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Betriebsbesichtigung beim Gänsepeter

Eine Tierhaltung mit artgerechter Fütterung, viel Auslauf und einem schonenden und stressarmen letzten Weg zum Schlachthof, ist das, was Verbraucher:innen und auch Landwirt:innen wollen. Auf dem Betrieb Eßer in Rommerskirchen-Ramrath, der unter dem Namen „Der Gänsepeter“ bekannt ist, wird hierauf besonders Wert gelegt. Im Rahmen einer durch die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen organisierten Betriebsbesichtigung für das Netzwerk Fokus Tierwohl berichtete Betriebsleiter Sebastian Eßer sowohl über den Lebenszyklus und die Schlachtung der „Weihnachtsgans“, als auch die Schlachtung von Hennen und Hähnchen und die breit aufgestellte Vermarktung der unterschiedlichen Produkte.

Zuerst ging es ins 2020 fertiggestellte Schlachthaus, in dem saisonal die eigenen Gänse sowie ganzjährig Legehennen und Hähnchen geschlachtet werden. Junior Betriebsleiter Sebastian Eßer erklärte zu Anfang, dass die unterschiedlichen Bereiche im Schlachthaus mit unterschiedlichen Bodenfarben gekennzeichnet sind, ebenso die Arbeitsmaterialen. „Vorteil ist hier, dass auch fremdsprachiges Personal einfach erklärt bekommen kann, wie die Hygieneregeln im Betrieb einzuhalten sind. Wichtig ist, dass unsere Gänse am Tag der Schlachtung sauber und trocken sind, da wir eine gute Betäubung sowie eine bestmögliche Federqualität erreichen wollen“ so Eßer. Vor der Schlachtung von Gänsen wird der Bestand auf die Vogelgrippe, die sogenannte Aviäre Influenca (AI) getestet. „Man kann optisch nahezu keiner Gans ansehen, ob sie mit dem Virus infiziert ist oder nicht. Bei der Schlachtung von Fremdgeflügel setzen wir einen AI Test voraus“, erklärt Eßer.
Am Tag der Schlachtung werden die Gänse dann in einen mit Stroh ausgelegten Vorraum im Schlachthaus getrieben. Nachdem sich die Tiere ausreichend beruhigt haben, werden diese einzeln mit einer V-Elektrode betäubt. Danach werden die betäubten Tiere ins Schlachtband eingehängt, worauf sich kurz darauf der Kehlschnitt anschließt.

Im nächsten Schritt werden die Gänse auf ein Gitterrost gelegt, unter dem sich heißes Wasser befindet. Dies ermöglicht es, dass der Schlachtkörper nicht nass wird, sondern nur die Hautporen durch den heißen Wasserdampf zum einfacheren Rupfen der Federn geöffnet werden. Eßer arbeitet bei Gänsen mit einer Trockenrupfmaschine, an der sich ein großes Saugrohr befindet, welches die Federn direkt in Lagerräume absaugt. „Unsere Gänse haben ein Schlachtgewicht von durchschnittlich 4,5 kg und bringen ca. 20 g Daunen und 150 g Rohfedern“. Diese werden extern aufbereitet und von Chefin Renate Eßer zu Bettdecken und Kissen verarbeitet.

Die Schlachtlinie ist dabei nicht nur für Gänse, sondern auch für Hühner und Hähnchen ausgelegt. Nach dem Aufhängen in das Schlachtband, durchlaufen diese ein Elektrobad zur Betäubung, eine von vielen Neuerungen im Schlachthaus, erklärt Eßer. Dazu gehört ebenfalls eine automatische Brühvorrichtung und Rupfmaschine sowie mehr Platz beim Ausnehmen der Schlachtkörper von Hühnervögeln und Gänsen. „Durch diese Neuerungen sind wir in der Lage unsere Kapazität und Effektivität zu erhöhen“. Die großen Kühlräume mit starken Aggregaten ermöglichen eine permanente Umwälzung der Luft und dadurch eine rasche Abtrocknung und Kühlung der geschlachteten Tiere auf < 4 °C. „Das Fleisch kann bereits nach ca. drei Stunden nach der Schlachtung verpackt werden“. Eßer bietet für Legehennenhalter:innen unterschiedliche Möglichkeiten zur Vermarktung ihrer Schlachthennen. Entweder man zahlt die Schlachtkosten und nimmt den gesamten Schlachtkörper zurück oder Betrieb Eßer kauft dem Landwirt die Tiere pro Stück ab und produziert daraus Brühe, Frikassee o. Ä. „Dann ist aber der Landwirt wieder dazu verpflichtet, die erzeugten Produkte von den Schlachttieren abzukaufen“, so Eßer.

