Schweinehalter Christoph Becker nimmt 200 Teilnehmer online mit in seinen Stall
Veranstaltung der Landwirtschaftskammer NRW zum Thema Stallklimamanagement und Buchtenstrukturierung im Rahmen des Netzwerks Fokus Tierwohl stößt auf großes Interesse
Wilfried Brede vom Seviceteam Alsfeld berichtet in der Veranstaltung vom Netzwerk Fokus Tierwohl über die Ziele bei der Stallklimatisierung. Er referiert darüber, wie ein Zwangsbelüftungssystem optimal aufgebaut werden sollte und welche Möglichkeiten es gibt, große Temperaturdifferenzen im Stall zu vermeiden. Zusätzlich spricht er über einen Kühlturm an einem Maststall, der die Stallluft um bis zu 12 °C an warmen Sommertagen reduziert. Wichtig sei, dass sowohl die Tierleistung, die Tiergesundheit und das Tierwohl als auch ein „gesunder“ Arbeitsplatz im Vordergrund stehe, so Brede. Moderatorin Viola Erfkämper schaltet nach dem Vortrag von Herrn Brede live in den Stall von Christoph Becker.
Christoph Becker aus Wietzendorf bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Ackerbau, Forst, Biogasanlage und 1.000 Schweinemastplätzen. Durch einen Strohauslauf haben bei ihm die Tiere 0,5 m2 mehr Fläche zur Verfügung. 2003 baute er einen Außenklimastall. Seitdem arbeitet er intensiv an dem Thema Buchtenstruktur. Seine Tiere vermarktet Becker über ein Schlachtunternehmen, welches die Schweine maskenfrei bezahlt.
„Ich entwickelte eigene Stallsysteme, die ich nachher live zeigen möchte“.
Christoph Becker startet seinen Vortrag mit dem Statement: „Man kann viele Veränderungen im Stall vornehmen, wenn eine funktionierende Buchtenstruktur vorliegt“. Seiner Meinung nach könne man dem Tier sehr viele Entscheidungen überlassen und bräuchte von außen nichts zu steuern. „Wenn das Tier die Möglichkeit hat, die eigenen Bereiche aufzusuchen, dann macht es das auch. Für mich ist die Zugluft kein Problem. Sie ist ein klares Strukturelement. Das kann es aber auch nur sein, wenn man einen Bereich erschafft, in den die Tiere problemlos ausweichen können“.
„Die Tiere sind zwar unheimlich empfindlich was Zugluft anbelangt, aber das gibt mir die Chance es als Strukturierungselement zu nutzen“. Er weist auch darauf hin, dass eine Bucht mindestens 20 – 25 m2 groß sein muss, um eine vernünftige Buchtenstrukturierung zu schaffen. Anhand von Skizzen eines üblichen Standardstalls erklärte er die Frischluftversorgung der Abteile. Dabei erläutert er, dass es für eine Buchtenstrukturierung eine klare Luftführung geben muss. „Frischluft kommt normal über den Futtergang und fällt über die Buchtentrennwände in das Abteil“. Becker baute anfänglich Stichwände parallel zum Futtergang in seine Abteile, um den Schweinen die Möglichkeit zu geben, vor der Zugluft auszuweichen. So gestaltete sich ein Fress-, Aktivitäts- und ein Liegebereich. Zusätzlich baute er Strohautomaten und Sichtgitter ein, um einen definierten Kotbereich zu schaffen. „Meine Umbaumaßnahmen waren bis hierher spürbar besser, aber es war noch nicht optimal. Also musste wieder was geändert werden“. Becker entschloss sich, die Sichtgitter zu entnehmen, um somit eine große Bucht mit 45 Tieren zu schaffen. Stroh- und Futterautomat wurden im hinteren Liegebereich installiert.
Becker erklärt anhand des Bildes: “Hier kann man schön sehen, dass die beiden Gänge für die Tiere frei sind, es ist wie eine Art Laufgang. Die Tiere liegen in den Fress-Liegebuchten, egal ob im Sommer oder Winter. Die Schweine können selber eine Strukturierung vornehmen, nur deswegen funktioniert dieses System.“ Becker heizt seit fünf Jahren seinen Maststall nicht mehr. Aus Erfahrungen des Außenklimastalles fährt er teilweise seine inneren Ställe mit Temperaturen von 8 °C. Der Schweinehalter habe keine Probleme mit Husten oder ähnlichen Krankheiten, sodass kein Antibiotikum eingesetzt werden muss.
