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GeflügelWohl im Fokus - So bleibt der Darm gesund und stabil

 Vorwort
1Einleitung
2Aufbau und Funktion des Verdauungstraktes
3Entwicklung und Funktion des Darmmikrobioms
4Indikatoren zum Erkennen einer verminderten Darmgesundheit
4.1Verhalten
4.2Verschmutzung
4.3Kotbeschaffenheit
4.4Einstreubeschaffenheit
4.5Nahrungsaufnahme
4.5.1Verminderte Futteraufnahme
4.5.2Akuter Anstieg der Wasseraufnahme
5Ursachen für eine beeinträchtigte Darmgesundheit
5.1Infektionen
5.1.1Bakterielle Infektionen
5.1.2Virale Infektionen
5.1.3Parasitäre Infektionen
5.1.4Infektiöse Darmerkrankungen
5.2Nichtinfektiöse Ursachen
5.2.1Fütterungsaspekte
5.2.1.1Phasenfütterung
5.2.1.2Rationsgestaltung
5.2.1.3Kohlenhydrate
5.2.1.4Fette und Öle
5.2.1.5Protein und Aminosäuren
5.2.1.6Ausgewählte Antinutritive Faktoren
5.2.1.7Phytasen
5.2.1.8Mykotoxine
5.2.1.9Futterstruktur
5.2.1.10Einfluss der Pellet Qualität
5.2.1.11Futterwechsel und -management
5.2.1.12Getreidebeifütterung
5.2.1.13Gritfütterung
5.2.1.14Fütterung in der Aufzucht
5.2.2Tränkwasserqualität
5.2.2.1Tränkwasserhygiene - Reinigung und Desinfektion
5.2.2.2Tränkewasserhygiene - Hygiene im belegten Stall
5.2.3Stallklima
5.2.4Einstreumanagement und –hygiene
5.2.5Auslaufpflege
6Futterzusatzstoffe und Tränkewasserzusätze zur Unterstützung der Darmgesundheit
6.1Prebiotika
6.2Einsatz von Probiotika
6.3Organische Säuren
6.4Phytogene Zusatzstoffe
7Literatur

  • Dr. Henrike Glawatz, Moorgut Kartzfehn Turkey Breeder GmbH
  • Franziska Hagen, Deutscher Tierschutzbund e.V.
  • Dr. Hartmut Meyer, Moorgut Kartzfehn Turkey Breeder GmbH
  • Franziska Müller, Naturland – Verband für ökologischen Landbau e.V.
  • Sandra Reidenbach, Deutscher Tierschutzbund e.V.
  • Christina Schulte, Landwirtschaftskammer Niedersachsen
  • Dr. Kathrin Toppel, Hochschule Osnabrück
  • Jens von Seggern, Landwirt
  • Bettina Gräfin von Spee, Verband der Deutschen Putenerzeuger
  • Dr. Heinrich Windhaus, Die Praxis für Geflügel GbR

  • Dr. Katja Kulke, Landwirtschaftskammer Niedersachsen

  • Marc-Andre Kruse-Friedrich, DLG e.V.
  • Marc Schneeweis, medianet elektronische Kommunikation & Marketing GmbH
  • Oliver Sahner, medianet elektronische Kommunikation & Marketing GmbH

Dieses Dokument wurde im Rahmen des Verbundprojektes Netzwerk Fokus Tierwohl durch die Arbeitsgruppe „Pute“ des Tierwohl-Kompetenzzentrums Geflügel erarbeitet und durch DLG e.V. und FiBL Deutschland e.V. methodisch-didaktisch aufbereitet. 

Alle Informationen und Hinweise ohne jede Gewähr und Haftung.

Herausgeber

DLG e.V.
Fachzentrum Landwirtschaft
Eschborner Landstraße 122
60489 Frankfurt am Main

FiBL Deutschland e.V.
Bereich Tierwohl
Kasseler Straße 1a
60486 Frankfurt am Main

Vervielfältigung und Übertragung einzelner Textabschnitte, Zeichnungen oder Bilder (auch für den Zweck der Unterrichtsgestaltung) sowie Bereitstellung des Leifadens im Ganzen oder in Teilen zur Ansicht oder zum Download durch Dritte nur nach vorheriger Genehmigung durch die fachlich zuständige Geschäftsstelle des Tierwohl-Kompetenzzentrums und DLG e.V., Servicebereich Marketing, Tel. +49 69 24788-209, [email protected]


Das Verbundprojekt ist Teil des Bundesprogramms Nutztierhaltung. Die Förderung erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages, Projektträger ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), Förderkennzeichen 28N419TA06.

Vorwort

In Hinblick auf die Sicherstellung eines hohen Maßes an Tierwohl spielen drei Kriterien eine entscheidende Rolle: Neben der Möglichkeit Normalverhalten auszuführen und der Vermeidung von Belastungsstress, ist die Tiergesundheit ein zentraler Baustein.

Die Darmgesundheit steht hierbei besonders im Fokus. So ist der Darm nicht nur für die Aufspaltung des Futters in seine einzelnen Bestandteile zuständig. Viel mehr übernimmt er auch einen Teil der Immunabwehr und bildet zusammen mit den im Darm lebenden Mikroorganismen eine Schranke für das Eintreten von Krankheitserregern.

Doch was können Tierhalter1 tun, um die Darmgesundheit in ihren Herden zu fördern? Wie kann man mögliche Probleme frühzeitig erkennen?

Dieser Leitfaden richtet sich an Landwirte, Tierbetreuer und Auszubildende. Er soll die Vielzahl an Einflussfaktoren aufzeigen, die sich negativ auf die Darmstabilität auswirken können. Interessierte erhalten Tipps, wie sie frühzeitig Hinweise für Infektionen, als auch Verschiebungen in der Zusammensetzung des Darmmikrobioms erkennen.

Dieser Leitfaden ersetzt jedoch nicht die qualifizierte Beratung durch Tierärzte oder Geflügelfachberater noch die Diagnose und Therapieanweisung durch einen Tierarzt.

Der Leitfaden wurde im Rahmen des Netzwerks Fokus Tierwohl erstellt. Das Projekt „Fokus Tierwohl" wird als Teil des Bundesprogramms Nutztierhaltung vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert. Es handelt sich dabei um ein Verbundprojekt der Landwirtschaftskammern und landwirtschaftlichen Einrichtungen aller Bundesländer mit dem Ziel, den Wissenstransfer in die Praxis zu verbessern, um schweine-, geflügel- und rinderhaltende Betriebe hinsichtlich einer tierwohlgerechten, umweltschonenden und nachhaltigen Nutztierhaltung zukunftsfähig zu machen. Erstmalig wird in diesem Netzwerk fachspezifisches Wissen gebündelt, der Erfahrungsaustausch zwischen Praktikern, Wissenschaftlern, Beratern und anderen Gruppen organisiert und damit die Wissens-Vernetzung innerhalb der Branche ermöglicht und gefördert.  

1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen in diesem Leitfaden die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

Einleitung

Die hohen Tierleistungen in der Putenmast lassen sich nur mit gesunden Tieren erzielen. Dabei kommt der Darmgesundheit eine entscheidende Rolle zu, denn der Darm ist ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems.

Die Grundlage für einen gesunden Darm bildet ein stabiles Darmmikrobiom, auch als Darmflora bezeichnet. Man versteht darunter Billionen von Mikroorganismen, die auf der Darmschleimhaut leben und zusammen mit dem Darm ein komplexes Mikro-Ökosystem bilden. Dieses Ökosystem bildet eine natürliche Barriere gegen eindringende Schadstoffe oder Erreger.

Ein stabiles Darmmikrobiom entsteht, wenn sich der Darm von Beginn an zügig entwickelt und möglichst wenige Störfaktoren auf das leistungsstarke, aber sensible Ökosystem einwirken. Störfaktoren wie Stress oder eine unausgewogene Fütterung führen zu einer negativ veränderten Zusammensetzung der Darmflora. Die Darmwand wird dadurch durchlässiger für unerwünschte Stoffe, was gesundheitliche Folgen - häufig verbunden mit verändertem Kot - nach sich ziehen kann.

Je feuchter die Ausscheidungen der Tiere sind, umso feuchter wird die Einstreu und umso stärker sind die Auswirkungen auf die Tiergesundheit. So kann ein vermehrtes Auftreten von Fußballen- und Brusthautveränderungen die Folge sein. Zudem wird in Verbindung mit feuchter Einstreu vermehrt Ammoniak freigesetzt, der in zu hohen Konzentrationen die Schleimhaut der Atemwege angreift und somit die Ausbildung von Atemwegsinfektionen begünstig. Zusätzlich ist das Auftreten von Durchfallerkrankungen ein Stressfaktor für die Tiere, der auch das Auftreten von Feder- und Beschädigungspicken auslösen kann.

Im Folgenden soll aufgezeigt werden, welche infektiösen und nicht infektiösen Faktoren Einfluss auf die Darmgesundheit haben, und welche Maßnahmen helfen, die Darmgesundheit aufrechtzuerhalten bzw. zu unterstützen.

Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass nicht alle der hier angeführten Maßnahmen, z.B. das Verabreichen von bestimmten Tränkwasserzusätzen, in der ökologischen Putenhaltung durchgeführt werden dürfen. Vor der Anwendung sollte daher im Vorfeld eine Abstimmung mit der zuständigen Kontrollbehörde und /oder dem Verband erfolgen.

Aufbau und Funktion des Verdauungstraktes

Hauptaufgabe des Darms ist die Aufspaltung der Nahrungsbestandteile in die einzelnen Nährstoffe, um eine Aufnahme aus dem Darm in den Blutkreislauf zu ermöglichen. Die Wand des Darmes ist im Inneren mit Darmzotten ausgekleidet. Es handelt sich hierbei um Ausstülpungen der Darmschleimhaut, die zu einer Oberflächenvergrößerung beitragen und dadurch die Nährstoffaufnahme erleichtern.  

Im Dünndarm findet der Hauptteil der Verdauung und der Nährstoffaufnahme statt. Die nötigen Enzyme werden von der Leber und der Bauchspeicheldrüse gebildet. In den Blinddärmen, die bei der Pute paarig angelegt sind, erfolgt die Verdauung von unverdaulichen Pflanzenbestandteilen. Diese werden zum Teil mikrobiell abgebaut und manche der Abbauprodukte können von der Pute genutzt werden. Im kurzen Dickdarm, werden im Anschluss Wasser und Salze resorbiert, sodass der Darminhalt eingedickt wird.

Puten setzen zwei unterschiedliche Formen von Kot ab, Blinddarmkot, der an seiner braunen Farbe leicht zu erkennen ist und Enddarmkot. Bei Hühnern ist bekannt, dass die Abgabe von Blinddarmkot nur einmal auf 7-11 reguläre Kotausscheidungen erfolgt. Man kann davon ausgehen, dass die Ausscheidungshäufigkeit bei Puten vergleichbar ist.

Entwicklung und Funktion des Darmmikrobioms

Beim frisch geschlüpften Küken ist die Darmschleimhaut mit den Darmzotten weder vollständig ausgebildet noch mit Mikroorganismen besiedelt. Ab dem Zeitpunkt der ersten Futteraufnahme aber entwickelt sich die Mikroflora rasant. So nimmt das Küken durch das Handling in der Brüterei, die Aufnahme von Futter und Wasser, aber auch durch den Kontakt zur Einstreu Mikroorganismen auf und die Besiedlung des Darmes mit Bakterien, Pilzen, Viren und Protozoen beginnt.

In den ersten zwei Lebenswochen kommt es im Zuge der Darmentwicklung zu einem vermehrten Wachstum der Darmzotten. Das Wachstum wird auch durch bestimmte Bakterien des Mikrobioms, die Lactobacillen, stimuliert. Je älter die Tiere werden, umso umfang- und artenreicher wird das Mikrobiom. Neben den physiologischen Veränderungen im Darm im Zuge der Entwicklung nehmen auch sich ändernde Umweltbedingungen und Futterumstellungen Einfluss auf die Zusammensetzung des Mikrobioms. Daher stabilisiert sich das Darmmikrobiom frühestens ab Mitte der Mast. Dieser Prozess wird auch durch die Futterqualität beeinflusst.

Das Darmmikrobiom fördert die Entwicklung und die Funktion des Darmgewebes und nimmt so Einfluss auf die Futteraufnahme und die Futterverwertung. Daneben hat es aber zahlreiche weitere wichtige Funktionen: So unterstützt es die Bildung vieler Vitamine (z.B. B1, B2, B6, B12 und K) und die Produktion kurzkettiger Fettsäuren als Energiequelle für die Darmschleimhautzellen. Das Darmmikrobiom reguliert das Darmmilieu, fördert die Darmperistaltik und beugt Entzündungen vor. Es stimuliert die Entwicklung und Reifung des Immunsystems und verdrängt Krankheitserreger.

