Wie bleibt der Darm bei Puten gesund?
Ein gesunder Darm und eine optimale Fütterung von Puten sind die besten Voraussetzungen für eine ideale Nährstoffaufnahme und damit für hohe Leistungen und Wohlbefinden. Welche veterinärmedizinischen Aspekte sind beim Thema Darmgesundheit zu beachten und wie kann man Puten gesund und effizient füttern? Zu diesen Fragen informierten die Experten Dr. Ronald Günther (Fachtierarzt für Geflügel) und Dr. Hartmut Meyer (Moorgut Kartzfehn) in einer Online-Veranstaltung der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Netzwerks Fokus Tierwohl.
Bakteriengemeinschaft im Darm
Die Gemeinschaft der Mikroorganismen im Darm nennt sich Mikrobiom. Dazu gehören Symbionten (die „Guten“), Kommensalen (die „Neutralen“) und Pathogene (die „Schlechten“). Es handelt sich hierbei um eine Vielzahl unterschiedlicher Mikroorganismen, wie zum Beispiel Bakterien, Pilze, Viren und Einzeller. Das Mikrobiom, auch Darmflora genannt, entwickelt sich vom Eintagsküken zum erwachsenen Tier. Seine Zusammensetzung variiert je nach Darmabschnitt. Die Verweildauer des Futters im Verdauungstrakt ist beim Geflügel im Vergleich zu anderen Tierarten sehr kurz, daher unterscheidet sich auch die Zusammensetzung des Darmmikrobioms deutlich. Dr. Günther erklärte, dass die Bakteriengemeinschaft im Darm sinngemäß ein wichtiges Organ darstelle, dessen Gesundheit genauso wichtig sei wie die der anderen Organe.
Wenn die Darmflora in ein Ungleichgewicht kommt, bezeichnet man dies als Dysbiose. Die Ursachen für die Entstehung von Dysbiosen sind vielfältig:
Typische Infektionserreger des Darms sind Viren, Bakterien, Parasiten und Pilze. Sie können das Darmepithel zerstören, Toxine bilden und zu Entzündungen und gestörter Peristaltik des Darms führen. Die damit einhergehenden Veränderungen im Darm führen auch zu Verschiebungen in der Zusammensetzung des Darmmikrobioms. Daher ist die Einhaltung von Biosicherheitsstandards auch in Hinblick auf die Aufrechterhaltung der Darmgesundheit von Bedeutung.
Neben Infektionserregern können aber auch andere Faktoren wie beispielsweise Futterwechsel, schlechte Futterqualität, Mykotoxine in der Einstreu oder schlechtes Stallklima zu Dysbiosen führen. „Der Hauptfaktor für eine gestörte Darmflora ist Stress“, betont Dr. Günther.
Wie kann die Darmgesundheit sichergestellt werden?
Doch wie kann man die Darmgesundheit wieder ins Gleichgewicht bringen, wenn es zu einer Dysbiose kommt? Verschiedene Futterzusatzstoffe, wie Enzyme, Pro-/ Präbiotika, phytogene Stoffe und immunologisch aktive Substanzen haben positive Effekte auf das Mikrobiom. Mit einer Gabe über das Futter, das Wasser oder die Einstreu können diese Produkte den Aufbau einer stabilen Darmflora (präventiv) fördern. Dr. Meyer nannte ergänzend in seinem Vortrag als Beispiele aus der Praxis Lignocellulosen, Gesteinsmehle oder Pflanzenkohle. Auch Impfstoffe können durch die Produktion spezifischer Antikörper einen Einfluss auf ein gesundes Darmmikrobiom haben.