Das Hauptgeschäft von „Der Gänsepeter“ liegt jedoch nicht in der Haltung und Vermarktung von Gänsen, sondern im Handel und dem Umkommissionieren von anderen Geflügelfleischprodukten. Diese werden beispielsweise in kleinere Portionen mit eigener Würze verpackt oder weiter zu Suppen oder Eintöpfen verarbeitet. Diese Produkte werden nur an Hofläden im Umkreis verkauft.

Ein kleinerer Geschäftszweig ist zudem der Verkauf von Gänsespeiseeiern, ursprünglich nur eine Spezialität im Ruhrgebiet, inzwischen werden die Eier aber mittlerweile auch deutschlandweit verschickt. Da Gänseeier nicht dem Kennzeichnungsgesetz unterliegen, ist eine Kennzeichnung hierbei im Vorfeld nicht erforderlich. „Unsere Hauptkunden sind häufig Allergiker, die das Hühnereiweiß nicht vertragen. Es ist gut, wenn eine Gans 40 Eier pro Saison legt“, so der Junior Betriebsleiter. Die Legegänse verbleiben durchschnittlich bis zu sechs Jahren im Bestand.

Nach der Führung durch das Schlachthaus, welches in unmittelbarer Nähe zu den Freiflächen und Ställen der Gänse steht, ging es direkt zu einem Tunnelstall, in dem einen Tag alte Gänseküken aufgestallt waren. Grundsätzlich werden diese gegen Parvovirose und Escherichia Coli geimpft. „Es ist sehr schwierig im Juli noch Gössel (Gänseküken) zu bekommen, da die Elterntiere ab dem späten Frühling aufhören Eier zu legen. Grund dafür ist die Tageslichtlänge und Intensität“, so Eßer. Der Junior Betriebsleiter erklärt, dass auch Gösselgruppen die annähernd gleich alt sind nach der Aufzuchtzeit von ca. drei Wochen zusammengestallt werden. Ab dem ersten Tag stehen den Küken tiefe Freiflächentränken zur Verfügung.

In der Aufzuchtphase bekommen die Gänse ein spezielles Starterfutter, anschließend ein Gemisch bestehend aus Weizen, Gerste, Futterkalk, Sojabohnen, Sojaöl, verschiedenen Mineralien und Ackerbohnen, die in diesem Jahr durch Erbsen ersetzt werden. Zusätzlich arbeitet der Betrieb Eßer mit Knoblauch und effektiven Mikroorganismen zur Magen- und Darmstabilisierung im Tränkwasser, welches über Nippeltränken und große Freiflächentränken zur Verfügung steht.

Nach der Aufzuchtphase können die Gänse sich selbstständig aussuchen, ob Sie im Stall bleiben oder den Auslauf nutzen. „Wir bauen jedes Jahr mehrere Hektar Mais an, wo wir die Gänse ab einem gewissen Zeitpunkt reinlassen. Erst werden hauptsächlich die unteren Blätter gefressen, sodass sich der Kolben weitestgehend normal ausbilden kann.“
Zu Anfang fährt Eßer auch mit dem Hoflader täglich einen Streifen Mais platt, damit auch die oberen Blätter abgefressen werden können und der restliche Mais noch Zeit hat, sich gut zu entwickeln.
„Zum Ende der Mast ist vom Maisacker nichts mehr übrig. Die Tiere haben so scharfes Schnabelwerkzeug, dass der Acker hinterher wie gehäckselt aussieht. Manchmal wundert man sich echt, was Gänse alles kaputt machen können wie zum Beispiel auch Wasserleitungen im Stall“, so Eßer. Der Mais ist Beschäftigungsmaterial und Futter zugleich.

Zudem werden die Tiere in den Gebäuden zusätzlich mit Maissilage und einem Gemisch aus Getreide zugefüttert und fressen bis zur Schlachtung ca. 50 kg Futter. Dieses Jahr baut Eßer erstmalig Mais in Kombination mit Ackerbohnen an, da die Fruchtfolgeregelungen es nicht mehr erlauben, Mais direkt aufeinanderfolgend Mais anzubauen. In Verbindung mit der Leguminose ist dies dann jedoch wieder erlaubt.

Autor: Johannes Heer, Landwirtschaftskammer NRW