Schweinehaltung neu gedacht
Einblicke in eine Schweizer Schweinehaltung
Ein Gruppensäugesystem mit Laktationsrausche und eine TMR (Totale Mischration)-Fütterung – diese Begriffe bringt man eigentlich nicht direkt mit der Schweinehaltung in Verbindung. Doch ein Familienbetrieb aus dem Luzerner Seetal (Schweiz) hat genau das umgesetzt.
Familie Ruckli hat 2003 ihren Milchviehbetrieb zu einem Schweinebetrieb umgebaut und wirtschaftet heute nach den IP-SUISSE Richtlinien (integrierte Landwirtschaft). Insgesamt umfasst der Betrieb 120 Muttersauen und 300 Mastplätze.
Ein etwas anderer Haltungs-Rhythmus
Bereits der Rhythmus, mit dem der Betrieb Ruckli wirtschaftet unterscheidet sich zu den typischen Produktionsrhythmen. Antonia Ruckli berichtet, dass bei ihnen auf dem Betrieb alle tragenden Sauen in einer Großgruppe gehalten werden. Im Durchschnitt kommen hier immer 80 Sauen zusammen. Zum Abferkeln kommen die Sauen etwa eine Woche vor dem Abferkeltermin in die Abferkelbucht (7 m2), wo die Sauen frei abferkeln. Wenn die Ferkel etwa 3 Wochen alt sind, werden jeweils 3 bis 4 Sauen mit ihren Ferkeln in den Gruppensäugestall umgestallt. Dort haben Sauen und Ferkel eine Woche Zeit, sich an die neue Umgebung und die Buchtengenossen zu gewöhnen, bevor für eine Woche das Intermittent Suckling (Unterbrochenes Säugen) durchgeführt wird. Nach dieser Woche werden die Sauen und Ferkel weitere 3 Wochen gemeinsam im Gruppensäugestall gehalten. Nach einer 7 bis 8-wöchigen Säugezeit werden die Ferkel dann von der Sau abgesetzt.
Intermittent Suckling
Beim Intermittent Suckling werden die Sauen für eine Woche täglich für 10 – 12 Stunden von den Ferkeln getrennt. Durch diese Trennung kommen die Sauen in eine Laktationsrausche. So können die Sauen besamt werden, obwohl sie ihre Ferkel noch säugen. Auf dem Betrieb Ruckli erfolgt das Intermittent Suckling in der fünften Lebenswoche der Ferkel. In dieser Woche werden die Sauen jeden Morgen um sechs Uhr in einen anderen Stall gebracht, wobei sich die Sauen sehr einfach von den Ferkeln trennen lassen.
Damit die Sauen auch wirklich in die Laktationsrausche kommen, sind zwei Dinge besonders zu beachten, erzählt Antonia Ruckli: Zum einen, dass die Zeit der Trennung von 10 – 12 Stunden eingehalten wird. In diesem Zeitraum sollte auch kein Sichtkontakt zwischen Sau und Ferkeln bestehen. Zum anderen sollten die Sauen in der Zeit der Trennung von ihren Ferkeln Kontakt zu Ebern haben. Denn die Eber setzen Pheromone frei, welche unterstützen, die Sau in die Rausche zubringen. Besamt werden die Sauen durch Natursprung oder mittels künstlicher Besamung.
Die Vorteile von diesem Verfahren liegen für Ruckli auf der Hand. Durch das Intermittent Suckling kann länger gesäugt werden, bei gleichbleibender Reproduktionsleistung. Durch die längere Säugezeit haben die Ferkel zudem mehr Zeit, das Fressverhalten von der Mutter zu lernen. Somit gibt es keine Wachstumseinbußen nach dem Absetzen.
Gruppensäugen
In einer Gruppensäugebucht der Familie Ruckli werden jeweils 3 bis 4 Sauen mit ihren Würfen zusammen aufgestallt. Sind zu viele Sauen in einer Bucht, bekommen die kleineren Ferkel kaum noch Milch, da sie von den größeren Ferkeln verdrängt werden, berichtet Antonia Ruckli. Bei der Strukturierung der Bucht hat die Familie viel ausprobiert. Wichtig war bei der Planung, dass das Ausmisten und Einstreuen mit dem Hoflader erfolgen kann.
