Federpicken und Kannibalismus sind bei Jung- und Legehennen auftretende Verhaltensstörungen, die negative Auswirkungen auf das Tierwohl der betroffenen Tiere haben. Darüber hinaus kann diese Verhaltensstörung zu Leistungseinbußen und erhöhter Mortalität innerhalb der Herde führen. Nach bisherigen Erkenntnissen liegen die Ursachen hierfür in einem multifaktoriellen Geschehen bedingt aus Umweltfaktoren, Fütterungsform und Genetik. Zur Minimierung von Federpicken und Kannibalismus wurde die Oberschnabelspitze der Eintagsküken in der Vergangenheit routinemäßig gekürzt. Bereits seit dem 1. Januar 2017 werden in Deutschland nur noch Legehennenküken mit ungekürztem Schnabel eingestallt.
Aus Forschungsvorhaben und von den Praxisbetrieben sind vielversprechende Ergebnisse und zahlreiche Erfahrungen zur Haltung von Jung- und Legehennen mit intaktem Schnabel vorhanden. Nachfolgend wird hierzu ein aktueller Überblick gegeben, der mit der Zeit um neue Erkenntnisse erweitert wird.
Den Grundpfeiler für eine tierwohlgerechte Haltung von Hennen mit intaktem Schnabel bildet eine optimale Junghennenaufzucht. Um das Auftreten des multifaktoriell bedingten Federpickens im Stall zu begrenzen, benötigt es eine „Qualitätsjunghenne“, die den heutigen Ansprüchen in modernen Legehennenställen über die gesamte Legeperiode hinweg gerecht wird. Wichtig ist es, mit vorbeugenden Maßnahmen und der Reduzierung von Stress ein hohes Maß an Tierwohl zu gewährleisten. Dabei kommt dem Management rund um die Fütterung, die Beschäftigung und die Aufrechterhaltung des Gesundheitsstatus der Tiere eine besondere Rolle zu.
Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz
Die Haltung von Legehennen mit intaktem Schnabel wird seit mehreren Jahren in den Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz, die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert werden, untersucht. Die Vorhaben dienen der Einführung neuer Erkenntnisse in die landwirtschaftliche Praxis. Aus der ersten Beratungsinitiative im Rahmen der MuD Tierschutz ist der Managementleitfaden „Minimierung von Federpicken und Kannibalismus bei Legehennen mit intaktem Schnabel“ entstanden. Der Leitfaden dient als Beratungsgrundlage für die breite Praxis und bietet vielfältige Handlungsempfehlungen anhand von „best-practice“-Beispielen in der Junghennenaufzucht und Legehennenhaltung.
Leitfaden Minimierung von Federpicken und Kannibalismus (PDF)
Gedruckte Exemplare können bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen gegen eine Portogebühr bestellt werden.
Kontakt: [email protected]
In einer zweiten Beratungsinitiative wurde an der Etablierung eines Managementtools (MTool) bei Legehennen gearbeitet. Das MTool beinhaltet ein Erfassungs- und Bewertungsschema für die Tiergesundheit und das Tierverhalten, mit dem der Ist-Zustand der Tiere vorwiegend anhand tierbasierter Parameter auf dem Betrieb aufgenommen werden kann. Zudem enthält es ein Tool zur Erfassung und Bewertung der Tierleistung. Die erhobenen Daten werden mit einem Bewertungsschema in Form eines Ampelsystems bewertet, welches leicht verständlich den notwendigen Handlungsbedarf aufzeigt.
In den ausgewählten Betrieben wurden mit Hilfe des Tools der jeweilige Tierzustand ermittelt sowie eine anschließende Schwachstellenanalyse bezüglich Management und Haltung durchgeführt. Aus den erhobenen Daten wurden Beratungsempfehlungen abgeleitet, die zu einer besseren Tiergesundheit führen und betriebswirtschaftlich vertretbar sein sollten. Ein besonderes Augenmerk lag hierbei auf Gefiederschäden und Verletzungen, die im Zusammenhang mit Federpicken und Kannibalismus entstehen können.
Praxistipps aus den MuD Tierschutz
In den Netzwerken der MuD Tierschutz und im Schwerpunkt Wissen-Dialog-Praxis sind interessante Darstellungsfilme erstellt worden. Hierin wird ein Einblick in den Stall und zu den verschiedenen Praxistipps gegeben.
Minimierung Federpicken bei Junghennen mit unkupiertem Schnabel
Sofortmaßnahmen gegen Federpicken bei Legehennen
Layer-HACCP Konzept
Europäische Innovationspartnerschaft
Zum Projektabschluss des ELER-geförderten Projektes „Mehr Tierwohl für Legehennen in Thüringen: Haltung von Legehennen mit ungekürzter Schnabelspitze“ findet sich ein Kontroll- und Boniturschema (PDF) zur regelmäßigen Erfassung von eventuellen Gefiederschäden und Hautverletzungen, um hierdurch Federpicken und Kannibalismus frühzeitig zu erkennen.
Das dreijährige Projekt wurde von der Thüringer Tierseuchenkasse in Zusammenarbeit mit fünf Legehennenhaltern, dem Geflügelwirtschaftsverband Thüringen e. V. und dem Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum (TLLLR) durchgeführt.
Niedersächsische Nutztierstrategie
Auf Länderebene arbeiten in Niedersachsen interdisziplinäre Experten zusammen in der sogenannten „Niedersächsischen Nutztierstrategie - Tierschutzplan 4.0“, um Lösungen zu Fragen tiergerechter Haltungsbedingungen zu erarbeiten. Von 2011 bis 2018 beschäftigte sich die Arbeitsgruppe im Tierschutzplan Niedersachsen mit dem Thema rund um das Kürzen der Schnabelspitze in der konventionellen Legehennenhaltung. Hierbei wurden Empfehlungen erarbeitet, die Jung- und Legehennenhaltern Hilfestellungen zur Vorbeugung von Federpicken und Kannibalismus geben sollen.
Leitfaden
Leitfaden_Legehennen_Niedersachsen.pdf
Leitfaden Empfehlungen zur Verhinderung von Federpicken und Kannibalismus bei Jung und Legehennen