienisierung von Futter und Wasser. Durch das Absenken des pH-Wertes wird ein Milieu geschaffen, in dem sich Mikroorganismen schlechter vermehren können.
Die Gabe von organischen Säuren wirkt sich aber auch direkt positiv auf die Darmgesundheit aus. So werden organische Säuren z.B. in Verbindung mit Futterwechseln verabreicht, um der Entstehung einer Dysbakteriose entgegenzuwirken, denn der pH-Wert im Magen-Darm-Trakt kannn durch die Gabe von Säuren abgesenkt werden. Häufig werden zu diesem Zwecke auch gecodete / geschützte Säuren eingesetzt, die erst im Darm ihre Wirkung entfalten.
Allerdings muss der pH-Wert bei der Gabe von organischen Säuren über das Tränkwasser genau eingestellt und regelmäßig kontrolliert werden. Ein zu niedriger pH-Wert kann sowohl zur Verweigerung der Wasseraufnahme als auch zur Reizung der Schleimhäute führen.
Bei Dauergaben ist ein pH-Wert von 5,5 bis 6,5 optimal. Bei Darmerkrankungen kann der pH-Wert nach Absprache mit dem bestandsbetreuenden Tierarzt im Wasser auf 4,0 bis 4,5 abgesenkt werden. Dies wird in der Regel gut von den Tieren toleriert, auch wenn es einer mehrtägigen Gewöhnungsphase bedarf.
Wichtig ist: Bei Putenküken ist das Ansäuern des Tränkewassers frühestens ab dem 3. bis 5. Lebenstag zu empfehlen. Zudem sollte die Konzentration der organischen Säuren nur langsam über mehrere Tage gesteigert werden, da die Tiere sonst die Wasseraufnahme verweigern.
Säure | Effekte | pH-Reduzierung | Wirkung gegen |
Ameisensäure |
| ++ |
|
Essigsäure |
| + |
|
Propionsäure |
| + |
|
Milchsäure |
| ++ |
|
Zitronensäure |
| +++ |
|
Laurinsäure |
| + |
|
6.4 Phytogene Zusatzstoffe
Phytogene Zusatzstoffe können in kritischen Phasen wie z.B. Futterwechseln und Impfungen gegeben werden, um die Aufrechterhaltung der Darmstabilität zu unterstützen.
Unter phytogenen Zusatzstoffen fallen Produkte, die folgende Ausgangmaterialien enthalten können:
- verarbeitete ganze Pflanzen von Kräutern oder Gewürzpflanzen
- verarbeitete Pflanzenteile wie Samen, Früchte, Wurzeln, Rhizome von Kräutern oder Gewürzpflanzen
- Extrakte aus Ganzpflanzen oder Pflanzenteilen
Phytogenen Zusatzstoffen werden unterschiedliche Wirkungsweisen zugeschrieben. So können diese je nach eingesetzter Pflanze eine antimikrobielle Wirkung aufweisen, aber auch bei parasitären (siehe Beispiel Schwarzkopf-Krankheit) oder virale Infektionen unterstützend eingesetzt werden. Ebenso können phytogene Zusatzstoffe dazu beitragen, den Appetit der Tiere anzuregen und sich verdauungsfördernd auswirken. Klassisch eingesetzte phytogene Zusatzstoffe sind neben Präparaten auf Oreganobasis z.B. auch Zimt- und Nelkenpräparate.
Phytogene Zusatzstoffe können jedoch nicht nur erwünschte, sondern auch unerwünschte Nebenwirkungen haben.
Auf dem Markt sind viele Produkte erhältlich, die sich aus unterschiedlichen Inhaltsstoffen zusammensetzen und deutliche Unterschiede in ihrer Wirksamkeit aufweisen. Es ist daher empfehlenswert die Gabe von phytogenen Zusatzstoffen mit dem bestandsbetreuenden Tierarzt / Berater abzustimmen.