Ebenso kann die Darmgesundheit durch verschiedene Managementmaßnahmen des Mästers beeinflusst werden: Eine ständige Verfügbarkeit von Futter ist notwendig, damit kein Stress bei den Puten entsteht. Zwangspausen in der Fütterung, z. B. während Impfaktionen, müssen unbedingt verhindert werden. Die Einstreu- sowie die Tränkwasserhygiene, Futterlagerung und Silohygiene spielen dabei eine wichtige Rolle. Auch die All-in-/all-out-Strategie kann ebenfalls einen positiven Einfluss auf die Darmgesundheit haben, da der Stall in der Serviceperiode gereinigt und desinfiziert werden kann. Die Desinfektion des Stalls sollte zielorientiert stattfinden, für Viren und Bakterien sollten DVG-geprüfte Desinfektionsmittel verwendet werden. Wichtig zu beachten ist, dass Parasiten im Stall extra bekämpft werden müssen. Mit den Worten „Die Serviceperiode ist der wichtigste Zeitraum der Tierhaltung“ beendet Dr. Günther seinen Vortrag.
Bedeutung einer guten Darmgesundheit
Vier Fähigkeiten machen eine gute Darmgesundheit aus. Hierzu zählen die Abwehr von pathogenen Keimen, die Zerlegung des Futters in seine Bestandteile, die Absorption der verdauten Nährstoffe und die richtige Reaktion des Immunsystems, so Dr. Meyer. Anhand von Unterschieden im Verdauungsvermögen von Geflügel zu anderen Nutztieren wird deutlich, wie wichtig eine gute Darmgesundheit ist. Der Verdauungstrakt eines Vogels ist bezogen auf die Lebendmasse sehr klein. Das bedeutet, dass das Futter nur eine kurze Verweildauer im Verdauungstrakt hat. Daher sind Futtermittel mit hoher Nährstoffdichte und guter Verdaulichkeit erforderlich. Dem Geflügel fehlt das Enzym Lactase, und die Saccharase-Aktivität ist sehr gering, weswegen bestimmte Kohlenhydrate in Futtermitteln nur eingeschränkt verdaut werden können.
In den ersten Lebenswochen können Küken Fette mit gesättigten Fettsäuren nur schlecht verwerten. Nach dem Schlupf sollte daher auf einen begrenzten Fetteinsatz geachtet werden, andernfalls können die Küken Durchfall oder Rachitis bekommen, die Einstreu wird nass, es kann zu Kot- und Einstreufressen oder einer erhöhten Mortalität kommen.
Nicht nur in der Aufzucht, sondern auch in der Mast sollten bei der Futterzusammensetzung verschiedene Faktoren beachtet werden, so können erhöhte Gehalte an Zellwandsubstanzen im Futter (Rohfaser) die Verdaulichkeit reduzieren. Ebenso wirken sich hohe Anteile langkettiger Fettsäuren und antinutritiver Inhaltsstoffe wie z.B. Nicht-Stärke-Polysaccharide negativ auf die Verdaulichkeit aus. Gesteigert werden kann die Futterverdaulichkeit durch die Zugabe von Grit, NSP-Enzymen und Phytase.
Die Zufütterung von Weizen hat ebenfalls einen positiven Effekt auf die Darmgesundheit. Der Muskelmagen wird um 3 bis 5 % vergrößert, die Sekretion von HCl und Pepsin wird erhöht, die aktive und passive Verdauung verbessert und die intestinale Peristaltik stimuliert. Somit kann eine Weizenzufütterung helfen, Durchfallerscheinungen zu reduzieren. Allerdings müssen Putenhalterinnen und -halter dabei auf einige hygienische Aspekte achten. Der Feuchtigkeitsgehalt des Weizens darf maximal 25 % betragen und Kondensation (Schimmelbildung) muss verhindert werden. Auch Lagerung, Maschinenhygiene und Parasitenbefall müssen kontrolliert werden.
Ebenfalls zu beachten ist die Partikelgröße des Futters. Kleine Partikelgrößen reduzieren die Verweildauer des Futters im Muskelmagen und es kommt zu ineffizienter Proteinverdauung, schlechterer Absorption und Futterverwertung. Ein hoher Mehlanteil im Futter kann zu Entzündungen im Darm führen. Dr. Meyer empfiehlt daher für Puten die Fütterung von qualitativ hochwertigen Pellets.
Beide Referenten waren sich einig, dass Stress einer der Hauptfaktoren für eine gestörte Darmflora bei Puten ist, weswegen Putenhalterinnen und -halter durch ein optimales Management Stress in der Herde vermeiden sollten.
Autorin: Viola Erfkämper, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen