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Ammoniakemissionen verstehen und mindern

Ammoniak zählt neben Methan und Lachgas zu den relevanten gasförmigen Emissionen, die im Rinderstall entstehen können. Zum Großteil kommen die Ammoniak-Emissionen in Deutschland aus dem Sektor Landwirtschaft, wobei über 70 % aus der Tierhaltung (Stall und Lagerung von Wirtschaftsdünger) und ca. 25 % aus den Böden (Ausbringung von Wirtschafts-, Mineral- und anderen organischen Düngern sowie dem Weidegang) kommen. Die aus der Tierhaltung stammenden Emissionen kommen zu 43 % aus der Rinderhaltung1.

Ammoniak sowie auch die in der Luft gebildeten Feinstaubpartikel schädigen nachweislich Ökosysteme und Pflanzen und gefährden die menschliche Gesundheit. Zur Vermeidung negativer Auswirkungen auf Tier, Mensch und Umwelt sollen die Emissionen zukünftig weiter reduziert werden. Laut der NEC-Richtlinie (2016) auf der Basis von 2005 bis 2030 müssen die Ammoniak-Emissionen in Deutschland um 29 % reduziert werden.

Um dieses Ziel zu erreichen, können im Rinderbereich unterschiedliche Maßnahmen unternommen werden. Forschungsprojekte in unterschiedlichen Bereichen haben sich mit diesem Thema auseinandergesetzt und arbeiten weiterhin daran, Lösungen für die Reduzierung im Rinderstall zu finden.

Diese Übersicht gibt einen Einblick in die Entstehung von Ammoniak und zeigt die Maßnahmen zur Reduzierung durch Verlinkungen zu (Forschungs-)Projekten auf.

WIE entsteht Ammoniak (NH3)?

Harnstoff wird durch Bakterien (bzw. deren Enzym Urease) zu Ammoniak abgebaut, welches gasförmig in die Umwelt entweicht.

 

Darum ist die Emission von NH3 ein Problem:

  1. Stickstoff-Verlust im Wirtschaftsdünger
  2. Stickstoff-Eintrag in die Umwelt

Die Umsetzung von Harnstoff zu Ammoniak ist abhängig von:

  • Größe der nassen Oberfläche (nicht die absolute Harnmenge ist entscheidend, sondern die Fläche, auf der der Urin verteilt ist)
  • Zeit: der überwiegende Abbau findet in den ersten 2 Stunden nach Urinanfall statt
  • Temperatur:  je wärmer es ist, desto schneller verläuft die chemische Reaktion
  • Chemische Einflüsse wie z. B. pH-Wert
  • Physikalische Einflüsse wie z. B. Luftgeschwindigkeit

WO entsteht Ammoniak (NH3)?

Ammoniak entsteht im Stall auf allen durch Urin feuchten Flächen:

  • auf Laufgängen im Stall (Spaltenböden sowie planbefestigte Laufgänge)
  • auf dem Laufhof

sowie

  • bei der Lagerung von Gülle (Güllekeller/-grube)
  • bei der Gülleausbringung

An welchen Stellen können MINDERUNGS-Maßnahmen ansetzen?

Viele Maßnahmen zur Reduktion der Ammoniakbildung wirken sich positiv auf das Tierwohl und die Gesundheit der Kühe aus. In der Regel verbessern sie die Luftqualität oder sorgen zum Beispiel durch trockenere Laufflächen für eine bessere Stallhygiene, Klauen- sowie Eutergesundheit.

 

Planbefestigte Laufflächen und Spaltenböden

Um bei planbefestigten Laufflächen eine Minderung der Ammoniakemissionen zu erreichen, ist ein rasches Abfließen des Harns von der Lauffläche und deren regelmäßige Reinigung notwendig (Entmistungstechnik und Frequenz). Neben der Senkung der Ammoniakemissionen muss bei Laufflächen immer auch die Trittsicherheit und Klauenfreundlichkeit gegeben sein. Hier kommen für planbefestigte Böden beispielsweise folgende Systeme infrage:

  • Gefälle zur Harnsammelrinne
  • Rillenböden mit Fingerschieber (gewölbte Auftritte)

Bei perforierten Böden emittiert sowohl die verschmutzte Lauffläche als auch der darunterliegende Flüssigmistkanal. Es findet ein Luftaustausch zwischen dem Stall und dem Luftraum im Kanal statt. Neben der schnellen Ableitung des Harns von den Auftritten (beispielsweise durch gewölbte Auftritte) ist ein weiterer Minderungsansatz die Minimierung des Gasaustausches durch verringerten Schlitzanteil oder Dichtungsklappen.

Am Markt gibt es verschiedenste Lösungen sowohl für den Neu- wie auch den Umbau. Diese Systeme werden laufend weiter- und neuentwickelt.

zur KTBL Schrift "Förderfähige Techniken zur Emissionsminderung in Stallbauten"

BauErfahrungen und PraxisTipps - Interviews zum Thema Laufflächen 

Entmistungstechnik und –frequenz

Die maximale Minderungswirkung emissionsarmer Stallböden wird nur mit einer auf den Boden abgestimmten Reinigungstechnik (meist in Kombination mit Befeuchtung) erzielt. Die Reinigungstechnik muss in der Lage sein, sämtliche zu reinigenden Flächen mindestens alle 2 Stunden zu säubern.

Da durch die rasche Ableitung des Harns (rutschige) Schmierschichten entstehen können, kann eine zusätzliche Befeuchtung erforderlich sein.

zur KTBL Schrift "Förderfähige Techniken zur Emissionsminderung in Stallbauten"

Agroscope "Befeuchtung reduziert Schmierschichten"

Laufhof

Ein Laufhof ist in erster Linie eine Erweiterung der vorhandenen Flächen im Stall und somit eine zusätzliche Emissionsquelle. Durch eine geschickte Strukturierung, emissionsarme Laufflächen und regelmäßige Reinigung kann dieser Effekt reduziert werden und den Kühen zugunsten des Tierwohls ein Auslauf angeboten werden.

Fressplatzgestaltung

Der erhöhte Fressbereich mit Fressplatzabtrennungen (Fressstände) unterteilt den Laufgang in einen Fress- und einen Laufbereich. Dabei erhalten die Tiere eine gezielt auf die Funktion ausgerichtete Standfläche für das Fressen. Dies kann mit einer Erhöhung der Standfläche gegenüber dem Laufgang um rund 10 cm erreicht werden. Diese Fläche bleibt bei korrekter Bauweise sauber und die Ausscheidungen fallen auf den Laufgang. Die emittierende Fläche wird somit deutlich verkleinert.

Fressstände bieten den Kühen einen sicheren Fressplatz ohne durch die (häufig) laufende Reinigungstechnik oder ranghohe Kühe gestört zu werden. Das Fressverhalten wird positiv beeinflusst.

 

N-reduzierte Fütterung

Untersuchungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass durch gezielte Fütterungsmaßnahmen die Stickstoffumsetzung verbessert und der Anteil an Harnstoff im Harn von Milchkühen reduziert werden kann. Durch die verringerten Harnstoffgehalte sind auch geringere Ammoniakemissionen möglich.

DLG-Merkblatt 417: Reduktion der Ammoniakemissionen in der Milchviehhaltung

Umweltbundesamt und KTBL : Gemeinsame Empfehlungen für die gute fachliche Praxis zur Ammoniakminderung

Weidegang

Auf Naturboden sickert der Harn rasch in den Boden, Ammonium wird an Bodenpartikel gebunden und kann nicht als Ammoniak freigesetzt werden.

Allerdings wirkt auch der leere Stall als Emissionsquelle, sofern die Laufflächen noch verschmutzt oder feucht sind. Die Reinigung sollte daher direkt nach dem Austrieb stattfinden.

UBA und KTBL Schrift "Ammoniakemissionen in der Landwirtschaft mindern. Gute Fachliche Praxis"

Hinweis

Eine relevante Emissionsminderung wird erst bei ca. 180 Weidetagen pro Jahr mit mindestens 6 Stunden „leerem Stall“ erreicht.

Externes Güllelager und Gülleausbringung

Eine Abdeckung des externen Güllelagers durch ein Zeltdach oder eine befahrbare Betondecke reduziert die NH3-Emissionen während der Lagerung. Für Anlagen nach BImSchG ist dies Vorschrift.

Die Ausbringung der Gülle sollte mittels Schleppschlauch- bzw. Schleppschuhverteilung oder Schlitzgeräten erfolgen und nur in Kombination mit zeitnaher Einarbeitung geschehen. Der Einsatz von Pralltellern ist im Grünland bis 01.02.2025 und im Ackerland nur in Ausnahmen mit Auflagen erlaubt.

UBA und KTBL Schrift "Ammoniakemissionen in der Landwirtschaft mindern. Gute Fachliche Praxis"

Blick in die Zukunft

Die Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Emissionsreduktion ist bei Weitem nicht abgeschlossen. Unter anderem wird an folgenden Technologien geforscht:

Gülleansäuerung

Durch eine Zugabe von Säure wird der pH-Wert des Wirtschaftsdüngers gesenkt und das Ammonium/Ammoniak Gleichgewicht in Richtung Ammonium verschoben. Folglich werden Ammoniakemissionen reduziert. Dazu wird überwiegend Schwefelsäure verwendet. Die Gülle wird im Stall (Güllekeller), bei der Lagerung im externen Güllelager oder während der Ausbringung, angesäuert.   

Umweltbundesamt Abschlussbericht

LfL Forschungsprojekt "Gülleansäuerung"

LfL "Bewertung von pH-Wert senkenden Systemen durch Ansäuerung zur Verringerung der Ammoniakemissionen in Stall und Feld"

Güllekühlung

Durch die Absenkung der Temperatur der Gülle werden die chemischen (enzymatischen) Prozesse zur Bildung von Ammoniak verlangsamt. Es wird eine Gülletemperatur von <15 °C angestrebt, besser 10 °C. 

Futterzusätze / Futtermittel

Verschiedene Forschungseinrichtungen untersuchen die Wirkung von Futterzusätzen oder speziellen Futtermitteln auf Ammoniakemissionen sowie die Wechselwirkungen auf Milchleistung und Tiergesundheit.

Agroscope Forschungsbericht: Esparsettensilage und Akazien-Extrakt reduzieren den Stickstoff-Gehalt im Harn von Milchkühen

Ureaseinhibitor

Das Enzym „Urease“, welches Harnstoff zu Ammoniak umsetzt, wird blockiert. Diese vielversprechende Technologie ist noch in der Entwicklung und nicht am Markt verfügbar (Stand 09/2023).

Weitere Informationen zum Projekt Prax-REDUCE

Literatur