Zum Hauptinhalt springen

SchweineWohl im Fokus - Maßnahmen zur Emissionsminderung in der Schweinehaltung

Stand: April 2023

  • Lars Broer, Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt (LUFA) Nord-West
  • Ewald Grimm, Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V.
  • Dr. Sabrina Hempel, Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB Potsdam)
  • Martin Kamp, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
  • Prof. Stephan Schneider, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen

  • Sandra Terletzki, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
  • Dr. Sabine Schütze, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen

Förderhinweis
Dieses Dokument wurde im Rahmen des Verbundprojektes Netzwerk Fokus Tierwohl, Förderkennzeichen 28N-4-013-01 bis 28N-4-013-17, durch die Arbeitsgruppe „Emissionsminderung" des Tierwohl-Kompetenzzentrums Schwein erarbeitet und durch DLG e.V und FiBL Deutschland e.V. methodisch-didaktisch aufbereitet.
Das Verbundprojekt der Landwirtschaftskammern und landwirtschaftlichen Einrichtungen aller Bundesländer hat das Ziel, den Wissenstransfer in die Praxis zu verbessern, um rinder-, schweine- und geflügelhaltende Betriebe hinsichtlich einer tierwohlgerechten, umweltschonenden und nachhaltigen Nutztierhaltung zukunftsfähig zu machen.
Das Projekt wird gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses de Deutschen Bundestages.

Alle Informationen und Hinweise ohne jede Gewähr und Haftung.

Herausgeber

DLG e.V.
Fachzentrum Landwirtschaft
Eschborner Landstraße 122
60489 Frankfurt am Main

FiBL Deutschland e.V.
Bereich Tierwohl
Kasseler Straße 1a
60486 Frankfurt am Main

Stand: 03/2023
© 2023

Vervielfältigung und Übertragung einzelner Textabschnitte, Zeichnungen oder Bilder (auch für den Zweck der Unterrichtsgestaltung) sowie Bereitstellung des Merkblattes im Ganzen oder in Teilen zur Ansicht oder zum Download durch Dritte nur nach vorheriger Genehmigung durch die fachlich zuständige Geschäftsstelle des Tierwohl-Kompetenzzentrums und DLG e.V., Servicebereich Marketing, Tel. +49 69 24788-209, [email protected]

 

Maßnahmen zur Minimierung von Emissionen im Schweinestall

In der Schweinehaltung entstehen neben gasförmigen Emissionen wie Ammoniak, Methan und Lachgas auch Gerüche sowie partikelförmige Emissionen wie Stäube, wobei letztere auch keimbehaftet sein können. Sie können negative Auswirkungen auf das Stallklima haben, die Gesundheit von Mensch und Tier beeinträchtigen, die Umwelt schädigen oder auch belästigend wirken. Ein Beispiel für gesundheitliche Beeinträchtigungen sind auffällige Lungenbefunde bei Mastschweinen sowie Atemwegserkrankungen bei Landwirten.
Verwechslungsgefahr besteht zwischen den Begriffen Emission und Immission. Emissionen sind im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) die von einer Anlage (Stall) ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Strahlen, Bioaerosole und ähnliches. Die Immission hingegen bezeichnen das Einwirken der Schadstoffe auf Menschen, Tiere, Pflanzen und leblose Sachen. Ein großer Anteil, etwa 75 % der durch die Landwirtschaft entstandenen Ammoniakemissionen, entsteht durch die Rinder-, Schweine- und Geflügelhaltung einschließlich der Lagerung und Ausbringung der Wirtschaftsdünger. Grund für die hohen Emissionen aus der Tierhaltung ist, dass beispielsweise aus dem ausgeschiedenen Harnstoff bei Kontakt mit Kot Ammoniak entsteht.1 Zur Vermeidung negativer Auswirkungen auf Tier, Mensch und Umwelt sollen die Emissionen zukünftig weiter reduziert werden. Dafür gibt es diverse rechtliche und damit verbindliche Vorgaben, die sich gezielt auf Ammoniakemissionen beziehen.