Vorteile vom Gruppensäugen sind: Weniger Aufwand beim Absetzen, da die Ferkel 7 – 8 Wochen alt sind und bereits einiges an Futter fressen. Zudem sind sie während des Intermittent Suckling bereits einige Stunden alleine und durch die Gruppenhaltung bereits mit Ferkeln von anderen Würfen gruppiert. Dies reduziert den Stress nach dem Absetzen. Bei Ruckli werden pro Sau und Jahr 24 Ferkel abgesetzt, was dem Durchschnitt der Schweizer Betriebe entspricht. Die Verluste nach dem Absetzen liegen bei etwa 1 %.
Das System hat jedoch auch Nachteile. Die Sauen müssen häufiger umgestallt werden, sodass ein zusätzlicher Stall für das Gruppensäugen notwendig ist.
Allen Interessierten rät Antonia Ruckli, bei der Gruppierung zum Gruppensäugen auf gleichgroße Ferkel zu achten. Die Großgruppe der trächtigen Sauen ist sicher ein Vorteil auf dem Betrieb, da sich alle Sauen kennen und es kaum zu Rangkämpfen zwischen den Sauen kommt. Außerdem sollten bei großen Würfen, die größten Ferkel schon vor den anderen Ferkeln abgesetzt werden, um ein Verdrängen der kleineren Ferkel zu vermeiden.
Sauenfütterung mit TMR
Das Ziel von Ruckli war die ad libitum-Fütterung der Sauen, wobei ein beträchtlicher Anteil der Ration aus Raufutter bestehen sollte. Ein Blick zum Nachbarn brachte die Idee: Warum füttert man Schweinen nicht, wie bei Kühen, eine TMR? Aus der Sicht der Familie Ruckli sprechen besonders zwei Gründe für die TMR: Zum einen das natürliche Fressverhalten von Schweinen. Denn Schweine verbringen in der Natur insgesamt 3/4 ihrer Tagesaktivität mit der Futtersuche, Grasen und Wühlen. Durch die vorgelegte TMR finden die Sauen somit den ganzen Tag Futter. Zum anderen kann durch eine TMR eine hofeigene Proteinquelle eingesetzt werden, nämlich eine Klee-Gras-Mischung (Optimale Zusammensetzung 30 – 50 % Gras, 50 – 70 % Kleeanteil). Somit kann ein beträchtlicher Teil des Sojaextraktionsschrots in der Ration ersetzt werden, was nicht nur kostengünstiger, sondern auch umweltfreundlicher ist. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Fruchtfolge auf dem Betrieb durch den Anbau und die Nutzung mehrjähriger Kunstwiesen optimiert werden konnte. Somit war die Entscheidung für eine TMR gefallen. Die TMR von Ruckli besteht im Wesentlichen aus 70 % Raufutter (Gras, Silage, Heu) und 30 % Kraftfutter.
Im Sommer wird bei Ruckli das Gras morgens frisch gemäht. Mithilfe eines stationären Futtermischers werden die Komponenten gemischt und dann mit dem Hoflader in den Futterraufen im Auslauf der trächtigen Sauen verteilt. Im Anschluss werden die Sauen in den Auslauf gelassen, wo sie die TMR fressen können.
Die Fütterung mit der TMR hat aber auch Nachteile, berichtet Antonia Ruckli. Dazu zählt, dass die Fütterung nicht mehr vollautomatisch läuft und es keine tierindividuelle Fütterung gibt. Dementsprechend müssen genügend Fressplätze für alle Sauen vorhanden sein.
Alles in allem ist die Familie Ruckli nach einigem Ausprobieren mit ihrem jetzigen System sehr zufrieden. Weitere Informationen zum Betrieb können auch auf der Internetseite des Betriebes gefunden werden.
Autorin: Regine Revermann, Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Bilder: Antonia Ruckli