Gerät das Mikrobiom aus dem Gleichgewicht (Dysbiose), kann dies gravierende Folgen haben.

Auswirkungen einer Dysbiose (Ungleichgewicht der Darmflora)

  • Schlechtere Nährstoffaufnahme und Futterverwertung
  • Je nach Schweregrad Verschlechterung der Kotkonsistenz ⇒ wässriger Kot mit Gasbläschen und feuchte Einstreu
  • Verminderte Leistung >> geringere Tiergewichte und geringere Uniformität
  • Vermehrte Besiedelung des Darms durch Krankheitserreger ⇒ kann zu einer Nekrotische Enteritis führen
  • Z.T. hohe Krankheits- und Sterblichkeitsraten

Indikatoren für den Zustand der Darmgesundheit

Ob eine Erkrankung des Darms und/oder eine Dysbiose vorliegt, lässt sich anhand verschiedener Indikatoren erkennen. Diese Indikatoren sollen im Folgenden vorgestellt werden. 

4.1 Verhalten

Die hier beschriebenen Veränderungen des Verhaltens sind grundsätzlich ein Hinweis dafür, dass die Tiere krank sein könnten. Sie werden somit nicht nur in Verbindung mit schlechter Darmgesundheit beobachtet.

Indikatoren

Tierverteilung im Stall

Soll-Zustand
  • Tiere sind gleichmäßig über die gesamte Stallfläche verteilt. 
Indikatoren

Tierverteilung im Stall

Abweichender Zustand
  • Tiere sind unregelmäßig über die Stallfläche verteilt
  • Tiere drängen sich aneinander ⇒ erhöhtes Wärmebedürfnis und damit verbunden “Haufenbildung", auch als "Crowding" bezeichnet
Indikatoren

Verhalten Einzeltier

Soll-Zustand
  • Aktive Tiere
  • Tiere reagieren auf die Umgebung und die Anwesenheit des Tierbetreuers
Indikatoren

Verhalten Einzeltier

Abweichender Zustand
  • Tiere zeigen geringe Aktivität
  • Teilnahmslosigkeit
  • Tiere reagieren kaum auf die Umgebung und Anwesenheit des Tierbetreuers
  • Gesträubtes Gefieder und eingezogener Kopf
Indikatoren

Herde

Soll-Zustand
  • Ruhiges, entspanntes, aber interessiertes Verhalten der gesamten Herde
Indikatoren

Herde

Abweichender Zustand
  • Unruhige Herde
  • Lautes Klagen
  • Lautes Klagen der Putenherde

Indikatoren

Abweichungen vom normalen Futteraufnahme- und Tränkeverhalten

Soll-Zustand
  • Tiere nehmen das Futter aus den Futterschalen auf
  • Die Wasseraufnahme entspricht den zu erwartenden Werten in Hinblick auf das Alter der Tiere (Stalltemperatur beachten!)
Indikatoren

Abweichungen vom normalen Futter- und Tränkeverhalten

Abweichender Zustand
  • Tiere fressen vermehrt Stroh/ Einstreu
  • Es kann zu vermehrter Aufnahme von Kot kommen, zu erkennen am kotverschmierten Schnabel
  • Evt. vermehrte Wasseraufnahme (Stalltemperatur beachten!)
Indikatoren

Veränderungen an der Kloake

Soll-Zustand
  • Kloake ist sauber und weist keine Verschmutzungen auf
  • Es sind keine Verletzungen zu erkennen
  • Die Kloakenschleimhaut ist nicht zu sehen
Indikatoren

Veränderungen an der Kloake

Abweichender Zustand
  • Kotverschmierte Kloake
  • Bei jungen Tieren können Verletzungen durch Kloakenpicken auftreten, in der Mast wird dieses Verhalten nicht mehr beobachtet
  • Durch vermehrtes Drängen sind Teile der Kloakenschleimhaut sichtbar

4.2 Verschmutzung

Indikatoren

Verschmutzung

Soll-Zustand
  • Sauberes Gefieder
  • Saubere Kloake
  • Saubere Ständer und Fußballen
Indikatoren

Verschmutzung

Abweichender Zustand
  • Verschmutztes Gefieder
  • Kotverklebte Ständer und Fußballen

4.3 Kotbeschaffenheit

Indikatoren

Kotfarbe und -konsistenz Dickdarmkot

Soll-Zustand
  • Fest, ohne zu viel unverdaute Bestandteile,
  • ausgeschiedene Harnsäure stellt sich weiß dar
Indikatoren

Kotfarbe und -konsistenz Dickdarmkot

Abweichender Zustand
  • Die Kotkonsistenz ist breiig, anhand der Harnsäure und der Farbe ist erkennbar, dass es sich um Dickdarmkot handelt
Indikatoren

Kotfarbe und -konsistenz Dickdarmkot

Abweichender Zustand
  • Schaumiger Blinddarmkot, weist auf vermehrte Gasbildung im Darm hin
  • Bei diesem Kot ist die helle Färbung auffällig, zudem ist die Konsistenz eher als schaumig zu beschreiben
Indikatoren

Kotfarbe und -konsistenz Blinddarmkot

Soll-Zustand
  • Weiche, cremig-braune Konsistenz
Indikatoren

Kotfarbe und -konsistenz Blinddarmkot

Abweichender Zustand
  • Schaumiger Blinddarmkot, weist auf vermehrte Gasbildung im Darm hin

Nicht nur die Kotbeschaffenheit weist beim Auftreten von Darmerkrankungen Abweichungen auf. Häufig bemerkt man bereits beim Betreten des Stalles einen unangenehmen Geruch.

4.4 Einstreubeschaffenheit

Indikatoren

Feuchtigkeit

Soll-Zustand
  • Die Einstreu ist gerade auch im kritischen Bereich der Tränken trocken und locker
Indikatoren

Feuchtigkeit

Abweichender Zustand
  • Dünnflüssig und breiige Kotstellen um die Tränken und Futterschalen
Indikatoren

Plattenbildung

Soll-Zustand
  • Trockene und lockere Stroheinstreu
Indikatoren

Plattenbildung

Abweichender Zustand
  • Plattenbildung in der Einstreu ist ein deutliches Kennzeichen dafür, dass die Einstreu zwischenzeitlich zu feucht war

4.5 Futter- und Wasseraufnahme

Verminderte Futteraufnahme und Futterverwertung

Ein Rückgang der Futteraufnahme kann ein weiterer Indikator für eine schlechte Darmgesundheit sein.

Darminfektion führen zu einer verminderten Nährstoffaufnahme im Darm, die sich in einer verschlechterten Futterverwertung widerspiegelt. Dies wird durch das Auseinanderwachsen der Herde, also einer schlechten Uniformität, gut sichtbar.

Akuter Anstieg der Wasseraufnahme

Ein akuter Anstieg der Wasseraufnahme kann auch ein Hinweis für eine mögliche Darminfektion sein. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass Puten nicht nur aufgrund von Infektionsgeschehen vermehrt trinken. Ebenso kann ein Anstieg der Temperatur dazu führen, dass die Tiere verstärkt Wasser aufnehmen. Steigt die Wasseraufnahme also an, gilt es sowohl die Stalltemperatur zu prüfen, aber auch auf weitere Indikatoren für ein mögliches Krankheitsgeschehen zu achten.

Ursachen für eine beeinträchtigte Darmgesundheit

5.1 Infektionen

Es gibt eine Vielzahl von Infektionserregern, die eine Erkrankung des Magen- Darmtraktes bei Puten hervorrufen und meist mit einer veränderten Kotkonsistenz einhergehen. Im Folgenenden sind die hierbei bedeutendsten Infektionserreger dargestellt.

Hinweis

Bei Symptomen, die auf eine der beschriebenen Erkrankungen hindeuten, muss in jedem Fall der bestandsbetreuende Tierarzt hinzugezogen werden.

5.1.1 Bakterielle Infektionen

E.coli

Bezeichnung der ErkrankungE.coli-Infektion

Vorkommen

 

 
  • Umweltkeim
  • Bestandteil der physiologischen Darmflora
  • Verursacher von Darminfektionen sind pathogene (krankmachende) Stämme
 
Infektionsweg 
  • Kontaminierter Staub, Kot, Wasser und Futter
  • Übertragung über die Luft
  • Orale Aufnahme (über den Schnabel)
 
Klinischer Verlauf 
  • Teilnahmslosigkeit
  • Aufgeplustertes Gefieder
  • Durchfall
  • Lahmheiten mit verdickten, warmen Gelenken
  • Verluste können stark ansteigen
  • Es kann zu einer Verbreitung von E. coli im ganzen Körper kommen ⇒ weitere Organsysteme betroffen
  • E. coli -Infektionen treten meistens in Verbindung mit viralen Infektionen auf ⇒ Sekundärinfektion
 

Vorbeugende Maßnahmen

 
  • Optimales Hygiene-/ Betriebsmanagement
  • Impfstoff mit Zulassung für Junghennen und Masthühner, ein Einsatz ist bei Berücksichtigung der Umwidmungskaskade auch bei Puten möglich
  • Bestandsspezifische Impfstoffe
 
Behandlung 
  • Antibiotikabehandlung
  • Vorheriger Resistenztest wird empfohlen
 

 

Salmonellen

Bezeichnung der Erkrankung

Unspezifische Samonellose

Vorkommen 
  • Umweltkeim
  • Tiere können Erregerträger sein, ohne dabei selber zu erkranken
  • Zoonoseerreger!
  • Meldepflicht! Es gilt die Geflügel-Salmonellen-Verordnung (GflSalmoV) zu beachten
 
Infektionsweg 
  • Von Tier zu Tier
  • Kontaminierter Staub, Kot, Wasser und Futter
  • Orale Aufnahme (über den Schnabel)
 
Klinischer Verlauf

Klinischer Verlauf:

  • Erkrankungen treten vor allem bei jüngeren und geschwächten Tieren auf
  • Teilnahmslosigkeit
  • Erhöhtes Wärmebedürfnis
  • Durchfall
  • Verklebte Kloake
  • Entwicklungsstörungen
  • Lahmheit
  • Blindheit
  • Erhöhte Verluste

Subklinischer Verlauf:

  • Subklinische Verläufe treten deutlich häufiger auf als klinische Verläufe!
  • Erreger siedeln sich im Darm an ⇒ Tiere zeigen keine Symptome, können jedoch Salmonellen ausscheiden!!!
 

Vorbeugende Maßnahmen

 
  • Regelmäßige Überprüfung des Keimdrucks durch Sockentupfer
  • Optimales Hygiene-/ Betriebsmanagement
 
Behandlung 
  • Antibiotikabehandlung möglich, führt jedoch nicht zur Salmonellenfreiheit der Tiere
  • Vorheriger Resistenztest wird empfohlen
 

 

Clostridium perfringens

Bezeichnung der Erkrankung

Durch Clostridien ausgelöste Dysbakteriose

 

Vorkommen 
  • Umweltkeim, der primär im Erdboden vorkommt
  • Vermehrung in Einstreu und Futter möglich
  • Kann in geringer Anzahl auch im Blind- und Enddarm von gesunden Tieren nachgewiesen werden  
 
Infektionsweg 
  • Kontaminierter Staub, Kot, Wasser und Futter
  • Orale Aufnahme, (über den Schnabel)
 
Klinischer Verlauf 
  • Erkrankung tritt vorwiegend bei Jungtieren auf (4. - 12. Lebenswoche) 
  • Teilnahmslosigkeit
  • Reduzierte Futteraufnahme (Herde)
  • Erhöhte Wasseraufnahme (Herde)
  • Wachstumsdepression
  • Gewichtsverlust
  • Durchfall (schaumig-gelber Kot)
  • Die Nekrotische Enteritis (NE) ist eine Ausprägung der Clostridium-Infektion, die zu massiven Veränderungen an der Darmschleimhaut führt und mit einem plötzlichen Anstieg der Tierverluste einhergehen kann
 

Vorbeugende Maßnahmen

 
  • Optimales Hygiene-/ Betriebsmanagement
 
Behandlung 
  • Antibiotikabehandlung möglich
  • Vorheriger Resistenztest wird empfohlen
 

 

5.1.2 Virale Infektionen

Hämorrhagische Enteritis Virus

Bezeichnung der Erkrankung

Hämorrhagische Enteritis (HE)