 

Tabelle 1: Quellen, Ursachen und Wirkungen von Emissionen aus der Schweinehaltung2
Art der EmissionQuelleUrsacheMögliche Wirkung
GeruchStälle und Ausläufe, Lagereinrichtungen für Fest- und Flüssigmist sowie Futtermittelmikrobieller Abbau von organischer Substanz (z. B. Kot, Harn, Futter), EigengeruchGeruchsbelästigung
AmmoniakStälle und Ausläufe, Lagereinrichtungen für Fest- und Flüssigmistmikrobieller Abbau des Harnstoffs in den ExkrementenSchädigung empfindlicher Pflanzen, Eutrophierung und Versauerung von Ökosystemen durch Stickstoffdeposition, Bildung von Sekundärpartikeln (Feinstaub)
StaubStälle, FuttermanagementTieraktivität, Einstreu sowie Fördern, Mahlen, Mischen und Zuteilen von FuttermittelnGesundheitsgefährdung durch Atemwegserkrankungen und Allergien

Ammoniakemissionen müssen nach der NEC-Richtlinie (2016) auf der Basis von 2005 bis 2030 in Deutschland um 29 % reduziert werden. Deutschland hat diese Richtlinie über die 43. Bundesimmissionsschutzverordnung in das nationale Recht umgesetzt, um die internationalen Verpflichtungen einzuhalten und den Beitrag grenzüberschreitender Emissionen und schädlicher Umweltwirkungen zu reduzieren.
Wer heute eine größere, immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Tierhaltungsanlage bauen möchte, muss den Stand der Technik bzw. die Besten Verfügbaren Techniken (BVT) zur Emissionsminderung einsetzen.1 Die Art der Genehmigung sowie die genehmigungspflichtigen und baulich-betrieblichen Maßnahmen variieren dabei je nach Tierhaltungsanlage:

  • Genehmigung der Tierhaltungsanlage gemäß § 10 BImSchG mit Öffentlichkeitsbeteiligung ab 2.000 Mastplätzen, ab 750 Sauenplätzen oder ab 6.000 Ferkelplätzen (sog. G-Anlagen)
  • Genehmigung der Tierhaltungsanlage gemäß § 19 BImSchG in vereinfachtem Verfahren ohne Öffentlichkeitsbeteiligung ab 1.500 Mastplätzen, 560 Sauenplätzen oder 4.500 Ferkelplätzen (sog. V-Anlagen)

Die technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) auf Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) gilt für beide genannten Anlagenarten. Sie legt Anforderungen zur Emissionsminderung bei Tierhaltungsanlagen fest und benennt Techniken, die zur Emissionsminderung im Stall als Stand der Technik verwendet werden können, die auf EU-Ebene als BVT eingestuft werden. Dieser „Stand der Technik“ ist für kleinere immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige, d. h. nur baurechtlich genehmigungspflichtige Anlagen, nicht verbindlich. Er kann aber im Einzelfall zur Orientierung herangezogen werden, wenn beispielsweise Emissionen zu mindern sind, um den Schutz der Nachbarschaft oder von empfindlichen Ökosystemen zu gewährleisten.

Die Anforderungen zur Emissionsminderung umfassen bei sog. G-Anlagen den Einsatz einer Abluftreinigungseinrichtung (ARE), um die Ammoniak- und Staubemissionen um mindestens 70 % und Geruch soweit zu mindern, dass kein Rohgas- bzw. Schweinegeruch im Reingas mehr wahrnehmbar ist und die Konzentration unter 500 Geruchseinheiten pro m3 liegt.

Bei V-Anlagen sind die Ammoniakemissionen durch geeignete Techniken (Anhang 11 der TA Luft) um mindestens 40 % zu mindern. Neben sogenannten verfahrensintegrierten Maßnahmen kann auch eine Abluftreinigungseinrichtung eingesetzt werden, bei der mindestens 60 % des maximalen Volumenstroms mit einem Wirkungsrad von 70 % gereinigt werden. In allen Fällen und unabhängig von der eingesetzten Technik ist eine stark nährstoffreduzierte Fütterung sicherzustellen.

Es gibt diverse Möglichkeiten für landwirtschaftliche Betriebe, um Emissionen zu senken. Zuschüsse erhalten die Landwirte zum Beispiel durch das Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP) für Abluftreinigungseinrichtungen, die Kot-Harn-Trennung, verkleinerte Güllekanäle, Fütterungssysteme für eine nährstoffreduzierte Phasenfütterung sowie Techniken zur Güllekühlung.3

Beachtet werden muss, dass die Anforderungen des AFP je nach Bundesland variieren können. Außerdem ist eine Förderung für bestehende Ställe nur im Rahmen der Nachrüstungsfristen der TA Luft möglich und für Neubauten nur dann, wenn Maßnahmen nicht im Rahmen der TA Luft vorgeschrieben sind. Weitere Maßnahmen zur Minderung von Emissionen existieren, dürfen jedoch nur angewendet werden, sofern diese über gleichwertige Effekte zur Emissionsminderung verfügen. Für manche Maßnahmen sind bereits diverse praktische Erfahrungen und wissenschaftliche Daten vorhanden, andere hingegen müssen noch weiter untersucht und optimiert werden.

Doch welche Methoden und Verfahren gibt es zur Umsetzung der rechtlichen Vorgaben, die gleichzeitig verhaltensspezifische Anforderungen der Tiere an die Haltungsumwelt berücksichtigen und inwieweit können sie Emissionen mindern?

Im Folgenden sind die einzelnen Maßnahmen im Detail dargestellt. Klicken Sie dazu auf das entsprechende Thema.

Reduktion von Emissionen über die nährstoffreduzierte Fütterung bei Schweinen

Überschüssig über Futtermittel zugeführte Nährstoffe werden vom Schwein wieder ausgeschieden.1 Daher ist eine stickstoff-(N-) und phosphor-(P-)reduzierte (N-/P-reduzierte) Fütterung eine geeignete Methode zur Minderung von Emissionen in der Schweinehaltung.3 Die meisten Stickstoffemissionen entstehen durch einen zu hohen Anteil an Rohprotein (XP) in der Ration.4

Da Schweine keinen Bedarf an Rohprotein, sondern an essentiellen Aminosäuren haben, steht die Versorgung mit essentiellen Aminosäuren im Mittelpunkt moderner Fütterungskonzepte. Dabei ist relevant zu wissen, dass Aminosäuren die kleinsten Untereinheiten der Proteine sind. Essentielle Aminosäuren sind lebensnotwendig, können aber nicht selbstständig vom Tier hergestellt werden und müssen daher über die Nahrung zugeführt werden.5 Demnach ist eine Reduktion von Rohprotein in der Gesamtration bis zu dem Punkt möglich, an dem die erste essentielle Aminosäure bei geringeren Gaben in einen Mangel geraten würde. Durch die Zugabe dieser essentiellen Aminosäuren über die Futtermittel ist auch bei geringem Rohproteingehalt eine ausreichende Versorgung mit Aminosäuren gewährleistet.6 Die nährstoffreduzierten Fütterungsverfahren (DLG: sehr stark N-/P-reduziert) mit dem verstärkten Einsatz freier Aminosäuren können die N-Ausscheidungen und Ammoniakemissionen um mehr als 20 % reduzieren.7

Der größte emissionsmindernde Fütterungseffekt wird erzielt, wenn freie Aminosäuren und hochwertige bzw. behandelte Proteine eingesetzt werden. Je nach eingesetzten Zusätzen können die Futtermittelkosten variieren. Eine Unterversorgung der Tiere ist zu vermeiden, da dies gesundheitliche Beeinträchtigungen mit sich bringen kann. Ein Überangebot durch Sicherheitszuschläge sollte vermieden werden, da sonst erneut ein Überangebot an Proteinen entstehen kann, welches der Emissionsminderung entgegenwirken würde. Um die Tiere bedarfsgerecht, aber ohne Überschüsse zu ernähren, sollte der Tierhaltende oder Tierbetreuende die Leistung der Tiere sowie die genaue Zusammensetzung seines Futtermittels kennen.1

Unterschieden wird die Fütterung bei Zuchtsauen, Mastschweinen und in der Ferkelaufzucht hinsichtlich der N-/P-Reduktion in vier Gruppen. Diese sind:

1) Universalmast bzw. Standardfütterung ohne Maßnahmen zur Minderung,

2) N-/P-reduzierte,

3) stark N-/P-reduzierte,

4) sehr stark N-/P-reduzierte Fütterung.
 

Tabelle 2 stellt DLG-Empfehlungen zur nährstoffreduzierten Fütterung in der Schweinemast für Gruppe 3 und 4 dar.

Tabelle 2: DLG-Vorgaben zur nährstoffreduzierten Fütterung in der Schweinemast für die Gruppen 3 und 47
 Lebendmasse (kg)Rohprotein (g/kg)Phosphor (g/kg)
Stark N-/P-reduziert
Vormastfutterab 281754,7
Anfangsmastfutterab 401654,5
Mittel-/Endmastfutterab 651554,2
Endmastfutterab 901404,2
Sehr stark N-/P-reduziert
Vormastfutterab 281654,4
Anfangsmastfutterab 401554,2
Mittel-/Endmastfutterab 651404,0
Endmastfutterab 901354,0

Je geringer die N- und P-Gehalte sind, desto relevanter ist es, Mängel, Fehlversorgungen sowie Leistungseinbußen bei den Tieren durch ein angepasstes Fütterungsmanagement zu vermeiden, da durch die Reduktion von N und P in den Rationen auch ein reduziertes Proteinangebot entsteht. Die sehr stark nährstoffreduzierte Fütterung sowie der Einsatz freier Aminosäuren können die N-Ausscheidungen um bis zu 20 % reduzieren. Regelmäßige Leistungskontrollen und die Beachtung aktueller Versorgungsempfehlungen sind zu berücksichtigen. Sowohl bei selbst erzeugten als auch bei zugekauften Futtermitteln sollten Futtermitteluntersuchungen stattfinden.7
Bereits durch 1 % weniger Protein in der Ration können 10 - 11 % der NH3-Emissionen beim Schwein reduziert werden.8 Ob die Reduzierung von Nährstoffen auch ökonomisch Vorteile bietet, muss einzelbetrieblich geprüft werden, da die Kosten für freie Aminosäuren sowie Proteinträger stark variieren.1

In zahlreichen Versuchen zeigte sich keine Verschlechterung der biologischen Leistungen und Schlachtleistungen bei stark und sehr stark N-/P-reduzierten Fütterungsverfahren.9,10,11 In einem Versuch des Versuchs- und Bildungszentrums Schwarzenau mit Zuchtsauen waren trotz deutlicher Absenkung der Nährstoffgehalte unter das Niveau der sehr stark N-/P-reduzierten Fütterung im Trage- und Säugebereich keine negativen Auswirkungen auf die biologischen Leistungen und die Tiergesundheit ersichtlich.12 Eine Reduktion des Rohproteingehaltes von bis zu 4 % ist in der Mast möglich, ohne dass die Qualität des Schlachtkörpers vermindert wird.13 Bei der Absenkung der Nährstoffgehalte unter das Niveau der sehr stark N-/P-reduzierten Fütterungsverfahren kommt es laut DLG teilweise in der Mast zu einem signifikanten Anstieg des Futteraufwandes (kg Futter pro kg Zuwachs).14
Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen fand in einem Versuch heraus, dass der Futterverbrauch bei Tieren sinkt, die eine N-/P-reduzierte Ration erhalten. Eine Folge daraus ist ein reduzierter Anfall von Gülle.15

In Versuchen der LUFA Nord-West zur Emissionsmessung im „transparenten Stall“ in Quakenbrück wurden drei Fütterungsversuche durchgeführt, bei denen die Rohproteingehalte unterhalb der Vorgaben der DLG für sehr stark N-/P-reduziert lagen (16,5 % XP bis 60 kg LM, 14,0 % XP bis 80 kg LM, 12,0 % XP ab 80 kg LM). Die Kontrollgruppe erhielt ein Universalfutter mit 16,5 % XP. Die Ammoniakfrachten konnten um Ø 0,65 kg pro Mastplatz und Jahr (22 % im Vergleich zur Kontrollgruppe) reduziert werden. In diesen Versuchen war der Futteraufwand in der Versuchsgruppe signifikant höher als in der Kontrollgruppe.10
 

Die Reduktion von N und P in der Ration kann über die Phasenfütterung umgesetzt werden. Dabei erhalten die Tiere in der Ferkelerzeugung und Mast an ihre Lebendmasse und das Leistungsniveau angepasste Rationen.1 Diese Maßnahme dient der Einsparung von Rohprotein in der Futterration. Mit mehr Fütterungsphasen können Emissionen vermindert werden, jedoch muss mit der Phasenfütterung auch eine entsprechende Rohproteinreduzierung in den einzelnen Futterphasen einhergehen. In der Mastschweinehaltung ist ab 1.500 Mastschweineplätzen mindestens eine dreiphasige Fütterung nach der TA Luft vorgeschrieben. Je höher die Futteraufnahme ist, desto mehr Proteinfuttermittel können eingespart werden, weshalb sich die Phasenfütterung insbesondere in der Endmast empfiehlt.1

Beachtet werden muss bei der Reduktion des Nährstoffgehaltes, dass eine erhöhte Futteraufnahme durch reduzierte Inhaltsstoffe keinen Effekt erzielt. Detaillierte Informationen sind dem DLG-Merkblatt 418 zu entnehmen. Ergänzend dazu existiert ein Excel-Tool, welches eine Kalkulationshilfe zur Berechnung einzelbetrieblicher Fütterungsverfahren hinsichtlich der einzuhaltenden maximalen Rohprotein- und Phosphorgehalte bei der N-/P-reduzierten Fütterung bietet.

Excel-Tool für die N-/P-reduzierte Fütterung

Die N-/P-reduzierte Fütterung ist für Ökobetriebe nicht realisierbar, da freie Aminosäuren und Phytasen dort derzeit nicht eingesetzt werden dürfen.16

Die Reduktion von Emissionen durch die nährstoffreduzierte Fütterung ist begrenzt, kann jedoch durch andere technische Verfahren zur Emissionsminderung ergänzt werden. Neben den Inhaltsstoffen der Futtermittel sollte auch auf die Fütterungstechnik geachtet werden. Beispielsweise fördern in die Gülle fallende Futterreste Emissionen.

Das Verfahren der nährstoffreduzierten Fütterung entspricht bei Zuchtsauen und Mastschweinen der BVT sowie dem Stand der Technik nach der TA Luft und kann eine Reduktion von bis zu 40 % erzielen.17 Für die Multiphasenfütterung sind teilweise Förderungen über das Agrarinvestitionsförderungsprogramm möglich. Mehr Informationen dazu sowie zu weiteren förderfähigen Maßnahmen sind der KTBL-Broschüre „Förderfähige Techniken zur Emissionsminderung in Stallbauten“ zu entnehmen.

Verfahrensintegrierte Maßnahmen

Für die Emissionsminderung von Haltungen mit Flüssigmistverfahren gibt es verschiedene verfahrensintegrierte Möglichkeiten. Diese dienen dazu, die durch den Flüssigmist entstehenden Emissionen zu reduzieren, da bei der Vermischung von Kot und Harn tier- und umweltschädliches Ammoniak entsteht. Weiterhin entweicht bei hohen Temperaturen mehr Ammoniak als bei niedrigen Temperaturen, weshalb das Stallklima ebenfalls berücksichtigt werden muss.1 Eine gut strukturierte Bucht dient bereits grundlegend dazu, dass die Tiere einen Kotbereich anlegen und die Bucht sauber halten, wodurch emittierende Flächen vermindert werden. Weiterhin gibt es Verfahren wie die Trennung von Kot und Harn, die Verminderung der Gülleoberfläche sowie die Güllekühlung oder -ansäuerung, auf die in den folgenden Abschnitten im Detail eingegangen wird. Alle verfahrensintegrierten Maßnahmen, die auch die Schadgaskonzentration im Stall mindern, wirken sich positiv auf das Stallklima, das Tierwohl und den Arbeitsschutz aus.