Beckers Zwischenfazit lautet: „Zugluft ist nicht generell schlecht, sondern nur wenn die Schweine ihr nicht ausweichen können. Zugluft bzw. Luftführung ist DAS Gestaltungselement im Stall“.
Becker geht weiter auf das zweite Gestaltungselement, dem Futterangebot, ein. Die Tiere mögen es, wenn der Futterautomat nahe am Liegebereich angebracht ist. Viele Berufskollegen seien der Meinung, dass an dem Liegeplatz keine Unruhe sein sollte. Becker sieht das anders. Der Schweinehalter ergänzt, dass das Schwein ein tageszyklisches Tier ist. Es wird zusammen geschlafen und zusammen gefressen. Zudem sieht er einen zusätzlichen Nutzen darin, dass eine relativ saubere Zone um den Futterbereich entsteht. „Es ist eine gute Kombination, den Futter- mit dem Liegebereich zu verknüpfen. Liege-, Fress-, und Aktivitätsbereich kann man meiner Meinung nach komplett zusammenlegen, das regelt das Schwein schon von alleine.“ Wichtig dabei sei es, den Kotbereich zu trennen.
Als letztes Element in der Buchtenstrukturierung erklärt Becker das Licht. Sofern zulässig und möglich solle der Fress- und Liegebereich abgedunkelt und der Kotbereich komplett aufgehellt werden. Im Kotbereich leuchtet in Beckers Stall 24 Stunden eine LED-Lampe, wohingegen die Lichtröhre für den Liege- und Fressbereich mittels Brett verdeckt ist. Dies geht aber nur, sofern rechtliche und bauliche Auflagen erfüllt werden. Becker schildert kurz Fehlbauten die sich weniger gut in seinem Stallsystem etabliert haben. Hierzu zählte der Strohautomat in einer Buchtentrennwand. „Die Tiere haben diesen regelrecht zugekotet“. Zusätzlich ließ er Spalten mit Wellenform anfertigen, um zu vermeiden, dass die Tiere sich dort ablegen. „Die Bodenstruktur so zu verändern, dass die Tiere es nicht mögen hat nicht funktioniert“. Während Becker in der Online-Veranstaltung den Ort vom Büro in den Stall wechselt, beantwortet er Fragen der Teilnehmer.
Im Stall angelangt zeigt Becker zuerst den Kotbereich und geht darauffolgend auf die Vorhänge zwischen Außen- und Innenbereich ein. Hierzu benutzt er nebeneinander angeordnete Förderbänder, durch die die Schweine gut hindurchlaufen können. „Wir haben uns bewusst gegen Türen entschieden. Erstens aus Kostengründen und zweitens wegen den Geräuschen, die beim Öffnen und Schließen entstehen. Natürlich entsteht hier ein bisschen Falschluft, zusätzlich besteht noch die Möglichkeit, von innen einen zusätzlichen Vorhang zu montieren“. Becker zeigt den Außenbereich der Schweine. Mindestens 50 % der Tiere lägen dort, wenn frisch eingestreut sei. Je nach Größe der Tiere mistet Becker seine Ställe wöchentlich einmal aus.
Beckers Grundgedanke ist, dass man den Schweinen viele Entscheidungen selber überlassen kann. Das Schwein wisse selber, wann es ihm zu warm oder zu kalt sei. Also war Beckers Ansatz, dass das Tier selbst entscheiden kann, wann es sich abkühlen will. Das Tier kann durch das Betätigen des Schweinebuzzers die Dusche anschalten. „Zusätzlich habe ich einen Buzzer für das Trinken angebracht, der in einem Jahr 80.000 Mal betätigt wurde. Die Dusche hingegen nur 4.000 Mal“. Becker zeigt live auch das riesige Loch in der Wand. Entscheidend ist hierbei für die Tiere eine zugluftfreie Zone zu schaffen. Dabei geht er nochmal auf die Anordnung der Buchtenwände ein. Des Weiteren zeigt der Schweinehalter direkt aus seinem Stall ein System zur Fußbodenheizung und Kühlung. Nach der Anfangsphase in der Mast gehe es häufig nur noch um das Kühlen bei Schweinen. Diese fangen an, sich ab 15 °C zu suhlen. Ein Indiz dafür, dass es den Tieren schon ab dieser Temperatur zu warm sei. Christoph Becker beendet vorerst den Stallrundgang und beantwortet Fragen aus dem Chat.
Autorin: Viola Erfkämper, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen