Zum Hauptinhalt springen

Emissionen mindern - wie funktioniert das im Schweinestall?

Die Nutztierhaltung befindet sich derzeit im Wandel, wodurch das Tierwohl, die Umwelt und die Nachhaltigkeit immer mehr in den Fokus rücken. Um Landwirt:innen über Emissionen im Schweinestall zu informieren, fand am 18. Oktober 2022 im Rahmen des Netzwerks Fokus Tierwohl, gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, der „Tag der Emissionsminderung in der Schweinehaltung“ im Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse statt. Acht Referierende sowie verschiedene Firmen informierten 71 Interessierte anhand von Vorträgen und einer Ausstellung über Rechtliches wie Neuerungen der TA Luft und Methoden zur Minimierung von im Schweinestall entstandenen Emissionen.

Henrik Ohlendorf von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen begann mit den Vorträgen und berichtete, dass zu den Emissionen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) unter anderem Luftverunreinigungen wie Schadgase, Stäube und Gerüche gehören. Verwechslungsgefahr besteht zwischen den Begriffen Emission, Immission und Transmission. Emissionen sind im Sinne des BImSchG die von einer Anlage (Stall) ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Strahlen, Bioaerosole und ähnliches. Die Immission hingegen bezeichnen das Einwirken der Schadstoffe auf Menschen, Tiere, Pflanzen und Materialien. Die Transmission ist der Transport bzw. die Ausbreitung sowie mögliche Umwandlung der Stoffe in die Atmosphäre. Um die Gesundheit von Mensch und Tier zu erhalten und die Umwelt zu schonen, gibt es verschiedene Methoden, Emissionen zu reduzieren. Manche von ihnen sind bereits zugelassen, an anderen wird noch geforscht und auf eine Zulassung gewartet.  

Als nächstes referierte Prof. Jörg Oldenburg, dass Landwirt:innen vor vielen rechtlichen Hürden stehen. Einerseits sind sie dazu verpflichtet, das Tierwohl zu optimieren und Emissionen zu mindern, andererseits sind viele Möglichkeiten zur Umsetzung rechtlich noch unklar. Vielen Landwirt:innen ist die Modernisierung des eigenen Betriebes hinsichtlich des Tierwohls und der Emissionen somit nicht oder nur erschwert möglich. Prof. Oldenburg stellte heraus, dass es Landwirt:innen vereinfacht ermöglicht werden sollte, ihren Betrieb zukunftsfähig zu gestalten, das Tierwohl zu verbessern und die Umwelt zu schonen. Dafür sind jedoch rechtliche Änderungen notwendig.

Ebenfalls von großer Relevanz ist die stickstoff- und phosphorreduzierte (N-/P-reduzierte) Fütterung, auch weil es in der TA Luft Vorgaben zu maximalen N- und P-Ausscheidungen beim Schwein gibt. Sie ist ein essentieller Teil der Ammoniakreduktion, denn „was nicht da ist, kann nicht emittiert werden“, so Dr. Jochen Krieg von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Bereits 1 Punkt weniger Protein bedeutet 10 % weniger Ammoniak (NH3), so die Faustformel. Die Aminosäuren und die Rationsoptimierung auf Basis der praecaecal verdaulichen Aminosäuren stehen dabei im Fokus. Eine Fütterung möglichst nahe am Bedarf der Tiere dient nicht nur der Emissionsminderung, sondern auf dem Tierwohl. Eine Über- oder Unterversorgung kann Leistungseinbußen mit sich bringen. Eine Belastung des Stoffwechsels, verminderte Leistungen und auch Verfettung sind nur wenige Beispiele negativer Folgen einer N-Über- bzw. Unterversorgung. Die N-/P-reduzierte Fütterung muss mit weiteren Techniken kombiniert werden, um die Ziele der NH3-Reduktion zu erreichen. Die N-/P-reduzierte Fütterung erlaubt eine bedarfsgerechte Nährstoffversorgung des Bestandes, wenn die einzelbetriebliche Situation und das Leistungsniveau berücksichtigt werden. Eine allgemeine Empfehlung, wie die notwendige Reduktion der NH3-Emissionen zu erreichen ist, lässt sich nicht für alle Betriebe aussprechen.