Mehrere Verfahren sind förderfähig:

Weitere Informationen zu den förderfähigen Verfahren 

Güllekühlung und Güllekanalverkleinerung für Mastschweineställe

Video aus dem Verbundvorhaben Emissionsminderung Nutztierhaltung (EmiMin)

Kot-Harn-Trennung

Kommt das Enzym Urease aus dem Kot mit dem Harnstoff aus dem Harn in Kontakt, entsteht bereits nach 0,5 - 1 Stunde Ammoniak.1 Das Ziel der Kot-Harn-Trennung,einer baulich-technischen Maßnahme zur Emissionsminderung, ist somit die unmittelbare Trennung von Kot und Harn sowie die getrennte Lagerung dieser Exkremente.1 Die Kot-Harn-Trennung ist für voll- und teilperforierte Spaltenböden für den Innen- und Außenbereich geeignet.17
Es gibt drei Verfahren, die unterschiedlich weit erprobt und im Einsatz sind: Unterflurschieber unter den Spalten und Ober- oder Unterflur-Kotbänder mit Kot-Harn-Trennung.

Beim Unterflurschieber (Abbildung 4-6) befindet sich unter den Spalten ein V-förmiger Güllekanal mit einer Kanalsohle mit einem Gefälle von 5 - 10 %1 und einer mittig liegenden Harnrinne. Ein über die Seilzugtechnik angetriebener V-förmiger Unterflurschieber dient dazu, den durch die Spalten getretenen Kot in einen (idealerweise) getrennten Schacht wegzuschieben. Je nach Tiergröße muss täglich mehrmals (bis zu 12 x) geschoben werden. Aufgrund des Gefälles fließt der Urin über die Harnrinne ab, um im Idealfall getrennt vom Kot gelagert und auch verwertet werden zu können. Das Längsgefälle sollte 1 % betragen, damit der Harn bereits von allein abfließen kann. Für die Harnrinne empfiehlt sich eine Schlitzbreite von 0,5 cm und ein Durchmesser von ca. 15 cm.17 Der Schieber sollte auch die Harnrinne entleeren.1 Ergänzt werden können dreidimensionale Strukturspaltenböden, die eine weitergehende Emissionsminderung bewirken könnten.18

Unterflur-Kotbänder haben ebenfalls einen V-förmigen Güllekanalboden mit einem Kotband. Über den Spaltenboden gelangen Kot und Urin auf das unter den Spalten angebrachte Kotband. Auch bei dem Kotband empfiehlt sich ein Gefälle von ca. 4 Grad in Richtung Kanalmitte, damit der Harn getrennt abfließen kann. Das Kotband läuft mehrmals täglich.

Oberflur-Kotbänder (Abbildung 7 & 8) leiten den Kot über das Band in einen unter dem Boden liegenden Kanal, auf dem sich ein Schieber befindet. Unmittelbar unter dem perforierten Kotband befindet sich eine Harnwanne, die den Harn sammelt. Das Spülen der Wanne ist zweimal täglich mit Wasser erforderlich, um feste Partikel wie Heu oder Stroh zu entfernen. Das Band sollte mehrmals täglich laufen. Forschungsergebnisse zur Ammoniakreduktion sind zum Oberflur-Kotband noch nicht vorhanden.

Über die Kot-Harn-Trennung sind Reduktionen des Ammoniaks um 40 bis 50 % möglich.17 Ein weiterer Vorteil ist die Minderung von Gerüchen und Schwefelwasserstoff.1 Die Kot-Harn-Trennung zählt zu den besten verfügbaren Techniken gemäß BVT-Schlussfolgerungen, ist aber noch nicht im Anhang 11 der TA Luft enthalten. Das Projekt „EmiMin“ forscht derzeit an dieser Maßnahme, noch sind jedoch keine abschließenden Ergebnisse zu Minderungspotenzialen vorhanden.

Unterflurschieber mit Kot-Harn-Trennung für Mastschweineställe

Video aus dem Verbundvorhaben Emissionsminderung Nutztierhaltung (EmiMin)

Verkleinerung des Güllekanals

Durch den Einbau geneigter Seitenwände oder von Güllewannen können das Volumen des Güllekanals und somit die im Stall gelagerte Güllemenge, die Oberfläche der Gülle und folgend die emittierende Fläche reduziert werden. Dadurch können Ammoniakemissionen aus dem Stall reduziert werden. Es gibt zwei Varianten: einmal Güllewannen, die nachträglich in Ställen eingebaut werden können und die geneigten Seitenwände, die baulich am Güllekanal angepasst werden müssen. Die Nachrüstung der Güllekanalverkleinerung ist daher im Allgemeinen aufwendig, wobei Güllewannen (Abbildung 9 & 10) mit geringerem Aufwand passgenau für den jeweiligen Betrieb vom Hersteller produziert werden. Der Unterboden der Wannen ist schräg, sodass sich die Exkremente an der niedrigsten Stelle der Wanne sammeln. Die geneigten Seitenwände des Güllekanals sowie die der Wannen sollten glatt sein, damit Kot und Harn unmittelbar abfließen und nicht an den Wänden haften. Dies würde die emittierende Oberfläche wieder vergrößern.17Das Sauberhalten und eventuelle Spülen der Seitenwände kann daher notwendig sein und bedingt in dem Fall einen Mehraufwand.

Es empfiehlt sich eine planbefestigte Fläche im Stall von mindestens 30 %, um die Gülleoberfläche im Stall zu verringern sowie ein Neigungswinkel der Kanäle zwischen 45 - 60 Grad. Verkleinerte Güllekanäle sollten mindestens zweimal wöchentlich entleert werden und zusätzlich mit einem Überlauf ausgestattet sein. Die Entleerung findet über ein Kunststoffrohr am Kanalboden statt.17 Vor der Neubelegung sollten die Kanalböden mit ca. 10 cm Wasser befüllt werden, um das Anhaften und Antrocknen von geringen Kotmengen zu vermeiden.17 Die mit Gülle gefüllten Wannen sollten bei einer Füllhöhe von ca. 12 cm abgelassen werden. Aufgrund der verminderten Lagerkapazitäten ist in der Regel immer eine Außenlagerung der Gülle notwendig.

Die Güllekanalverkleinerung kann bei voll- und teilperforierten Böden realisiert werden, jedoch ist die Emissionswirkung bei teilperforierten Böden höher. Grundvoraussetzung zur Erzielung der erwünschten Emissionsminderung ist die Sauberkeit von Tier und Bucht. Die Schweine müssen den Kotbereich annehmen, damit die umliegenden Oberflächen sowie die Tiere selbst sauber bleiben. Dies ist im gesamten Jahresverlauf erforderlich. Häufig wird vergessen, dass verschmutzte Flächen und Tiere für einen hohen Anteil der im Stall entstandenen Emissionen mitverantwortlich sind. Zur Buchtenstrukturierung, damit die verschiedenen Funktionsbereiche eingehalten werden, kann man sich verschiedener Empfehlungen bedienen: beispielsweise Kontaktgitter zwischen den Buchten und eine Befeuchtung des Kotbereichs, eine durchdachte Positionierung der Tränken und Fütterung, eine Temperierung der Liegeflächen sowie die Gestaltung bzw. Einstellung der Lüftung. Mehr Informationen zur Buchtenstrukturierung können einem Artikel der AG „Buchtenstruktur“ entnommen werden.
Teil- und Vollspaltenböden in Kombination mit geneigten Seitenwänden im Kanal können NH3-Emissionen nach der TA Luft um bis zu 50 % reduzieren. Auch diese Maßnahme ist als BVT eingestuft und entspricht dem aktuellen Stand der Technik nach der TA Luft (2021).

