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Verhaltensstörungen bei Legehennen im Fokus – Wie man Federpicken und Zehenpicken erkennt und bekämpft

In der Legehennenhaltung wird immer wieder über Ausbrüchen von Federpicken und Kannibalismus berichtet, wobei das Zehenpicken eine besondere Form des Kannibalismus ist. In einer Veranstaltung der Geschäftsstelle des Tierwohl-Kompetenzzentrums Geflügel konnten sich die Teilnehmer*innen informieren, wie ein gutes Fütterungsmanagement und der Einsatz von automatischen Beschäftigungsanlagen zur Vermeidung von Federpicken und Kannibalismus beitragen kann. Außerdem berichteten Wissenschaft & Praxis über aktuelle Erkenntnisse zum Thema Zehenpicken. Zum Abschluss  wurde den Teilnehmer*innen  noch gezeigt, wie sie das Auftreten von Federverlusten und Hautverletzungen frühzeitig in einer Herde erkennen können.

Den Auftakt machte Dr. Peter Hiller, Fachreferent für Geflügel bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Er erklärte, dass Federpicken und Kannibalismus multifaktoriell bedingt sind. Zur Vermeidung sollte jedoch ein besonderes Augenmerk auf die Junghennenaufzucht, den Einsatz von Beschäftigungsmaterial, die Tiergesundheit und das optimale Fütterungsmanagement gelegt werden.

Von manchen Legehennenhaltern*innen unterschätzt, aber von hoher Bedeutung, ist vor allem die Junghennenaufzucht  sowie  die Übergangsphase in die Legeperiode. In der Aufzucht ist die Gewöhnung der Tiere an eine hohe Futteraufnahme nötig , um bei der Umstallung und  anschließend einsetzender Legetätigkeit keine Wachstumsdepression zu durchlaufen. Damit der Umstallung meistens auch ein Futterwechsel auf Vorlege- bzw. Legehennenmehl einher geht. Ungewohntes Futter und der Transport der Junghennen bedeuten Stress für die Tiere und kann Federpicken und Kannibalismus auslösen. Dr. Hiller betonte daher, wie wichtig die Kommunikation zwischen Junghennenaufzüchter und Legehennenhalter ist. In einem Übergabeprotokoll müssen wichtige Faktoren der Aufzucht wie z. B. Futter, Fütterungszeiten, Besatzdichte, Lichtmanagement und Entwicklungsstand der Herde aufgeführt werden.

Wie schon von Dr. Hiller angesprochen ist bei der Legehennen die Beschäftigung  von großer Bedeutung um Federpicken und Kannibalismus zu vermeiden. Daher hat sich Ingo Mardink (Landwirt) in mehreren Projekten intensiv mit diesem  Thema befasst. Der Betriebsleiter hat in seinem Legehennenstall unter anderem eine automatische Rohrförderanlage installiert, mit der er sechsmal täglich organisches Material im Stall verteilt. Dabei wird hauptsächlich Maissilage genutzt, aber auch andere Materialien wie Luzerneheu und Muschelgrit kommen zum Einsatz. Herr Mardink erklärte außerdem, dass auch die Kotschieber unter den Volieren zur Beschäftigung der Tiere beitragen, indem sie die Einstreu umwühlen und diese für die Tiere dadurch interessanter macht.

Als dritte Referentin berichtete Dr. Sabine Gebhardt-Heinrich von der Universität Bern über ihre Forschungsarbeiten im Bereich des Zehenpickens. Die Verhaltensstörung tritt in den letzten Jahren mit zunehmender Häufigkeit, vor allem bei weißen Legetieren, auf. Im Gegensatz zum Federpicken sind die Einflussfaktoren von Zehenpicken bislang wenig erforscht, aber ebenso multifaktoriell. Mögliche Ursachen sind mit hoher Wahrscheinlichkeit die Lichtqualität  im Stall (z.B. Lichtintensität, Lichtkegel), Verletzungen durch die Stalleinrichtung bei Volieren mit Metallrosten und sonstige Stressfaktoren wie etwa ein hoher Infektionsdruck. Da hauptsächlich Weißleger betroffen sind, scheint auch die genetische Komponente mit von Bedeutung zu sein. Verbesserung durch gezielte Zucht könnte hier ein möglicher Ansatz sein. Beim Auftreten von Zehenpicken sind die wirksamsten Maßnahmen das Angebot von attraktivem Beschäftigungsmaterial, die Reduktion der Lichtintensität und das gezielte Abstellen des Lichts in Teilen des Stalles.

Im Anschluss berichteten Dr. Birgit Spindler, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, und Ingo Mardink über ihre praktischen Erfahrungen mit Zehenpicken. Als Ursachen für die Verhaltensstörungen wurden vor allem die Lichtqualität und die Sitzstangenanordnung genannt. Aber wie auch schon Frau Dr. Gebhardt-Heinrich berichtete, können Verletzungen durch die Stalleinrichtung als Faktor nicht ausgeschlossen werden. Als Gegenmaßnahmen wurden vor allem monochromes blaues Licht zur Verschleierung der Wunden und (automatische) Beschäftigung eingesetzt.  

Abschließend demonstrierte Dr. Daniel Gieseke (Universität Kassel) wie nach dem Boniturschema des KTBL-Leitfadens die Erfassung von Gefiederschäden und Hautverletzungen durchgeführt wird. In diesem Leitfadenwerden während der Aufzucht und Legeperiode in regelmäßigen Abständen 50 Tiere stichprobenartig untersucht. In einer praktischen Übung konnten die Teilnehmer ihre eigenen Einschätzungen zu Gefiederschäden und Hautverletzungen abgeben. Wer sich noch unsicher bei der Bewertung ist, kann an digitalen oder auch praktischen Schulungen der Tierwohl Akademie teilnehmen, erklärte Dr. Gieseke zum Schluss.

Autoren: Katja Kulke, Jule Schättler und Alina Kathrin Lückemann, Landwirtschaftskammer Niedersachsen