Die Abluftreinigungsanlagen sind schon seit vielen Jahren in Deutschland eine gängige Methode zur Reduzierung von NH3, Gerüchen und/oder Stäuben aus der Stallluft, erklärte Lars Broer von der LUFA Nord-West den Teilnehmenden und nannte die verschiedenen Anlagen und deren spezifischen Eignungen. Bei einer Flüssigfütterung eignet sich ausschließlich die mehrstufige Anlage mit Biofilter, bei einer Unterflurabsaugung die mehrstufige Anlage mit Chemostufe und Biofilter, wobei Unterflurabsaugungen und die Abluftreinigung nicht gut zusammen funktionieren. Auch die Kosten dürfen nicht außen vor gelassen werden. Hinsichtlich der Investitionskosten ist der einstufige Rieselbettfilter günstiger als der mehrstufige Filter mit chemischer Stufe, dafür aber bezüglich der Betriebskosten teurer. Für das Abschlämmwasser, also das Wasser mit aus der Abluft abgeschiedenen Stoffen, welches während der Reinigung der Abluft entsteht, müssen ausreichend Lagerkapazitäten vorhanden sein. Chemowäscher benötigen nur ein Zehntel der Lagerkapazität für das Abschlämmwasser im Vergleich zum Rieselbettfilter. Insgesamt sind die Anschaffungen von Abluftreinigungsanlagen rückläufig.

Die Güllekühlung ist ebenfalls eine Methode zur Minderung von NH3 und Methan (CH4) da durch die Kühlung der Gülle die biologischen Prozesse und somit die Entstehung dieser Schadgase reduziert werden können. Lilly Wokel von der Uni Hohenheim erzählte den Teilnehmenden, dass es zwei verschiedene Verfahren gibt: die Kühlrippen, die schwimmend im Güllekanal liegen und die Kühlleitungen, die in den Kanalboden einbetoniert werden. Die Kühlrippen sind gut nachrüstbar. Sie kühlen insbesondere die emittierende Oberfläche und sind flexibel an Kanalgrößen anpassbar. Eine Ausrichtung der Kühlrippen in Güllefließrichtung und die Nutzung von Spülleitungen sind sinnvoll, da rohfaserreiches Futter und organisches Beschäftigungsmaterial zu Ablagerungen im Kanal oder an den Rippen führen können. Die Leitungen im Boden bedingen ggf. ein häufigeres Entleeren des Güllekanals, um einen ausreichenden Kühleffekt zu erzielen. Als Kühlmittel kann Wasser verwendet werden. Grundsätzlich ist die Güllekühlung im Stall nur sinnvoll, wenn die Wärme mittels einer Wärmepumpe in anderen Stallbereichen genutzt wird. In der TA Luft ist für die Güllekühlung unter (dauerhaft) 10 °C eine NH3-Reduktion von 50 % für die Kühlrippen bzw. von 40 % für die Kühlleitungen angegeben.  

 

Weiterhin erklärte Frau Wokel die Güllekanalverkleinerung. Dazu zählen nach TA Luft unter anderem geneigte Seitenwände im Kanal. Die emittierende Gülleoberfläche wird reduziert und durch glatte Wände lagern sich weniger emittierende Verschmutzungen an den Wänden ab. Weiterhin wird die Gülle häufiger abgelassen, wodurch weniger Gülle im Stall gelagert wird und weniger schädliche Emissionen entstehen können. Die Nachrüstung der Güllekanalverkleinerung ist aufwändig. Das Spülen und Reinigen der verkleinerten Kanäle bedeutet einen Mehraufwand für Landwirt:innen. Da eine Güllekanalverkleinerung häufig nur durch teilperforierte Buchten realisiert werden kann, ist eine gute Buchtenstrukturierung Grundvoraussetzung, um die erwünschte Emissionsminderung zu erzielen. Die Schweine müssen den Kotbereich annehmen, damit die umliegenden Oberflächen sowie die Tiere selbst sauber bleiben. Dies ist im gesamten Jahresverlauf erforderlich. Häufig wird vergessen, dass verschmutzte Flächen und Tiere für einen hohen Anteil an den im Stall entstandenen Emissionen mitverantwortlich sind. Zum Beispiel Kontaktgitter und eine Befeuchtung im Kotbereich, die Positionierung der Tränken und Fütterung, die Temperierung der Liegeflächen sowie die Gestaltung bzw. Einstellung der Lüftung können das Tier bei der Buchtenstrukturierung unterstützen. Teil- und Vollspaltenböden mit geneigten Seitenwänden im Kanal können NH3-Emissionen nach der TA Luft um bis zu 50 % reduzieren.

Eine zukünftige Methode zur Emissionsminderung könnte der Einsatz von Ureaseinhibitoren sein. Wenn Kot und Harn aufeinandertreffen, wird durch das Enzym Urease der Harnstoff zu NH3 umgewandelt. Der Ureaseinhibitor hemmt das Enzym Urease und reduziert so die die Entstehung von NH3, so der Wissenschaftler Henning Schulte von der Universität Kiel. Der Inhibitor kann täglich oberflur auf die Spalten oder unterflur in den Güllekanal gesprüht werden. Auswirkungen auf die Tiergesundheit oder auf Leistungsparameter sind nicht zu erwarten. Bei einer Verwendung im zwangsgelüfteten Stall auf dem Spaltenboden ist durch dieses Verfahren eine NH3-Reduktion von bis 21 % möglich (Schulte et al. 2022), im Güllekeller bei freier Lüftung um bis zu 29 % (Calvet et al. 2022). Im Rinderbereich wird eine Zulassung des Inhibitors für das Jahr 2023 angestrebt. Für die Anwendung im Schweinestall wird es noch etwas länger dauern.