Ammoniak-Emissionsminderung – Güllekühlung und Güllekanalverkleinerung für Mastschweineställe

Video aus dem Verbundvorhaben Emissionsminderung Nutztierhaltung (EmiMin)

Ansäuerung der Gülle

Die Ansäuerung der Gülle im Stall ist in Dänemark bereits ein etabliertes Verfahren, durch das die Ammoniakausgasung sowie Methan- und Kohlenstoffdioxid-Emissionen in der Tierhaltung reduziert werden können. Durch eine Verschiebung des Ammonium-Ammoniak-Gleichgewichts in der Gülle wird der Anteil des Ammoniaks reduziert, welches ansonsten gasförmig in die Umwelt gelangen würde. Unterschieden wird in drei verschiedene Verfahren: die Ansäuerung der Gülle im Stall, im Lager oder während der Ausbringung. Die Emissionsminderung durch die Ansäuerung der Gülle kann im Stall bis zu 40 % betragen.19 Zur Ansäuerung wird ein Teil der Gülle aus dem Güllekanal in einen externen Prozessbehälter gepumpt. Dort erfolgt eine automatische pH-Wert-Messung. Im Anschluss wird in Abhängigkeit des pH-Wertes Säure in die Gülle eindosiert. Nach dem Ansäuerungsprozess kann die frisch angesäuerte Gülle entweder zurück in den Güllekeller gepumpt oder außerhalb des Stalles gelagert werden. Der pH-Wert wird durch die automatische Hinzugabe von Schwefelsäure von 6,0 auf 5,5 reduziert. Da sich der pH-Wert der Gülle ohne die kontinuierliche Zugabe von Säuren wieder erhöht, ist die tägliche bis mehrmals wöchentliche Zugabe von Säuren notwendig.20 Der Verbrauch dieser Säuren liegt bei Schweinegülle zur Erhaltung des geringen pH-Wertes bei ca. 15 - 17 kg je m³ Flüssigmist.19,20 Bei der notwendigen Säuremenge ist auf die Einheit zu achten. 9 Liter 96 %ige Schwefelsäure entsprechen umgerechnet einer Menge von ca. 17 kg, die zur stallinternen Flüssigmistansäuerung je Kubikmeter Gülle erforderlich sind.19 Beachtet werden muss, dass durch die Ansäuerung Schaum entsteht, weshalb es erforderlich ist, die Gülle gleichzeitig zu belüften.20 Durch die Ansäuerung können die Ammoniakemissionen um bis zu 40 % und die Methanemissionen um bis zu 67 % im Gegensatz zu nicht angesäuerter Gülle reduziert werden.19Dieses Verfahren ist insbesondere für Neubauten geeignet, da ein hoher baulicher Aufwand erforderlich ist, aber auch bei Bestandsbauten ist die Nachrüstung der Flüssigmistansäuerung möglich.19 Ein positiver Effekt durch die Ansäuerung der Gülle ist mehr bodenverfügbarer Stickstoff.
Die Gülleansäuerung ist in Dänemark etabliert, wurde aber aufgrund der schwierigen Rechtssituation in Deutschland erst auf einem Milchviehbetrieb eingesetzt. Für den praxistauglichen Einsatz dieses Verfahrens ist die Änderung der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) erforderlich, sodass in JGS-Anlagen der angesäuerte Flüssigmist gelagert werden darf. Auf die Änderung wird derzeit gewartet.

Das Umweltbundesamt hat ein detailliertes Gutachten zur Flüssigmistansäuerung verfasst. Weiterhin sind Forschungsergebnisse des Projektes „SAFT“ vorhanden, welches sich mit der „Entwicklung einer Nachrüstlösung zur Säure-Applikation in Flüssigmistkanälen von Tierställen“ beschäftigte. Abbildungen 11 - 13 zeigen die Technik sowie das Messen des pH-Wertes mittels einer pH-Sonde.
Die Ansäuerung ist als beste verfügbare Technik eingestuft. 

Weitere Informationen zum Projekt SAFT

Ureaseinhibitor für Mastschweineställe

Video aus dem Verbundvorhaben Emissionsminderung Nutztierhaltung (EmiMin)

Literatur