 

Vorkommen 
  • Weltweites Vorkommen
  • Virus weist hohe Widerstandsfähigkeit auf, so dass es auch bei all in / all-out Betrieben wiederholt zu Infektionen und Erkrankungen kommen kann
 
Infektionsweg 
  • Ausscheidung über den Kot
  • Horizontale direkte oder indirekte Übertragung ⇒ orale (über den Schnabel) oder kloakale ("cloacal drinking") Infektion anderer Tiere
  • Meist akut, rasche Durchseuchung des Bestandes  
 
Klinischer Verlauf 
  • Blutig-schwärzlicher Durchfall v.a. bei jüngeren Tieren
  • Allgemeininfektion
  • Durch die Schwächung des Immunsystems kommt es meist zu bakteriellen Sekundärinfektionen
  • Erkrankte Tiere sind bei gutem Ernährungszustand stark geschwächt und versterben häufig innerhalb eines Tages
  • In Abhängigkeit der krankmachenden Eigenschaften des Erregers und des Alteres der Tiere können die Mortatlitätsraten bis zu 60% betragen
  • Im Alter von 8 - 11 Wochen werden auch Krankheitsverläufe beobachtet, bei denen das Virus selber zu keiner Symptomatik führt, dennoch wird eine Infektion des Darms mit bakteriellen Erregern begünstigt
 

Vorbeugende Maßnahmen

 
  • Optimales Hygiene-/ Betriebsmanagement 
  • Impfung in der 4. Lebenswoche
 
Behandlung 
  • Bei einer nachgewiesenen Infektion der Herde kann die unterstützende Gabe von Elektrolyten und Vitamin K sich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken
 

 

5.1.3 Parasitäre Infektion

Kokzidien

Bezeichnung der Erkrankung

 

Kokzidiose

Vorkommen

 

 
  • Weit verbreitete parasitäre Erkrankung
  • Erkrankung vor allem bei jüngeren und geschwächten Tieren
  • Tritt bei allen Altersstufen auf
 

1. Pute nimmt aus der Stallumwelt Kokzidien auf; keine sichtbare Symptome (subklinischer Verlauf)

2. Die infizierte Pute scheidet nichtinfektiöse Eier, sogenannte Oozysten, mit dem Kot aus.

3. In der Einstreu reifen die nicht infektiösen Oozysten bei ausreichender Feuchtigkeit zu infektiösen Oozysten heran. Man spricht von der Sporulation.

4. Sowohl das bereits infizierte Tier als auch weitere Puten aus der Herde, nehmen sporulierte und somit infektiöse Oozysten aus der Einstreu auf.

5. Die Kokzidien vermehren sich in der Darmschleimhaut und durchlaufen verschiedene Entwicklungsstadien, bis hin zu den nicht infektiösen Oozysten. Die Darmschleimhaut wird dadurch geschädigt.

6. Die nicht infektiösen Oozysten werden ausgeschieden und der Zyklus beginnt erneut. (siehe Punkt 2)

Bei wiederholten Zyklen entsteht eine klinische Kokzidiose. Die Tiere haben ein erhöhtes Wärmebedürfnis, sträuben das Gefieder und weisen deutliche Kotveränderungen auf. Bei massivem Befall kommt es zur erhöhter Sterblichkeit.

Infektionsweg 
  • Kontaminierter Staub, Kot, Wasser und Futter ⇒ orale Aufnahme (über den Schnabel)
  • Mit Kot ausgeschiedene Oozysten sind lange in der Umwelt überlebensfähig

 
Klinischer Verlauf 
  • Die Schwere der Symptome hängt von unterschiedlichen Faktoren ab:
    • je nachdem wie krankmachend der Stamm ist, wird die Darmschleimhaut unterschiedlich stark geschädigt
    • die Anzahl der aufgenommen Oozysten
    • die Immunitätslage der Pute
    • das Alter der Tiere
  • Häufig handelt es sich um Mischinfektionen
  • Ruhiges Verhalten
  • Gesträubtes Gefieder
  • Erhöhtes Wärmebedürfnis
  • Klagelaute
  • Flüssig, schleimiger Durchfall, kann orange bis braunschwarze Verfärbungen aufweisen
  • Akute Kokzidiosen begünstigen die Vermehrung von Clostridien im Darm
 

Vorbeugende Maßnahmen

 
  • Optimales Hygiene-/ Betriebsmanagement
 
Behandlung 
  • In der konventionellen Putenmast Einsatz von Kokzidiostatika als Futtermittelzusatzstoff
  • Ggf. zusätzliche antibiotische Behandlung in Hinblick auf begleitende Clostridien-Infektionen
  • Flankierende Maßnahme: Gabe von Multivitaminpräparaten
 

Histomonas meleagridis

Bezeichnung der Erkrankung

Histomonadose (Schwarzkopfkrankheit)

Vorkommen 
  • Besonders gefährdet sind Jungputen in Auslaufhaltung und Puten, die zusammen mit Hühnern gehalten werden
  • Auch in der konventionellen Putenhaltung treten immer wieder Fälle auf, bei denen die Eintragsquelle nicht identifiziert werden kann

 
Infektionsweg 
  • Durch Stapelwirte wie Regenwürmer oder Larven einer Spulwurmart (Stapelwirte sind Wirte, in denen sich Parasiten aufhalten und überleben, sich aber nicht vermehren)
  • Durch Schnecken, Fliegen und Käfer 
  • In bereits infizierten Herden erfolgt die weitere Infektion von Tier zu Tier über die Kloake
 
Klinischer Verlauf 
  • Befall mehrerer Organe
  • Klassische Symptome:
    • Gesträubtes Gefieder
    • Teilnahmslosigkeit
    • Erhöhtes Wärmebedürfnis
    • Schwefelgelber Durchfall
    • Teilweise Zyanosen (= dunkle Verfärbungen der Haut) am Kopf
  • Mortalität variiert, kann aber bei 80 – 100 % liegen
 

Vorbeugende Maßnahmen

 
  • Optimales Hygiene-/ Betriebsmanagement
  • Hühner und Puten nicht zusammenhalten!
  • Jungtiere und erwachsene Puten getrennt halten
  • Erhöhtes Risiko bei Tieren in Freilandhaltung
  • Auslauffläche regelmäßig wechseln, umpflügen und mit Branntkalk behandeln ⇒ Weitere Informationen zur Auslaufpflege
 
Behandlung 
  • Es stehen keine in der EU zugelassen Medikamente zur Verfügung
  • Behandlungsversuche mit pflanzlichen Extrakten wie z.B. Oreganosaft sind häufig nicht erfolgreich
  • Flankierende Maßnahmen: 
    • Stalltemperatur um ca. 2°C erhöhen, damit die Tiere nicht dicht beieinandersitzen
    • täglich einstreuen, um eine Verbreitung der Infektion über den Kot in der Herde zu verhindern
    • strenge Selektion aller auffälliger Tiere
 

 Cestoden / Nematoden

Bezeichnung der Erkrankung

Wurmbefall
Vorkommen 
  • Bei Freilandhaltungen können eher Infektionen mit Cestoden (Bandwürmern) oder Nematoden (Spulwürmern) auftreten
  • Bei reiner Stallhaltung werden diese Infektionen nicht beobachtet
  • Es spielen verschiedene Arten, eine Rolle, die zu ähnlichen Symptomen führen
 
Infektionsweg 
  • Direkte Aufnahme von Larvenstadien ⇒ orale Aufnahme (über den Schnabel)
  • Durch Stapelwirte wie Regenwürmer, Schnecken und Käfer (Stapelwirte sind Wirte, in denen sich Parasiten aufhalten und überleben, sich aber nicht vermehren)
 
Klinischer Verlauf 
  • Abhängig von der Befallstärke
  • Bei starkem Befall Durchfall
  • Eine Schädigung des Darmepithels kann zu Leistungseinbußen führen
 

Vorbeugende Maßnahmen

 
  • Optimales Hygiene-/ Betriebsmanagement 
  • Hühner und Puten nicht zusammenhalten!
  • Jungtiere und erwachsene Puten getrennt halten
  • Pfützen im Auslauf vermeiden
  • Zwischenwirte bekämpfen z.B. Käfer im Stall
  • Einstreu trocken halten
 
Behandlung 
  • Kontrolle des Infektionsstatus mittels Kotuntersuchungen (bei reiner Stallhaltung i.d.R. nicht erforderlich, nur bei konkretem Verdacht)
  • Bei starkem Befall Behandlung mit Antiparasitikum
 

5.1.4 Infektiöse Darmerkrankungen

Infektiöse Darmerkrankungen werden besonders häufig bei jungen Puten beobachtet. Unter dem Begriff infektiöse Darmerkrankung wird ein Krankheitsbild zusammengefasst, dass mit einer Vielzahl von

  • unterschiedlichen Viren (z.B. Coronaviren, Caliciviren, Reoviren, Rotaviren, Astroviren)
  • bakteriellen Erregern wie E.coli, Campylobacter, Clostridien
  • Protozoen wie Kokzidien und Cryptosporidien

in Verbindung gebracht wird.

Durch die Infektion mit einem oder mehreren Viren wird zunächst die Darmschleimhaut geschädigt, wodurch es zu einer Entzündung des Darmes kommt. Zudem begünstigt die Virusinfektion die Vermehrung von bakteriellen Erregern und somit eine sekundäre, bakterielle Infektion.

Hierbei kann es zu einer irreversiblen Schädigung der Darmzotten kommen, die sich langfristig negativ auf die Nährstoffaufnahme auswirkt. Als Folge davon kommt es zu:

  • einer schlechteren Futterverwertung
  • einer verminderten Leistungsfähigkeit der Tiere
  • einer schlechteren Uniformität der Herde

Damit sind die Erkrankungen nicht nur aus Sicht des Tierwohls, sondern auch aus ökonomischer Sicht von Bedeutung.

Krankheitsverlauf

Bei infektiösen Darmerkrankungen werden allgemein folgenden Symptome beobachtet:

  • Die Tiere sind ruhiger und haben ein erhöhtes Wärmebedürfnis.
  • Durchfall
  • Mögliches Dehydrieren der Tiere aufgrund von Durchfall
  • Vermindertes Wachstum, einhergehend mit einer reduzierten Gewichtsentwicklung
  • In manchen Fällen hohe Verluste → Bei Beteiligung von Coronaviren kann die Mortalität bei Jungputen im Alter von der ersten bis vierten Lebenswoche bis zu 50 % betragen.
Behandlung
  • Wenn die Tiere vermehrtes Wärmebedürfnis zeigen, sollte die Temperatur um 2 °C erhöht werden. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass dennoch eine ausreichende Versorgung mit Frischluft sichergestellt wird.
  • Faktoren, die für die Tiere mit Stress verbunden sind und somit das Immunsystem weiter schwächen könnten, sind zu vermeiden.
  • Bei Hinweisen auf bakterielle Sekundärinfektionen sollte eine antibiotische Behandlung durchgeführt werden.
  • Die Gabe von Pre- und Probiotika kann dazu beitragen, das geschädigte Darmmikrobiom wieder aufzubauen.

5.2 Nichtinfektiöse Ursachen

5.2.1 Fütterungsaspekte

5.2.1.1 Phasenfütterung

In der Putenhaltung hat sich eine mehrstufige Phasenfütterung durchgesetzt, um den Nährstoffbedarf der Tiere in den unterschiedlichen Entwicklungsphasen gerecht zu werden. Dabei sieht das Fütterungsprogramm in der konventionellen Putenmast für Putenhennen in der Regel fünf bis sechs Phasen vor, während bei Putenhähnen sechs oder mehr Phasen eingesetzt werden.

Im Unterschied dazu kommt in der ökologischen Putenhaltung in der Regel eine 3- bzw. 4-Phasenfütterung zum Einsatz. Teilweise werden Hennen und Hähne zusammen gemästet, so dass die Futterzusammensetzung nicht immer speziell auf die Hennen bzw. Hähne zugeschnitten ist, wie es in der konventionellen Mast der Fall ist.

Grundsätzlich sollten Fütterungsprogramme jedoch von den zeitlichen als auch den inhaltlichen Vorgaben als „dynamisches System“ verstanden werden. In Abhängigkeit von Gesundheits- und Leistungsstand der Tiere, aber auch in Hinblick auf die Witterung wie z. B. Hitze kann das Programm angepasst werden. Zwischenphasen ermöglichen dabei eine flexible Anpassung der Versorgung an die Bedürfnisse der Tiere. Voraussetzung für ein dynamisches Fütterungsprogramm ist die tägliche Überwachung des Futterverbrauchs und der Gewichtsentwicklung der Tiere.

5.2.1.2 Rationsgestaltung

Als Basis werden in der Putenfütterung Weizen, Mais und Soja eingesetzt. Bei der Gestaltung der Rationen gilt es zu beachten, dass nicht jede Futterkomponente in unbegrenztem Maße in das Futter eingemischt werden kann. Ebenso variiert die Verdaulichkeit der Futterkomponenten in Abhängigkeit vom Alter der Tiere.

5.2.1.3 Kohlenhydrate

Da Kohlenhydrate einer der Hauptbestandteile von Pflanzen sind, machen diese als Nährstoffe einen großen Anteil des Futters aus. Doch nicht alle pflanzlichen Kohlenhydrate können von der Pute verdaut werden. Während z.B. die Stärke in Getreide ein wichtiger Energielieferant für Puten ist, können andere Kohlenhydrate wie Cellulose oder Nicht-Stärke-Polysaccharide (NSP) von den Tieren nicht durch körpereigene Verdauungsenzyme aufgeschlossen werden. Stattdessen werden diese Kohlenhydrate im Blinddarm mit Hilfe von mikrobiellen Enzymen verdaut.

Hohe Gehalte an NSP führen jedoch dazu, dass die Viskosität des Nahrungsbreis im Darm ansteigt und dieser somit zähflüssiger wird. Die Verdaulichkeit des Futters wird vermindert. Zudem führt der eher klebrige, wasserhaltige Kot häufig zu schlechter Einstreuqualität und damit verbunden auch zu Gefiederverschmutzungen und einem vermehrten Auftreten von Fußballenentzündungen. Daher ist es ratsam NSP-spaltende Enzyme einzusetzen, um die Verdaulichkeit und die Futterverwertung zu verbessern.

5.2.1.4 Fette und Öle

Neben den Kohlenhydraten sind auch Fette und Öle wichtige Energielieferanten. Sie werden im Putenfutter dazu eingesetzt, den Gehalt an umsetzbarer Energie zu regulieren. Sollen Fette und Öle als Energiequelle genutzt werden, gilt es in Hinblick auf die Erhaltung einer guten Darmgesundheit folgende Punkte zu beachten:

Grundsätzlich ist eine hohe Qualität der eingesetzten Fette und Öle ausschlaggebend. Besonders bei Küken und jungen Puten kann die Verfütterung von ranzigen Fetten zu Verdauungsproblemen führen, die sich durch eine veränderte Kotkonsistenz bemerkbar machen. Auch zu hohe Anteile an gesättigten Fettsäuren werden von Küken und Jungtieren nicht gut vertragen.

Endmastmischungen dürfen daher nicht bei jungen Tieren eingesetzt werden!

Aber auch bei älteren Puten können Verdauungsstörungen auftreten, wenn Fette und Öle von unzureichender Qualität im Futter eingesetzt werden.

Die gute Qualität der Fette und Öle muss daher bei der Fütterung der Tiere aller Entwicklungsstufen sichergestellt werden!

Allgemein gilt es bei der Rationsgestaltung darauf zu achten, dass die eingesetzten Fette und Öle von den Tieren möglichst vollständig verdaut werden. Bei unzureichender Fettverdauung erschweren die hohen Fettanteile im Kot die Verdunstung der enthaltenen Wasseranteile.

Die Einstreu wird feucht!

5.2.1.5 Proteine und Aminosäuren

Die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Protein- und Aminosäureversorgung ist bei der Gestaltung der Rationen von besonderer Bedeutung. So unterscheiden sich in den unterschiedlichen Entwicklungsphasen die Ansprüche der Puten an die Protein- und Aminosäuregehalte in der Ration. Jungputen bilden verstärkt Muskel- und Knochensubstanz aus und haben somit einen relativ hohen Bedarf an Proteinen, Aminosäuren und Mineralstoffen. Mit zunehmendem Alter verändert sich jedoch die Körperzusammensetzung der Tiere, so dass die älteren Puten einen vermehrten Fettansatz aufweisen. Der Protein- und Aminosäuregehalt des Futters sollte daher entsprechend angepasst werden.

Zu geringe Protein- und Aminosäuregehalte im Futter können zu vermindertem Muskelzuwachs führen. Auch die Gefiederbildung kann hierdurch negativ beeinträchtigt werden. In der konventionellen Haltung von Mastputen ist es daher üblich, synthetische Aminosäuren zu supplementieren, um eine bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen. In der ökologischen Tierhaltung ist der Einsatz von synthetischen Aminosäuren jedoch nicht erlaubt. Hier muss der Proteinbedarf durch Einsatz unterschiedlichster proteinhaltiger Komponenten sichergestellt werden.

Zu hohe Proteingehalte im Futter sollten aus den folgenden Gründen vermieden werden:

Bei einem Proteinüberschuss müssen die Tiere größere Mengen an Proteinabbauprodukten in Form von Harnsäure ausscheiden. Die Bildung von Harnsäure erfolgt in der Leber und geht mit einem zusätzlichen Energieverbrauch für das Tier einher. Zudem benötigen die Puten mehr Wasser, um die Harnsäure über die Niere abgeben zu können. Als Folge nimmt die Wasseraufnahme zu. Dies spiegelt sich in einem erhöhten Wasser- / Futter-Verhältnis wider und kann die Entstehung von feuchter Einstreu und Ammoniakemissionen fördern.

Zudem können hohe Proteingehalte belastend für den Darm sein. So stellen Proteine eine Nährstoffquelle für Clostridien dar und begünstigen deren Vermehrung. Die Gabe von zu proteinreichem Futter kann somit eine Verschiebung des Darmgleichgewichtes (Dysbiose) nach sich ziehen.

Daher kann es sinnvoll sein, den Proteingehalt des Futters etwas niedriger zu wählen, um den Darm und den Stoffwechsel zu entlasten. Der Erfolg zeigt sich indirekt durch trockeneren Kot und ein verbessertes Stallklima, sowie durch eine bessere Fußballengesundheit.

5.2.1.6 Ausgewählte Antinutritive Faktoren

Antinutritive Faktoren sind im Futtermittel enthaltende Stoffe, die unabhängig vom Gehalt an verfügbaren Hauptnährstoffen, Vitaminen und Mineralstoffen negative Auswirkungen auf die Darmgesundheit haben können.

Auswahl an Antinutritiven Faktoren

Tannine

Tannine kommen z.B. in Ackerbohnen und Erbsen, aber auch in Getreidekörnen vor. Hinsichtlich der Höhe des Tanningehaltes zeigt sich hierbei ein ausgeprägter Sorteneinfluss.

Sie beeinträchtigen verstärkt die Proteinverdauung und nehmen zusätzlich Einfluss auf die Stärkeverdauung. Zudem schmecken Tannine in erhöhten Konzentrationen bitter.

Aufgrund dieser Gegebenheiten können erhöhte Tanningehalte sowohl zu einer Veränderung der Kotkonsistenz führen, als auch eine verminderte Futteraufnahme nach sich ziehen. Der Anteil an Leguminosen an der Gesamtration ist daher zu begrenzen.

Trypsininhibitoren

Das Enzym Trypsin hat die Funktion Proteine aus dem Futter aufzuspalten. Dieser Verdauungsvorgang kann durch sogenannte Trypsininhibitoren gehemmt werden. Trypsininhibitoren sind z.B. in Sojabohnen enthalten. Durch Erhitzen können diese jedoch inaktiviert werden.

Sojabohnen werden vor dem Einsatz im Futtermittel daher einem Prozess unterzogen, der als Toasten bezeichnet wird. Werden beim Toasten die erforderlichen Temperaturen nicht eingehalten, bleibt ein Teil der Trypsininhibitoren aktiv. In diesem Fall kann es trotz bedarfsgerechter und korrekter Deklaration des Protein- und Aminosäuregehaltes zu Durchfall in der Herde kommen.

Aber auch zu hohe Temperaturen sind beim Toasten zu vermeiden, da bei einer Überhitzung die Aminosäurenverdaulichkeit abnimmt und damit die N-Ausscheidung steigt (vgl. 5.2.1.5).

Durch die Limitierung von antinutritiven Stoffen in der Ration, kann das Risiko für Darmstörungen verringert werden (Tabelle 1).

Tabelle 1: Beispiel für Limitierungen bei der Komponentenauswahl für ein 6-Phasen-Futter (Quelle: Informationen zur Putenmast 2021, Moorgut Kartzfehn)
Futterphase P1 P2 P3 P4 P5 P6
Komponenten % % % % % %
Weizen 5 - 40 25 - 50 25 - 55 25 - 60 30 - 65 35 - 70
Weizennebenerzeugnisse 0 - 5 0 - 10 0 - 15 0 - 15 0 - 15 0 - 15
Mais 10 - 35 10 - 35 10 - 35 10 - 35 10 - 35 10 - 35
Maisnebenerzeugnisse - - - - 0 - 15 0 - 15
Triticale - - 0 - 10 0 - 10 0 - 15 0 - 15
Gerste - - - 0 - 5 0 - 10 0 - 10
pflanzliche Öle und Fette 1 - 4 1 - 4 2 - 6 2 - 7 2 - 7,5 2 - 8,5
Sojaextraktionsschrot dampferh. 30 - 55 25 - 50 20 - 45 10 - 40 5 - 30 2 - 25
Sojabohnen dampferh. 0 - 20 0 - 18 0 - 10 0 - 10 0 - 5 0 - 5
Leguminosen (Erbsen u. Bohnen) - - 0 - 5 0 - 8 0 - 10 0 - 15
Raps- und Sonnenblumenprodukte - - 0 - 5 0 - 5 0 - 7 0 - 10

5.2.1.7 Phytasen

Exkurs

Aus Umweltschutzgründen ist es erklärtes Ziel, den Stickstoff- und Phosphoreintrag über die Ausscheidungen von Nutztieren, und somit auch Puten, so gering wie möglich zu halten. Zudem ist mineralischer Phosphor eine endliche Rersource, weshalb der Einssatz in der Fütterung minimiert werden sollte. Zur Steigerung der Phosphor-Verdaulichkeit werden daher sogenannte Phytasen eingesetzt.

Ca. 50-80 % des in Getreide und Leguminosen enthaltenen Phosphors liegt als Phytin-P vor. Dieser kann vom Geflügel nur bedingt verwertet werden und wird daher zum Großteil wieder ausgeschieden. Auch wenn Phytin-P grundsätzlich keine negativen Auswirkungen auf die Darmgesundheit hat, ist es dennoch sinnvoll, dem Futter Enzyme zum Abbau von Phytin-P, sogenannte Phytasen, zuzusetzen. Diese ermöglichen die Nutzung des im Phytin-P enthaltenen Phosphors.

Zudem bildet Phytin-P im Darm schwerlösliche Verbindungen mit wichtigen im Futter enthaltenden Nährstoffen wie u.a. Calcium, Magnesium, Eisen und Zink. Auch Proteine bzw. Aminosäuren können gebunden werden, wodurch deren Verdaulichkeit sinkt. Durch den Einsatz von Phytasen wird Phytat gespalten, die Verdaulichkeit von Phosphor und weiteren Nährstoffen erhöht und somit die Verfügbarkeit für das Tier gesteigert. Dies ermöglicht eine Reduktion von mineralischem Phosphor in der Ration bei bedarfsgerechter Versorgung der Tiere. Die Ausscheidungen und der Anteil an mineralischem Phosphor in der Ration kann reduziert werden.

Dies sollte bei der Rationsgestaltung hinsichtlich der einzusetzenden Calcium- und Phosphormengen berücksichtigt werden.

Durch den Einsatz von Phytasen kann die Phosphorausscheidung um 25-50 % reduziert werden. Der Einsatz von Phytasen bietet somit sowohl aus Sicht der Tierernährung als auch des Umweltschutzes Vorteile. Jedoch ist der Einsatz von Phytasen in der ökologischen Tierhaltung derzeit nicht erlaubt.

5.2.1.8 Mykotoxine

Mykotoxine sind sekundäre Stoffwechselprodukte, die von Pilzen gebildet werden. Pilze vermehren sich besonders gut bei warmen und feuchten Bedingungen. Zudem spielt bei der Vermehrung eine Rolle, wieviel Pilzsporen sich in der Umgebungsluft befinden.

Es gibt unterschiedliche Arten von Pilzen, die im Hinblick auf die Belastung mit Mykotoxinen eine Rolle spielen. Je nach Art befallen die Pilze das Getreide bereits auf dem Feld oder zu einem späteren Zeitpunkt im Lager.

Das Verfüttern von mit Mykotoxinen belasteten Futtermitteln stellt im Hinblick auf die Tiergesundheit ein Risiko dar. Aus diesem Grund werden Futtermittel im Rahmen der Qualitätskontrolle schon im Futtermittelwerk auf mögliche Belastungen durch Mykotoxine untersucht.

Bei einer Getreide-Beifütterung sollte der Feuchtigkeitsgehalt des gelagerten Weizens kontrolliert werden, um einen Befall mit Pilzen zu vermeiden. Zudem kann der Einsatz von organischen Säuren dazu beitragen, der Vermehrung von Pilzen entgegenzuwirken.

Weitere Hinweise für eine gute Futterhygiene werden im Kapitel Futtermittelhygiene gegeben.

5.2.1.9 Futterstruktur

Unter dem Begriff Futterstruktur werden die Eigenschaften eines Futtermittels hinsichtlich seiner physikalischen Form und seinem Gehalt an Strukturstoffen zusammengefasst.

Im Hinblick auf die physikalische Form werden Aspekte wie die Vermahlungsintensität und damit die Partikelgrößenverteilung berücksichtigt. Dazu zählen aber z.B. auch die Darreichungsform als Pellet oder grobgeschrotetes Futtermittel.

Unter Strukturstoffen versteht man pflanzliche Gerüstsubstanzen wie z.B. Cellulose oder Lignin, die nicht von der Pute verdaut, von Mikroorganismen aber im Blinddarm verstoffwechselt werden können. 

Eine grobe Futterstruktur stimuliert die Entwicklung des Magen-Darm-Traktes. Ein Mangel an strukturreichem Futter hingegen führt zu einer verlangsamten Darmperistaltik. Dadurch wird das Futter weniger stark mit den Verdauungssäften vermischt.

5.2.1.10 Einfluss der Pelletqualität

Die Fütterung von Pellets beugt einem Entmischen vor und stellt somit sicher, dass die einzelnen Futterinhaltsstoffe bei jeder Futteraufnahme im richtigen Verhältnis aufgenommen werden.

Bei schlechter Qualität der Pellets bildet sich jedoch ein Mehlanteil, der sich in der Zusammensetzung der Nährstoffe vom eigentlichen Pellet unterscheidet. Hierbei besteht nicht nur das Risiko einer nicht bedarfsgerechten Nährstoffversorgung, in dem Mehlanteil können sich auch Zusatzstoffe wie Kokzidiostatika anreichern.

Puten reagieren empfindlich auf Veränderungen der Futterstruktur. Bei hohem Mehlanteil können reduziertes Wachstum, Darmstörungen und eine schlechtere Uniformität die Folge sein.

Faktoren, die vermehrten Abrieb und damit die Ausbildung eines höheren Mehlanteils im Futter begünstigen, sind unter anderem:

  • Die Qualität der Pelletpressung
  • Zu hoher Ausblasdruck
  • Zu geringe Zeit beim Befüllen des Silos
  • Lange Förderwege
  • Verwinkelte Zuleitungen
  • Zu geringer Durchmesser der Rohrleitungen
  • Verschlissene Rohrsysteme

5.2.1.11 Futterwechsel und -management

Futterwechsel und die damit einhergehenden wechselnden Nährstoffzusammensetzungen beeinflussen die Zusammensetzung des Mikrobioms. Um die Belastung für den Magen-Darm-Trakt zu minimieren und Verdauungsprobleme zu vermeiden, sollte der Übergang zwischen zwei Fütterungsphasen langsam erfolgen. Für einen schonenden Übergang von dem proteinreichen Aufzuchtfutter zu einem energiebetonten Mastfutter bietet sich z. B. die Fütterung eines Übergangsfutters (P2-3) bzw. das Verschneiden des Futters an.

Grundsätzlich gilt es zu beachten, dass längere Unterbrechungen in der Futterversorgung zu erheblichem Stress führen, der unter anderem das Auftreten von dünnflüssigem Kot nach sich ziehen kann. Im Rahmen des Fütterungsmanagements gilt es daher sicherzustellen, dass den Tieren immer ausreichend Futter zur Verfügung steht und mögliche technische Probleme bei der Futterbereitstellung frühzeitig entdeckt und beseitigt werden können.

Zudem sollte die Umstallung, die für die Tiere auch mit Stress verbunden ist, nicht zeitgleich mit einem Futterwechsel erfolgen. Hier gilt es betriebsindividuelle Lösungen zu finden, um die Belastung für die Tiere soweit wie möglich zu minimieren.

5.2.1.12 Getreidebeifütterung

Die Aufnahme von ganzen Weizenkörnern fördert die Magen-Darm-Entwicklung der Tiere. Sie fördert die Entwicklung von Kropf und Muskelmagen. Der Muskelmagen weist eine höhere muskuläre Aktivität auf und die Sekretion von Salzsäure im Drüsenmagen wird stimuliert, so dass der pH-Wert im Drüsenmagen absinkt. Die längere Verweildauer des Futterbreis, sowie der niedrigere pH-Wert im Magen wirkt sich positiv auf den Keimgehalt des Mageninhaltes aus. Zudem kann sich die Gabe von ganzen Weizenkörnern auch positiv auf die Zusammensetzung der Darmflora und damit verbunden die Darmgesundheit auswirken. 

In der konventionellen und ökologischen Putenhaltung können sich die Fütterungskonzepte hinsichtlich der Getreidebeifütterung stark unterscheiden. Es empfiehlt sich daher im Vorfeld die eingesetzten Mengen mit einem Fütterungsberater abzustimmen.

Grundsätzlich sind folgende Punkte bei der Getreidebeifütterung zu beachten:

  • Durch die Zufütterung von Weizen wird die Nährstoffdichte im Futter reduziert. Dies kann sich negativ auf den Vitamin- und Mineralstoffhaushalt und somit auch auf die Leistung der Tiere auswirken.
  • Bei vermehrtem Einsatz von Weizen ist zu empfehlen, dass das Ergänzungsfutter NSP-spaltende Enzyme enthält. Diese sind in der ökologischen Tierhaltung jedoch nicht erlaubt.
  • Den Tieren muss ausreichend Grit zur Verfügung gestellt werden, damit die Getreidekörner im Muskelmagen für den weiteren Verdauungsprozess ausreichend zerkleinert werden können.
  • Es ist zu beachten, dass das eingesetzte Getreide hygienisch einwandfrei ist.

5.2.1.13 Gritfütterung

Die Aufnahme von Gritsteinchen fördert die Zerkleinerung von groben Futterbestandteilen im Muskelmagen und ist daher besonders bei der Beifütterung von Getreide erforderlich. Hierzu werden den Tieren unlösliche Steinchen wie z.B. in Form von Quarzgrit zur Verfügung gestellt. Nicht geeignet ist hingegen Muschelschalengrit. Dieser stellt zwar eine zusätzliche Calcium-Quelle für die Puten dar, löst sich allerdings im Magen auf und verliert somit nach kurzer Zeit seine unterstützende Wirkung für die Verdauung.

Bei der Wahl des Grits muss das Alter der Tiere beachtet werden, so können mit zunehmendem Alter Steinchen mit größerem Durchmesser angeboten werden. Mindestens drei Wochen vor der Schlachtung muss die Gritgabe eingestellt werden, damit die Mägen im Schlachtprozess steinfrei sind.

Tabelle 2: Gabe der Gritsteinchen in Abhängigkeit vom Alter der Tiere (Quelle: Informationen zur Putenmast 2021, Kartzfehn)

Alter der Tiere (Wochen)Größe der Steinchen (mm)Häufigkeit der Gabe 
2-31-21-2 x pro Woche
4-122-41-3 x pro Woche
13-16/17 (Hähne)4-61-3 x pro Woche
3 Wochen vor der SchlachtungGabe von Grit einstelle

Grit sollte nicht zur freien Verfügung angeboten werden. Beobachtungen haben gezeigt, dass Einzeltiere bevorzugt aus mit Grit befüllten Trögen fressen. Stattdessen sollte eine regelmäßige Gabe des Grits in die Futterschale erfolgen. Hierbei wird empfohlen mehrmals pro Woche (siehe Tabelle 2) eine Hand voll Grit in jede Futterschale zu geben.

Ein Indikator für Magen-Darm-Erkrankungen kann das Fressen von Einstreu sein. Bei Aufnahme faseriger Einstreu kann es zur Ausbildung von Einstreuwickeln kommen, die wiederum Magenverstopfungen nach sich ziehen können. Die Gabe von Grit kann der Bildung von Einstreuwickeln entgegenwirken und ist daher auch empfehlenswert, sobald das Fressen von Einstreu beobachtet wird.

5.2.1.14 Fütterung in der Aufzucht

Nach Einstallung benötigen die Küken schnell Zugang zu Futter und Wasser. Denn mit der Aufnahme des ersten Futters beginnt der Aufbau des Darmmikrobioms. Zudem wird durch die Futteraufnahme die weitere Ausbildung des Magen-Darm-Traktes gefördert.

Für eine optimale Entwicklung ist es wichtig, dass die Putenküken in den ersten Tagen besonders viel Futter aufnehmen. Jedoch fressen die Tiere in diesem Zeitfenster direkt nach dem Schlupf eher zögerlich. Daher sollten die Küken zur Futteraufnahme angeregt werden. Hierzu bieten sich z.B. die folgenden Maßnahmen an: 

  • regelmäßiges Nachfüllen der Futtertröge mit frischem Futter
  • Haferflocken anbieten
  • geringe Mengen von Hagelzucker über das Futter streuen
  • häufiges durch den Stall gehen, um die Küken zum Aufstehen und somit auch zur Futteraufnahme zu animieren

Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass die Pellets nicht zu groß oder zu hart sind, da die Küken diese sonst nicht schlucken können. Junge Puten reagieren insgesamt empfindlich auf Veränderungen in der Futterstruktur, eine gleichbleibend gute Pelletqualität ist daher sicherzustellen. Zu feines Futtermehl ist regelmäßig zu entfernen, da die Küken bei zu feiner und staubiger Konsistenz ggf. nicht genügend Futter aufnehmen.

Wie bereits in Kapitel 5.2.1.11 Futterwechsel und -management angeführt, sollte ein Futterwechsel nicht gleichzeitig mit der Umstallung in den Maststall erfolgen, da der Stress der Umstallung sich bereits negativ auf die Darmstabilität auswirken kann.

5.2.1.15 Futtermittelhygiene

Hygienemängel im Futter können Verdauungsprobleme auslösen und insgesamt die Tiergesundheit negativ beeinflussen. Sie können mit einer verminderter Futterakzeptanz einhergehen, aber auch zu Infektionen und Intoxikationen führen. Eine regelmäßige Beurteilung des Hygienestatus des Futters ist daher sinnvoll. Grundsätzlich sollte eine Eingangskontrolle bei der Futterlieferung durchgeführt werden. Es empfiehlt sich hierzu eine visuelle und sensorische Sinnesprüfung durchzuführen (siehe Tabelle 3).   

Tabelle 3: Beurteilung des Hygienestatus von Pellets (angepasst nach Kamphues et al. 2009)

 1 farbliche Abweichungen können aber auch in Verbindung mit dem Ausgangsrohstoff stehen oder auf Schwankungen im Herstellungsprozess zurückzuführen sein

2 auf versehentliche Beimischung von Pellets für andere Tierarten zurückzuführen

ParameterEinwandfreies FutterHygienisch bedenkliches Futter
Griff 
  • Trocken
 
 
  • Feucht
  • Warm
  • Verbackungen
 
Geruch 
  • Unspezifisch aromatisch
 
 
  • Schimmelig-hefig (Hefeverderb)
  • Süßlich (Milbenverderb)
  • Ranzig (Fettverderb)
  • Faulig / kadaverös (Proteinverderb)
 
Geschmack 
  • Mehlig aromatisch
 
 
  • Kratzig, brenzlig (Futterverderb)
 
Aussehen

 

 

Struktur 
  • Geschlossenes, homogen geformtes Pellet
 
 
  • Gasbildung in der Verpackung der Futterprobe
  • Strukturverlust der Pellets
  • Risse im Pellet
 
Farbe 
  • Einheitliche Farbe (beige - braun)
 
 
  • Grau, dunkelbraun und schwarz gefleckt (Schwärzepilz)1
 
Verunreinigung 
  • Keine
 
 
  • Unterschiedlich große Pellets2
  • Pelletgröße passt nicht zur Phase
  • Insekten und Nagerkot
 
Pelletabrieb 
  • Geringe, grobe Struktur beim Einweichen
 
 
  • Hoher Staubanteil, sehr feine Struktur beim Einweichen
 

Grundvoraussetzung zur Vermeidung von Futterverderb ist eine saubere, trockene Lagerung des Futters. Wichtig hierbei ist, durch eine ausreichende Belüftung die Bildung von Kondenswasser zu vermeiden. Zusätzlich kann die Behandlung des Futters mit Stabilisatoren wie Propionsäuren die Vermehrung von Keimen im Futter verringern und somit zu einer guten Futtermittelhygiene beitragen.

Im Hinblick auf die Reinigung und Desinfektion der Fütterungsanlage sind folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Eine Reinigung und Desinfektion der Futtersilos sollte mindestens 1x im Jahr erfolgen. Dabei müssen nicht nur die Siloinnenwände, sondern auch Abluftrohre, Befüllrohre und Futteraufnahmetechnik berücksichtigt werden. (Zugangsöffnungen an den Silos ermöglichen eine optische Kontrolle, so dass der Tierhalter leichter erkennen kann, wann eine erneute Siloreinigung zu erfolgen hat.)
  • Vor der erneuten Befüllung muss der Silo vollständig abgetrocknet sein.
  •  Förderanlagen und Antriebsstationen sollten mindestens 1x pro Jahr gereinigt werden, da alte Futterreste auch schnell verschimmeln können oder Schädlinge anlocken.
  • Bei Reinigung und Desinfektion in der Serviceperiode sollten zudem die Futterschalen generell geöffnet sein, um Futterreste und Schmutz vollständig zu entfernen.

Hinweis

Durch eine regelmäßige Reinigung und Desinfektion wird der Entstehung von hartnäckigen Ablagerungen und der daraus resultierenden Schimmelbildung entgegengewirkt.

5.2.2 Tränkwasserqualität

Wasser ist nahezu an allen physiologischen Stoffwechselprozessen im Körper beteiligt und hat daher eine sehr große Bedeutung für die Tiergesundheit. Darum ist ein ausreichendes Wasserangebot in geeigneter Qualität ein wichtiger Faktor, für das Wohl der Pute. Besonders junge Puten reagieren empfindlich auf eine schlechte Wasserqualität, da sie noch über kein stabiles Darmmikrobiom verfügen.

Die Wasseraufnahme ist am Anfang der Mast etwa doppelt so hoch wie die Futteraufnahme und weist im Mastverlauf eine abnehmende Tendenz auf. Allerdings gibt es mehrere Faktoren, die die Höhe des Wasserverbrauchs beeinflussen:

  • Futtermischung
  • Leistungsstand (Alter) der Tiere
  • Umgebungstemperatur
  • Luftfeuchtigkeit
  • Gesundheitszustand

 

Ein über mehrere Tage verschobenes Futter-Wasser-Verhältnis kann ein Indikator für gesundheitliche Probleme einer Herde sein. Daher ist es unabdingbar den Wasserverbrauch, die Höhe der Tränken und Tränkelinien, sowie deren einwandfreie Funktionsfähigkeit täglich zu kontrollieren.

Ein Tränkwassercheck, wie er vergleichbar von der Initiative Tierwohl (ITW) gefordert wird, sollte 1x pro Jahr durchgeführt werden. Nähere Informationen erhalten Sie unter: 2021-07-21_Handbuch-Kriterienkatalog-ITW-Gefluegel-1.pdf 

Allgemeine Anforderungen an die Tränkewasserqualität

Für die Sicherstellung einer ausreichenden Wasseraufnahme und der Tiergesundheit sollte das Tränkewasser die in Tabelle 4 angeführten Anforderungen erfüllen.

implizieren allgemein auch eine entsprechende sensorische Qualität (z.B. Trübung, Fremdgeruch)

2 z.B. auch bei Applikationen von Arzneimitteln, bestimmte Futtermittelzusatzstoffen, etc. 

Tabelle 4: Allgemeine Anforderungen an die Qualität von Tränkwasser (Quelle: Orientierungsrahmen des BMEL)

Anforderungen¹Erläuterungen/Bedeutung
Schmackhaftigkeit

Voraussetzung für eine ausreichende Wasseraufnahme (=Voraussetzung für adäquate Trockensubstanz-Aufnahme)

Verträglichkeit

Inhaltsstoffe und/oder unerwünschte Stoffe nur in einer für die Tiere bzw. die von ihnen gewonnenen Lebensmittel nicht schädlichen bzw. nachteiligen Konzentration

Verwendbarkeit

Keine nachteiligen Effekte auf die bauliche Substanz (z.B. Verstopfungsgefahr im Tränkesystem durch hohe Calcium- oder Eisen-Gehalte) sowie bei Nutzung² des Wassers zur Zubereitung des Futters

 

Biologische Qualität

In Hinblick auf die Biologische Qualität des Wassers gilt es die folgenden Kriterien zu beachten:

  • Das Wasser sollte frei von Krankheitserregern (z.B. Salmonellen, Campylobacter, E.coli) sein
  • Die ideale Gesamtkeimzahl an aeroben Keimen liegt im Bereich 1.000 KBE/ml bei 37°C und 10.000 KBE/ml bei 20 °C.

Auch wenn die Gesamtkeimzahl keine Information über die Art der Bakterien gibt, ist sie als Hinweis zu verstehen, dass das Wasser verschmutzt ist und somit ein höheres Infektionsrisiko für die Tiere besteht. In Hinblick auf die Sicherstellung der Tiergesundheit ist daher eine möglichst geringe Gesamtkeimzahl im Tränkewasser anzustreben.

Chemisch und physiko-chemische Qualität

In der folgenden Auflistung wird nur ein Teil der chemischen und physiko-chemischen Qualitätskriterien vorgestellt, eine vollständige Übersicht erhalten Sie beim BMEL.

 
pH-Wert 
  • Der pH-Wert sollte in unbehandeltem Tränkwasser bei > 5 und < 9 liegen.
  • Werte, die sich außerhalb des Orientierungsrahmens befinden, können sich negativ auf die Wasseraufnahme auswirken.
  • Die Wirksamkeit von eingesetzten Medikamenten und Chlorierungen können durch abweichende pH-Werte negativ beeinflusst werden.
  • Bei pH-Werten < 5 besteht das Risiko, dass die Metallteile der Tränketechnik schneller korrodieren.
  • Eine Ansäuerung des Wassers kann dennoch in Hinblick auf die Förderung der Darmgesundheit sinnvoll sein, siehe Kapitel 6.3 Organische Säuren.
 
Elektrische Leitfähigkeit 
  • Die elektrische Leitfähigkeit des Wassers wird durch die Anzahl der gelösten Ionen im Wasser bestimmt.
  • Eine hohe elektrische Leitfähigkeit kann ein Hinweis für hohe Natrium-, Kalium- und Chlorid- Einträge sein, die z.B. durch Verschmutzungen des Wassers mit Kot und Harn entstehen können.
  • Die elektrische Leitfähigkeit sollte bei einem Wert von < 3000 µS/cm liegen.
  • Höhere Werte können zu einer veränderten Kotkonsistenz führen. Zudem verändert sich die Schmackhaftigkeit des Wassers.
 
Wasserhärte 
  • Die Wasserhärte (°dH) gibt den Gehalt von Calcium- und Magnesiumionen im Tränkewasser an.
  • Ein hoher Mineralstoffgehalt im Wasser begünstigt die Entstehung von Kalkablagerungen in den Leitungen, ebenso wie die Entstehung von Biofilmen.
  • Die Wirkung von Medikamenten kann bei einem hohen Mineralstoffgehalt negativ beeinflusst werden.
  • Bei zu hohen Mineralstoffgehalten ist daher zu empfehlen eine Enthärtungsanlage vorzuschalten.
  • Laut Orientierungsrahmen des BMEL sollte der Calciumgehalt im Wasser < 500 mg/l betragen, um Kalkablagerungen in den Rohrleitungen zu vermeiden. Für eine vollständige Betrachtung sollte jedoch auch immer die Konzentration an Magnesiumionen berücksichtigt werden. Hierzu werden seitens des BMEL jedoch keine Angaben im Orientierungsrahmen gemacht.
 

 

Tabelle 5: Chemische Orientierungswerte zur Sicherstellung einer guten Tränkewasserqualität und ihr Einfluss auf die Tiergesundheit
ParameterOrientierungswert für die Eignung als TränkwasserMögliche negative Einflüsse auf die Tiergesundheit und / oder Tränketechnik
Natrium und Chlorid 
  • <250 mg/l 
 
 
  • Zu hohe Konzentrationen im Tränkwasser führen zu feuchtem Kot.
 

Nitrat und Nitrit

 
  • Nitrit < 30 mg/l
  • Nitrat < 200 mg/l
 
 
  • Bereits geringere Nitrit-Konzentrationen von ca. 10 mg/l können sich negativ auf die Leistung durch vermindertes Wachstum und eine geringere Futteraufnahme auswirken.
 
Eisen und Mangan 
  • Eisen < 3 mg/l
  • Mangan < 4 mg/l
 
 
  • Erhöhte Eisen- und Mangangehalte können zu schlechteren Leistungen führen.
  • Bei hohen Eisen- und Mangankonzentrationen erhält das Wasser einen bitteren und metallischen Geschmack.
  • Hohe Eisen- und Mangangehalte führen zu vermehrten Ablagerungen in den Rohrsystemen und fördern die Entstehung von Biofilm.
  • Bei zu hohen Eisengehalten ist zu empfehlen eine Wasserenteisungsanlage vorzuschalten.
 

Sulfat

 
  • < 500 mg/l 
 
 
  • Höhere Konzentration wirkt sich negativ auf die Verdauung der Tiere aus
 

 

5.2.2.1 Tränkewasserhygiene - Reinigung und Desinfektion

Für eine optimale Reinigung des Tränkewassersystems empfiehlt es sich, mechanische und chemische Reinigungsverfahren miteinander zu kombinieren.

Bei der mechanischen Reinigung können z. B. die im Folgenden angeführten Verfahren zum Einsatz kommen:

  • Spüleinrichtungen
  • Spülschwämme
  • Ultraschall und Luftdruck

Bei der sich anschließenden chemischen Reinigung sollten saure und alkalische Reiniger nacheinander eingesetzt werden.   

Die beiden Reiniger haben unterschiedliche Funktionen:

  • Alkalische Reiniger, wie sie z.B. auch bei Melkmaschinen eingesetzt werden, entfernen Fette und Eiweiße.
  • Saure Reiniger hingegen lösen Calcium- und Eisenablagerungen im Rohrsystem.

Da sich die erforderlichen Einwirkzeiten von Produkt zu Produkt unterscheiden, muss die Durchführung in Abhängigkeit von der Produktbeschreibung erfolgen.

Nach erfolgter Reinigung sollte der Reinigungserfolg visuell kontrolliert werden. Bei ausreichender Spülung sollte das Wasser klar sein und keine Schwebteile aus Ablagerungen (Biofilmen) mehr enthalten. Zusätzlich kann der Reinigungserfolg auch mit Hilfe eines Endoskops beurteilt werden.

Grundsätzlich muss das gesamte System auf Sauberkeit kontrolliert werden. Dazu zählt auch die Kontrolle von:

  • Nebenleitungen
  • Abzweigungen
  • Ventilen
  • Filtersystemen

Ist ein Reinigungserfolg nicht mehr zu gewährleisten, ist der komplette Austausch des Systems ratsam.

Selbst bei gründlicher Reinigung ist nicht sichergestellt, dass ein in der Leitung befindlicher Biofilm vollständig entfernt wurde. Daher muss an die Reinigung eine zusätzliche Desinfektion angeschlossen werden.

Hierbei ist die gründliche Reinigung im Vorfeld jedoch eine wichtige Voraussetzung für die sich anschließende Desinfektion. So gilt der Grundsatz: „Schmutz lässt sich nicht desinfizieren!“ Bei unzureichender Reinigung führen verbleibende Schmutzpartikel in der Leitung dazu, dass sich das Desinfektionsmittel schneller verbraucht und nicht ausreichend wirken kann. Man spricht hierbei vom sogenannten Eiweißfehler.  

Bei der Wahl des Desinfektionsmittels ist darauf zu achten, dass das Produkt in der DVG-Desinfektionsmittelliste für den Einsatz in der Tierhaltung gelistet ist.

Hinweis

Vor Neubelegung gilt es, dass Tränkesystem ausreichend zu spülen, um die Gesundheit der Tiere nicht durch Rückstände zu gefährden.

Exkurs: Einfluss der Wassertemperatur

Die Temperatur hat einen großen Einfluss auf den Bakteriengehalt des Tränkewassers. Mit steigender Wassertemperatur nimmt auch die Vermehrung von Bakterien wie E. coli im Tränkewasser zu. Bereits innerhalb eines Zeitraums von mehreren Stunden können sich Biofilme in den Leitungen ausbilden. Grundsätzlich gilt es daher, stehendes Wasser und einen damit verbundenen Anstieg der Wassertemperatur in den Leitungen zu vermeiden. 

Auch in toten Leitungsenden steht das Wasser. Sie stellen somit eine stetige Kontaminationsquelle dar und sollten vermieden werden.

Besonders in den ersten Lebenswochen wird empfohlen, die Wasserleitungen mehrmals täglich zu spülen, da die Stalltemperatur in dieser Lebensphase hoch ist und die Küken verhältnismäßig wenig Wasser aufnehmen. 

5.2.2.2 Tränkewasserhygiene - Hygiene im belegten Stall

Spülung

Durch einen erhöhten Durchfluss kann die Wassertemperatur in dem Leitungssystem niedrig gehalten werden. Die Vermehrung von Bakterien wird dadurch verlangsamt. Ein mehrmals täglich durchzuführendes Spülen der Leitungen ist daher zu empfehlen.

Hilfreich sind hierbei vollautomatische Spülsysteme, die die Tränken in Abständen von 1-3 Stunden spülen und überschüssiges Wasser in Tanks überführen.

Beim Spülen ist zu beachten, dass das Futter-Wasserverhältnis sich aufgrund des erhöhten Wasserverbrauchs stark verändert. Um die Wasseraufnahme zu ermitteln und als Indikator nutzen zu können, sollte daher auch immer die Menge des Spülwassers, wenn möglich, erfasst oder abgeschätzt werden.

Chlorierung des Wassers

Natriumhypochlorid kann dem Wasser auch im laufenden Durchgang als Desinfektionsmittel zugesetzt werden. Es weist bei saurem pH-Wert eine bessere Wirksamkeit auf und wird daher in Kombination mit organischen Säuren eingesetzt.

Jedoch kann beim Einsatz von Natriumhypochlorid in Verbindung mit Säuren Chlorgas freigesetzt werden, das strak schleimhautreizend ist. Aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen sind Tierhalter daher angehalten, sich im Vorfeld genau über die sachgemäße Anwendung zu informieren.

Die Wirksamkeit der Desinfektion kann über die Bestimmung des Oxidations-Reduktionspotentials (ORP) im Wasser überprüft werden. Hierfür kommen preiswerte Handmessgeräte zum Einsatz.

Die Messungen sollten sowohl vorne wie auch hinten im Stall durchgeführt werden, um die Wirkung im gesamten Stall zu überprüfen.

Niedrige ORP-Werte von 250 mV weisen auf eine hohe organische Belastung des Wassers hin. Ziel ist es, einen Wert zwischen 650 und 800 mV zu erreichen.

Bei einem ORP-Wert von 650 mV werden Bakterien effektiv abgetötet und somit der Keimansammlung im Tränkewassersystem entgegengewirkt.

Das System bedarf jedoch einer ständigen Überwachung. Vollautomatische Dosierungssysteme können den Einsatz daher vereinfachen und eine regelmäßige Anwendung sicherstellen.

Hinweis

Bei Verabreichung von Impfungen und Medikamenten muss die Wasser-Hygienisierung für mindestens 24 Stunden ausgesetzt werden!

Waschen der Tränke 

Durch regelmäßiges Waschen der Tränken kann zudem sichergestellt werden, dass das Wasser nach Verlassen der Leitung nicht verschmutzt. Wichtig ist, zu beachten, dass das Waschwasser hierbei nicht in die Einstreu gelangt, um die Entstehung von feuchter Einstreu zu vermeiden.

5.2.3 Stallklima

Auch Abweichungen beim Stallklima können sich negativ auf die Tiergesundheit auswirken und zu einer verminderten Leistung führen. In Hinblick auf das Stallklima können z.B. die im Folgenden aufgeführten Faktoren eine Belastung für die Tiere darstellen:

  • zu hohe Schadgaskonzentrationen
  • zu niedrige als auch zu hohe Umgebungstemperaturen
  • eine zu niedrige oder zu hohe Durchlüftungsrate
  • eine zu hohe Luftfeuchtigkeit, die eine effiziente Thermoregulation erschwert
  • eine zu niedrige Luftfeuchtigkeit, die zu vermehrter Staubbelastung im Stall führt

Jegliche Form der Belastung, die einen Stressfaktor für die Tiere darstellt, kann zu einer erhöhten Ausscheidungsfrequenz und Veränderungen der Kotkonsistenz führen. Als Folge kann es zur Ausbildung einer Dysbakteriose kommen. Zudem können auch die Atemwege durch ein ungünstiges Stallklima angegriffen werden.

Temperatur

Küken sind in den ersten Lebenstagen sehr empfindlich, so dass die Sicherstellung der richtigen Umgebungstemperatur in diesem Zeitfenster von besonderer Bedeutung ist. Sowohl eine zu geringe als auch eine zu hohe Temperatur im Stall stellen eine Belastung für die Küken dar, wirken sich auf deren Futteraufnahme aus und können somit auch die Darmgesundheit beeinflussen. Zumal Küken zunächst nicht in der Lage sind, ihre Körpertemperatur selber zu regulieren. Daher muss bei Einstallung für eine warme Umgebung gesorgt werden, damit ein Auskühlen der Küken verhindert wird (Tab. 6).

Weiterhin gilt es zu beachten, dass auch Zugluft zum Auskühlen der Küken beiträgt. Daher muss diese ebenso in Höhe der Küken vermieden werden. Die empfohlene Luftgeschwindigkeit im Tierbereich beträgt < 0,1 m/sec.

Die Tierverteilung (siehe Abb. 9) ist ein guter Indikator für die richtige Temperatureinstellung im Stall. Dabei ist die Haufenbildung ein Hinweis für Kälte und Zugluft. Zudem können im Stall häufig auch klagende Lautäußerungen vernommen werden, wenn das Stallklima den Bedürfnissen der Tiere nicht gerecht wird.


 

Puten können im Gegensatz zu anderen Tieren nicht schwitzen. Die Wärmeabgabe erfolgt stattdessen unter anderem über das Hecheln. Zu hohe Temperaturen sind zum einen dadurch zu erkennen, dass die Küken stark hecheln. Zudem bewegen sich die Küken bei zu hohen Temperaturen im Stall deutlich weniger.  

Weitere Informationen zur Sicherstellung der richtigen Temperatur in der Aufzucht in Abhängigkeit vom gewählten Aufzuchtsystem:

Informationen zur Putenmast

Tabelle 6: Richtwerte für die Stalltemperatur in der Aufzucht (Quelle: Informationen zur Putenmast 2021, Moorgut Kartzfehn)

AlterUnter dem Aufzuchtstrahler [°C]Umgebungstemperatur [°C]In ringfreier Aufzucht [°C]
Tag 140 36 - 37
Tag 2 40 35 - 36
Tag 339 - 40 34 - 35
Tag 4 - 738 - 40 Täglich Temperatur um 1 °C senken

Woche 2

 27 - 28

27 - 28

Woche 3

 25 - 2625 - 26

Woche 4

 23 - 2423 - 24
Woche 5 21 - 2221 - 22

Auch in der Mast gilt es sowohl ein Auskühlen durch Zugluft, als auch das Auftreten von Hitzestress zu vermeiden, um die Gesundheit der Tiere sicherzustellen.

Dabei kommt dem Thema Hitzestress in der Mast mehr Bedeutung zu. So steigt die Stoffwechselaktivität des Körpers bei Puten mit zunehmendem Alter an. Die Tiere produzieren dadurch mehr Wärme, die abgegeben werden muss.

Hitzestress allein ist schon ein Faktor, der zu Veränderungen der Kotkonsistenz führen kann. Zusätzlich nehmen die Tiere durch den Hitzestress weniger Futter auf. Bei zu hohen Temperaturen im Stall kann es daher in Verbindung mit Hitzestress zur Ausbildung einer Dysbakteriose kommen.

Um besonders in warmen Sommermonaten Hitzestress zu vermeiden, können unterschiedliche Maßnahmen ergriffen werden, um den Tieren die Thermoregulation zu erleichtern. Einen Überblick hierzu bietet z.B. das niedersächsische Merkblatt zur Vermeidung von Hitzestress.

Auch in der Mast kann man anhand des Tierverhaltens erkennen, ob die Umgebungstemperatur im Stall den Bedürfnissen der Tiere entspricht. Bei zu hohen Temperaturen, sieht man bei den Tieren, wie bereits für die Aufzucht angeführt, vermehrtes Hecheln. Zusätzlich spreizen die Tiere die Flügel vom Körper ab, um die überschüssige Wärme besser über die Körperoberfläche abgeben zu können (siehe Abbildung 10).

Die Richtwerte für die Stalltemperatur variieren in Abhängigkeit vom Alter der Tiere und können der Tabelle 7 entnommen werden.

Tabelle 7: Richtwerte für die Stalltemperatur in der Mast (Quelle: angepasst nach Informationen zur Putenmast)
AlterUmgebungstemperatur (°C)
Woche 620-21
Woche 719-20
Woche 818-19
Woche 917-18
Woche 10 bis zur Ausstallung10-17

 

Licht

Auch der Faktor Licht ist in der Aufzucht von Bedeutung, um von Beginn an optimale Bedingungen für eine gute Darmentwicklung und Darmgesundheit zu schaffen.

Durch eine gute Ausleuchtung kann sichergestellt werden, dass die Küken das Futter- und Wasserangebot leicht finden. Die frühzeitige und ausreichende Futteraufnahme stimuliert die Entwicklung und Besiedlung des Darms.

Zudem wird durch eine gute Ausleuchtung in den ersten Lebenstagen eine starke Schattenbildung vermieden. Schattenplätze werden sonst von den Tieren bevorzugt als Ruhezonen aufgesucht, bergen aber die Gefahr, dass die Küken dort auskühlen.

Die Wahl des richtigen Lichtprogramms kann des Weiteren dazu beitragen, den Stress für die Küken kurz nach Einstallung zu reduzieren. So helfen intermittierende Lichtprogramme dabei, die Ruhe- und Aktivitätsphasen der Küken zu synchronisieren, so dass alle Tiere gleichzeitig ruhen.

Der Einsatz von fließenden Übergängen von der Hell- zur Dunkelphase kann zusätzlich den Stress für die Tiere vermindern. Daher sollten Kunstlichtquellen dimmbar sein. Um flackerfreies Licht zu gewährleisten, sollten zudem künstlichen Lichtquellen mit einer Frequenz von mindestens 160 Hz zum Einsatz kommen.

Weitere Informationen zur Beleuchtungstechnik im Geflügelstall (DLG Merkblatt 438)

5.2.4 Einstreumanagement und -hygiene

Ziel eines guten Einstreumanagements ist es grundsätzlich, die Einstreu trocken zu halten. Auch bei erhöhtem Feuchtigkeitseintrag, der in Verbindung mit schlechter Darmgesundheit eintritt, ist es erklärtes Ziel, die Einstreu trocken zu halten, da feuchte Einstreu sich aus mehreren Gründen negativ auf die Tiergesundheit auswirkt:

  • Sie bietet Keimen einen guten Nährboden.
  • Feuchte Einstreu begünstigt das Auskühlen der Tiere.
  • Sie erhöht das Risiko für das Auftreten von Fußballenveränderungen.
  • Durch die vermehrte Freisetzung von Ammoniak steigt das Risiko für die Ausbildung von Atemwegserkrankungen.

Im Krankheitsfall ist die Erhöhung der Einstreuintensität daher ein sehr wirkungsvoller Ansatz, um sowohl den Keimdruck zu reduzieren, als auch dem Auskühlen der Tiere entgegenzuwirken. Es sollte sowohl die Einstreufrequenz als auch die Menge des Einstreumaterials angepasst werden.

Im Verlauf der Mast empfiehlt es sich, durch ausreichendes Nachstreuen die Einstreu trocken und sauber zu halten.

Bei der Auswahl des Einstreumaterials ist ein saugfähiges Grundmaterial zu wählen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Saugfähigkeit durch eine kleinere Partikelgröße erhöht wird. Genauso ist das Durcharbeiten der Einstreu sinnvoll. Sehr nasse und verdichtete Stellen sollten aus dem Stall entfernt werden.

Bei Erwartung feuchter Exkremente zum Beispiel bei Salzgabe, Futterwechsel von P3 auf P4 oder Impfmaßnahmen sollte frühzeitig und mehrere Tage hintereinander frisch nachgestreut werden.

5.2.5 Auslaufpflege

In der ökologischen Haltung von Puten muss den Tieren mindestens ein Drittel ihres Lebens Zugang zu einem Auslauf ermöglicht werden.

Damit die Tiere kein verunreinigtes Wasser aus Pfützen aufnehmen und sich ggf. mit Krankheitserregern infizieren, sind Maßnahmen zu treffen, um Pfützenbildung weitestgehend zu vermeiden.

Besonders stark wird der stallnahe Bereich des Auslaufs beansprucht. Sobald dieser Bereich feucht und matschig wird, tragen die Tiere auch vermehrt Schmutz und Feuchtigkeit in den Stall mit ein. Dies zeigt sich durch feuchte Einstreu im Bereich der Auslaufklappen.

Der stallnahe Bereich sollte daher so gestaltete sein, dass dieser gut sauber gehalten werden kann. Ein befestigter Bereich bietet den Vorteil, dass dieser leicht abgeschoben und im Anschluss gereinigt und desinfiziert werden kann.   

Alternativ sollte der stallnahe Bereich in regelmäßigen Abständen ausgebaggert und neu mit frischem Sand befüllt werden. Manche Betriebe setzen zusätzlich Branntkalk ein, um den Infektionsdruck zu mindern. Allerdings ist die Zulassung für den Einsatz von Branntkalk in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Hier gilt es im Vorfeld sowohl Erkundigungen bei der Kontrollbehörde bezüglich des Einsatzes von Branntkalk einzuholen und die rechtlichen Vorgaben auf Landesebene zu prüfen. 

Teilweise werden auch Schottersteine und Holzhackschnitzel eingesetzt, um den stallnahen Bereich möglichst trocken zu halten.

Leerstehphasen sollten zudem genutzt werden, um besonders im stallnahen Bereich, der stärker beansprucht wird, nachzusäen.

Futterzusatzstoffe

Pre- und Probiotika werden eingesetzt, um den Aufbau einer stabilen Darmflora zu unterstützen. Sie können die Besiedlung des Darms mit Infektionserregern verhindern. Ebenso kann der Einsatz nach einer antibiotischen Behandlung den erneuten Aufbau des Darmmikrobioms fördern.

6.1 Prebiotika

Bei Prebiotika handelt es sich meist um nicht verdauliche Pflanzenbestandteile, die dem Futter zugesetzt werden. Sie dienen dazu, das Wachstum gewünschter Darmbakterien anzuregen. Diese setzen die Prebiotika in organische Säuren um, die wiederum zur Stabilisierung des Darmmilieus beitragen.

In der Putenhaltung werden Prebiotika über den gesamten Produktionszyklus eingesetzt, da sie dazu beitragen können, die Krankheitsanfälligkeit der Tiere zu vermindern und somit die Höhe der Verlustraten zu reduzieren.

Neben den klassischen Prebiotika auf pflanzlicher Basis werden auch häufig Produkte aus Hefen eingesetzt. Hierzu zählen die Mannanoligosaccharide (MOS) und die ß-1.3-1.6-Glukane. Beide Prebiotika verfügen noch über zusätzliche Wirkmechanismen, die sich positiv auf die Zusammensetzung der Darmflora auswirken.

So besitzen MOS die Fähigkeit, potentielle Infektionserreger wie z.B. Salmonellen und E. coli im Darm zu binden. Diese werden dann über den Kot ausgeschieden. Zudem liefern erste Untersuchungen Hinweise dafür, dass es durch den Einsatz von MOS zu einer Reduzierung von Clostridien im Darm kommen kann. 

ß-1.3-1.6-Glukane hingegen stimulieren das unspezifische Immunsystem, indem sie Abwehrzellen aktivieren. Krankheitserreger werden dadurch schneller und effektiver bekämpft.

Allerdings gibt es hinsichtlich der Bindungsfähigkeit zwischen einzelnen MOS-Präparaten große Unterschiede. Es empfiehlt sich daher, den Einsatz im Vorfeld mit einem Berater oder dem bestandsbetreuenden Tierarzt abzustimmen.

6.2 Einsatz von Probiotika

Probiotika sind laut Futtermittelrecht mikrobielle Zusatzstoffe zur Stabilisierung der Darmflora. Sie bestehen aus lebenden Mikroorganismen wie Milchsäurebakterien, Bacillussporen und Lebendhefen.

Die Wirkungsweisen von unterschiedlichen Probiotika sind vielfältig. Sie können auf sehr unterschiedliche Weise zur Ausbildung und Aufrechterhaltung eines gesunden Darmmikrobioms beitragen. Je nach Art des eingesetzten Probiotikums kann dieses

  • das Risiko für eine Besiedlung des Darmes mit Krankheitserregern, z.B. mit Salmonellen, Campylobacter und Clostridien, reduzieren.
  • durch Produktion und Abgabe von Stoffen das Wachstum von Krankheitserregern hemmen.
  • durch das Besetzen von Bindungsstellen an der Darmwand die Besiedlung mit Krankheitserregern verhindern. 
  • Entzündungsreaktionen an der Darmwand vermindern.
  • eine pH-Wert-Änderung im Darm herbeiführen und damit das Wachstum von potentiellen Krankheitserregern hemmen.

Neben der Abwehr von Infektionen werden Probiotika weitere positive Effekte zugeschrieben. So kann die Gabe von Probiotika bereits bei jungen Tieren die Entwicklung des Verdauungstraktes fördern. Zusätzlich können manche Probiotika durch die Abgabe von Enzymen die Nährstoffverdaulichkeit steigern. Somit kann die Gabe von Probiotika zu einer besseren Futterverwertung und Gewichtsentwicklung beitragen. Dies kann sich in einer positiven Bilanz der Produktionskosten widerspiegeln.

Besonders nach einer erfolgten Antibiotikatherapie, z.B. in Verbindung mit einer durch Clostridien verursachten Nekrotischen Enteritis, tragen Probiotika dazu bei, erneut ein gesundes Darmmikrobiom aufzubauen.

Bei der Gabe von Probiotika gilt es jedoch zu beachten, dass verschiedene Faktoren Einfluss auf deren Wirkungsweise haben, von denen hier einige exemplarisch genannt werden:

  • Art, Spezies, Stamm → spezifische Wirkmechanismen
  • Stabilität im Futter und Verdauungstrakt
  • Dosierung (KBE pro kg Futter)
  • Zeitpunkt und Anwendungsdauer (Applikationsdauer)

Auch die Darreichungsform unterscheidet sich je nach Probiotikum:

So bieten Bacillus-Stämme den Vorteil, dass die Bakterien Sporen als stabile Stadien ausbilden. Sporen sind hitzeresistent und auch unempfindlich gegenüber niedrigen pH-Werten. Dies bietet den Vorteil, dass Präparate aus Bacillussporen häufig auch in Verbindung mit anderen Futtermittelinhaltsstoffen wie z.B. organischen Säuren eingesetzt werden können. Außerdem können Bacillus-Stämme über pelletiertes Futter verabreicht werden, da die Sporen durch die hohen Temperaturen beim Pelletierprozess nicht geschädigt werden.

Milchsäurebakterien oder Lebendhefen sind hingegen deutlich empfindlicher gegenüber Außenreizen wie z.B. Hitze. Sie werden in der Regel über das Tränkwasser verabreicht

6.3 Organische Säuren

Organische Säuren dienen grundsätzlich der Hygienisierung von Futter und Wasser. Durch das Absenken des pH-Wertes wird ein Milieu geschaffen, in dem sich Mikroorganismen schlechter vermehren können.

Die Gabe von organischen Säuren wirkt sich aber auch direkt positiv auf die Darmgesundheit aus. So werden organische Säuren z.B. in Verbindung mit Futterwechseln verabreicht, um der Entstehung einer Dysbakteriose entgegenzuwirken, denn der pH-Wert im Magen-Darm-Trakt kannn durch die Gabe von Säuren abgesenkt werden. Häufig werden zu diesem Zwecke auch gecodete / geschützte Säuren eingesetzt, die erst im Darm ihre Wirkung entfalten.  

Allerdings muss der pH-Wert bei der Gabe von organischen Säuren über das Tränkwasser genau eingestellt und regelmäßig kontrolliert werden. Ein zu niedriger pH-Wert kann sowohl zur Verweigerung der Wasseraufnahme als auch zur Reizung der Schleimhäute führen.

Bei Dauergaben ist ein pH-Wert von 5,5 bis 6,5 optimal. Bei Darmerkrankungen kann der pH-Wert nach Absprache mit dem bestandsbetreuenden Tierarzt im Wasser auf 4,0 bis 4,5 abgesenkt werden. Dies wird in der Regel gut von den Tieren toleriert, auch wenn es einer mehrtägigen Gewöhnungsphase bedarf.

Wichtig ist: Bei Putenküken ist das Ansäuern des Tränkewassers frühestens ab dem 3. bis 5. Lebenstag zu empfehlen. Zudem sollte die Konzentration der organischen Säuren nur langsam über mehrere Tage gesteigert werden, da die Tiere sonst die Wasseraufnahme verweigern.

Tabelle 8: Wirkungsweise von häufig eingesetzten organischen Säuren (Seifert, 2018)
SäureEffektepH-ReduzierungWirkung gegen
Ameisensäure 
  • stark keimtötend und keimhemmend
  • fördert die Proteinverdauung
 
++ 
  • Bakterien
  • Hefen
 
Essigsäure 
  • pH-Wert reduzierend
  • stark keimtötend
 

+

 
  • Bakterien
  • Schimmel
 
Propionsäure 
  • Starker Effekt gegen Pilze und im hinteren Verdauungstrakt gegen Hefen
  • gute konservierende Eigenschaften
 
+ 
  • Schimmel
  • Hefen
 
Milchsäure 
  • pH-Reduzierung im Darm
  • antibakterieller Effekt im Magen und oberen Dünndarm
  • Positiver Einfluss auf Dünndarmzotten
 
++ 
  • Bakterien
 
Zitronensäure 
  • starke pH-Reduzierung
  • Verbesserung des Geschmacks
 

+++

 
  • Bakterien
 
Laurinsäure 
  • keimtötend
  • gute Wirkung gegen Streptokokken
 
+ 
  • Bakterien
 

 

Hinweis

Bei der Gabe von organischen Säuren sind die Hinweise der Hersteller zu beachten. Bei der Durchführung von Impfungen und der Gabe von Medikamenten sollte die Gabe von organischen Säuren für mindestens 24 Stunden ausgesetzt werden. Zudem müssen die Wasserleitungen säurestabil sein.

6.4 Phytogene Zusatzstoffe

Phytogene Zusatzstoffe können in kritischen Phasen wie z.B. Futterwechseln und Impfungen gegeben werden, um die Aufrechterhaltung der Darmstabilität zu unterstützen.

 

Unter phytogenen Zusatzstoffen fallen Produkte, die folgende Ausgangmaterialien enthalten können:

  • verarbeitete ganze Pflanzen von Kräutern oder Gewürzpflanzen
  • verarbeitete Pflanzenteile wie Samen, Früchte, Wurzeln, Rhizome von Kräutern oder Gewürzpflanzen
  • Extrakte aus Ganzpflanzen oder Pflanzenteilen

 

Phytogenen Zusatzstoffen werden unterschiedliche Wirkungsweisen zugeschrieben. So können diese je nach eingesetzter Pflanze eine antimikrobielle Wirkung aufweisen, aber auch bei parasitären (siehe Beispiel Schwarzkopf-Krankheit) oder virale Infektionen unterstützend eingesetzt werden. Ebenso können phytogene Zusatzstoffe dazu beitragen, den Appetit der Tiere anzuregen und sich verdauungsfördernd auswirken. Klassisch eingesetzte phytogene Zusatzstoffe sind neben Präparaten auf Oreganobasis z.B. auch Zimt- und Nelkenpräparate.

 

Phytogene Zusatzstoffe können jedoch nicht nur erwünschte, sondern auch unerwünschte Nebenwirkungen haben.

Auf dem Markt sind viele Produkte erhältlich, die sich aus unterschiedlichen Inhaltsstoffen zusammensetzen und deutliche Unterschiede in ihrer Wirksamkeit aufweisen. Es ist daher empfehlenswert die Gabe von phytogenen Zusatzstoffen mit dem bestandsbetreuenden Tierarzt / Berater abzustimmen.

 

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