Die Kot-Harn-Trennung ist im Kotbereich der Tiere installiert und vermeidet, dass Stoffe aus Kot und Harn miteinander „reagieren“ und schädliches NH3 entsteht. Es gibt Unterflurschieber unter den Spalten oder auch Ober- und Unterflur-Kotbänder mit Kot-Harn-Trennung, so Dr. Frauke Hagenkamp-Korth von der Universität Kiel. Es können durch dieses Verfahren mindestens 40 % der NH3-Emission minimiert werden (Loussouarn et al. 2014). Der Unterflurschieber läuft mehrmals täglich und kann NH3-Emissionen um bis zu 54 % senken. Das Unterflur-Kotband läuft zweimal täglich und kann nach Studien 58 % der NH3-Emissionen senken (Aarnink et al. 2007). Oberflur-Kotbänder haben eine Harnauffangwanne, in die der Urin über das perforierte Kotband abgeleitet wird. Der Kot wird in den Güllekeller geleitet und dort abgeschoben. Die Urinwanne muss zweimal täglich mit Wasser gespült werden, um auch Partikel wie Stroh zu entfernen. In Deutschland gibt es noch keine Versuchsergebnisse für die Oberflur-Kotbänder, da diese derzeit noch laufen. Die Preise für die Kot-Harn-Trennung variieren je nach Betrieb stark. 

Bei der Flüssigmistansäuerung wird durch die Zugabe von Säure der pH‑Wert der Gülle auf 5,5 gesenkt, wodurch weniger NH3- und CH4-Emissionen entstehen. Durch eine Verschiebung des Ammonium-Ammoniak-Gleichgewichtes in der Gülle wird dabei der Anteil des NH3 reduziert, welches ansonsten gasförmig in die Umwelt gelangen würde. Zur Ansäuerung wird ein Teil der Gülle aus dem Güllekanal in einen externen Prozessbehälter gepumpt. Dort erfolgt eine automatische pH‑Messung. Im Anschluss wird in Abhängigkeit des pH-Wertes Säure in die Gülle eindosiert. Nach dem Ansäuerungsprozess kann die frisch angesäuerte Gülle entweder zurück in den Güllekeller gepumpt oder außerhalb des Stalles gelagert werden. Der Ansäuerungsprozess erfolgt alle ein bis drei Tage, berichtete Dr. Veronika Overmeyer von der Uni Bonn. „Bei der Angabe der notwendigen Säuremenge ist es wichtig, auf die Einheit zu achten“, betonte sie. So entsprechen beispielsweise 9 Liter Schwefelsäure (96 %) umgerechnet einer Menge von ca. 17 kg, die zur stallinternen Flüssigmistansäuerung je Kubikmeter Gülle in den durchgeführten Versuchen notwendig waren. Die Forschungsgruppe stellte weiterhin fest, dass die NH3-Emissionen um ca. 40 % und die CH4-Emisssionen um etwa 67 % gesenkt werden können, wenn die angesäuerte Gülle weiterhin in den Güllekellern im Schweinestall gelagert wird. Es zeigte sich, dass auch die Schwefelwasserstoffkonzentration im Tierbereich unbedenklich gering war und die Schwimmschichten in der angesäuerten Gülle ebenfalls verringert werden konnten. Eine bessere Luftqualität bietet Vorteile für Tier und Landwirt. Je sauberer die Tiere und die Bucht sind, desto mehr Ammoniakemissionen können reduziert werden, sagt sie und geht erneut auf ein gutes Buchtenhygienemanagement ein. Es ließ sich bestätigen, dass die Flüssigmistansäuerung in bestehenden Schweineställen nachgerüstet werden kann. Die Gülleansäuerung ist in Dänemark etabliert, wurde aber aufgrund der schwierigen Rechtssituation in Deutschland erst auf einem Milchviehbetrieb eingesetzt. Für den praxistauglichen Einsatz dieses Verfahrens ist die Änderung der AwSV (Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) erforderlich, sodass in JGS-Anlagen neben Wirtschaftsdüngern auch die Säure zur Ansäuerung gelagert werden darf. Auf die Änderung wird derzeit gewartet.

Im Nachgang an die Vorträge nutzten die Teilnehmenden die angeschlossene Ausstellung mit verschiedenen Herstellern, um sich über unterschiedliche Methoden zur Emissionsminderung zu informieren. Es gab einen regen Austausch und viele Fachgespräche zwischen den Herstellern, Teilnehmenden und Referierenden.

Autoren: Dr. Sabine Schütze, Sandra Terletzki, Laura Schönberg (alle Landwirtschaftskammer NRW)