Broilermaststall 2023 - Verbesserung des Tierwohls in der Hähnchenmast
Ergebnisses des EIP-Projektes "Broilermaststall 2023"
Stand: Februar 2025
Derzeit übliche Broilermastställe sind im Regelfall als Gebäude mit einer einwandigen Außenhülle ausgeführt. Diese Bauten haben häufig das Problem, dass der zur Aufrechterhaltung eines stabilen Stallklimas nötige Unterdruck aufgrund von Lecks in der Außenhülle nicht ausreicht und somit die Stallklimaführung negativ beeinflusst. Besonders wenn in den ersten Tagen nach dem Einstallen Gaskanonen zur Erwärmung der Stallluft eingesetzt werden, wird der Unterdruck weiter destabilisiert, sodass in der Folge nicht erwärmte, kalte Luft direkt in den Tierbereich fällt. Dies kann zur Unterkühlung der Tiere und zur Erhöhung der Einstreufeuchte führen.
Im Rahmen des EIP-Projektes „Broilermaststall 2023“ sollte ein Stallgebäude gebaut und getestet werden, welches mit zwei Hüllen ausgeführt ist, um die Dichtigkeit des Gebäudes sicherzustellen. Dieses neuartige Gebäude soll ein optimales konstantes Stallklima ermöglichen, so dass die Tiere keinen starken klimatischen Schwankungen ausgesetzt sind.
Das Ziel des Neubaus ist die Verbesserung des Tierwohls in der Hähnchenmast. Durch den Wegfall starker klimatischer Schwankungen und insbesondere den Wegfall des Einströmens kalter Luft in den Tierbereich soll eine Verringerung der Einstreufeuchte sowie des Ammoniakgehaltes erreicht werden. Hierdurch soll insbesondere die Prävalenz von Fußballen- und Fersenhöckerveränderungen deutlich gesenkt werden.
Derzeitiger Stand der Technik
Zur Belüftung geschlossener Broilermastställe kommt ein Unterdrucksystem zum Einsatz, bei dem die Zuluft über Seitenventile einströmt, während die Abluft über den Dachfirst abgeführt wird. Die Stallluft wird mittels Gaskanonen und davor installierten Warmluftgebläsen erwärmt. Problematisch bei dieser Stallausführung ist insbesondere die Gewährleistung einer ausreichenden Menge an Zuluft. Die Zuluft muss im Stall zunächst zur Decke gelangen und sich dort erwärmen, bevor sie in den Tierbereich einströmt (sog. Luftwalze). Falls Geschwindigkeit und Menge der einströmenden Luft nicht ausreichend sind, gelangt sie nicht bis unter die Decke, wird also nicht erwärmt, und fällt infolgedessen kalt direkt in den Tierbereich. Dies hat sowohl eine Unterkühlung der Tiere als auch eine Erhöhung der Einstreufeuchte zur Folge.
Hauptverantwortlich für nicht ausreichende Zuluft ist ein zu geringer Unterdruck. Dieser wird zum einen durch Lecks in der Außenhülle des Stalls verursacht, die bei der Mehrzahl der Ställe zu beobachten sind. Zum anderen führt insbesondere in den ersten Tagen nach dem Einstallen der Einsatz der Gaskanonen mit Warmluftgebläse dazu, dass der Unterdruck nicht stabilisiert werden kann. Für einen 1.800 m² Stall wird in den ersten Tagen nach Einstallung eine Heizleistung von ca. 150 kW/h benötigt. Um diese Leistung zu erreichen, müssen ca. 12 kg Flüssiggas verbrannt werden, wofür 180 m³ Frischluft benötigt werden (Scheibe, 2009). Durch die Verbrennung entstehen wiederum 22,5 kg Wasser sowie 15.000 Liter CO2. Dieses CO2 muss über die Abluft aus dem Stallinneren abgeführt werden. Das entstandene Wasser kann zu erhöhter Feuchtigkeit in der Einstreu beitragen.
Problemstellung und Handlungsbedarf
Bei den derzeit verbreiteten Stallgebäuden kommt es aufgrund der Undichtigkeiten im Gebäude sowie des Einsatzes von Gaskanonen zu Problemen beim Unterdruckaufbau im Stallinneren. Ein stabiler und genügend hoher Unterdruck ist jedoch für einen in Menge und Geschwindigkeit ausreichenden Zustrom an Frischluft zwingend erforderlich.
Fällt kalte, feuchte Luft in den Tierbereich, werden Atemwegsinfektionen begünstigt. Außerdem steigt die Feuchtigkeit in der Einstreu, was wiederum einen Einfluss auf die Entstehung von Kontaktdermatitiden (Fußballen- und Fersenspornveränderungen sowie Brusthautläsionen) hat.
Die Feuchtigkeit in der Einstreu wird darüber hinaus auch durch den Einsatz von Gaskanonen gefördert, da bei der Verbrennung des Gases CO2 und Wasser entstehen.
CO2 ist ein Schadgas, das zu einem schlechten Stallklima beiträgt und unter anderem schleimhautreizend wirkt. Dies begünstigt das Auftreten sowohl von Atemwegsinfektionen als auch von Verhaltensstörungen.
Bei einem Gebäude, das mit lediglich einer Hülle gebaut ist, lässt sich weder komplette Dichtigkeit erreichen, noch ist es möglich, die einströmende Luft entsprechend vorzubehandeln um sicherzustellen, dass sowohl die Temperatur optimal ist als auch der Feuchtigkeitsgehalt reduziert wird.
Lösungsansatz
Ziel des Konzeptes ist die Erzeugung eines tiergerechteren Stallklimas, ohne dass die Tiere starken klimatischen Schwankungen ausgesetzt sind. Dies soll über eine vollständige Kontrolle der Zu- und Abluft sowie über eine proaktive Klimasteuerung erreicht werden. Des Weiteren sollen mit einem optimierten Stallgebäude Einsparungen von Energie und Wasser sowie eine bessere Kontrolle der Emissionen möglich sein.
Das Stallgebäude wird entsprechend als Wärmetauschergebäude mit einer Innen- und einer Außenhülle geplant. Durch die Bauausführung mit doppelter Hülle wird sichergestellt, dass das Gebäude winddicht sowie käferresistent ist und sehr gute Isolierwerte aufweist. Dies wiederum sorgt für gesteigerte energetische Effizienz. Das Klimatisierungssystem wird im Gegensatz zu derzeit eingesetzten auf die Stallatmosphäre reagierenden Systemen proaktiv gesteuert.
Aus dem Gewicht sowie der Futter- und Wasseraufnahme der Tiere lassen sich die anfallenden Mengen an CO2, NH3 sowie Feuchtigkeit berechnen und die Lüftung entsprechend vorab an die Klimasituation anpassen. Somit erfolgt keinerlei Aufbau von Schadgasen im Stallinneren. Durch vollautomatische Steuerung lassen sich hier auch Fehlprogrammierungen durch den Bediener vermeiden.
Die Zuluft wie auch die Abluft werden an einem zentralen Punkt des Gebäudes ein- bzw. abgeführt. Der Zuluftkanal, im dem die Luft mittels Wärmetauschern vorerwärmt werden kann, befindet sich an windgeschützter Stelle des Gebäudes. Von hier aus gelangt die Luft zunächst in den Bereich oberhalb der Innendecke, in dem sie vorbehandelt werden kann. Anschließend gelangt die Luft über eine Rieseldecke in den Tierbereich. Die sich abkühlende Luft fällt nach unten, so dass die Abluft bodennah an einem zentralen Punkt der Stallseite erfolgen kann. Im Falle nicht ausreichender Thermik wird der Luftstrom mittels Ventilatoren unterstützt. Die zentrale Abluftführung wirkt dabei ähnlich wie eine Abluftreinigungsanlage, ist aber vergleichsweise einfach zu installieren. Weiter schlagen sich Staubemissionen durch die bodennahe Abluftführung im Bodenbereich des Abluftturms nieder und lassen sich somit beseitigen.
Die Heizung im Tierbereich soll anstelle von Gaskanonen mit Warmluftgebläsen durch Fußbodenheizung und Dunkelstrahler realisiert werden. Dunkelstrahler erzeugen Infrarotstrahlung. Diese durchdringt die Luft verlustfrei und wird erst beim Auftreffen auf einen Körper in Wärme umgewandelt. Durch entsprechende Anordnung von Geräten im Stall kann sowohl die gesamte Stallfläche als auch lediglich einzelne Zonen erwärmt werden. Dies bietet den Vorteil, dass die Wärme lediglich im benötigten Bereich zugeführt wird. Im Gegensatz zum Einsatz von Gaskanonen muss somit nicht die gesamte Raumluft gleichmäßig erwärmt werden. Hierdurch sind deutliche energetische Vorteile vorhanden. Es kann mit Energieeinsparungen von bis zu 20% gegenüber Gebläseheizungen gerechnet werden.
Während der Sommermonate kommen zur Kühlung des Stalls vorwiegend Padkühlungen zum Einsatz, die im Bereich des Zuluftkanals installiert werden. Hierdurch ist die in den Stall gelangende Zuluft bereits vorgekühlt. Dies hat zur Folge, dass weitgehend auf den Einsatz von Sprühkühlungen verzichtet werden kann, wodurch sich der Wasserverbrauch deutlich reduzieren lässt. Zudem ist von einer verminderten Feuchtigkeit der Einstreu auszugehen.
Förderung
Das Projekt wird im Rahmen der europäischen Innovationspartnerschaft (EIP) gefördert durch den europäischen Landwirtschaftsfond für die Entwicklung des ländlichen Raumes - ELER.
Im Interview
- Dr. Stephanie Schäfers, Projektbetreuerin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Institut für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie
- Betriebsleitende des Projektbetriebs
Worum geht es im Projekt?
Wie würden Sie das Projekt in wenigen kurzen Sätzen zusammenfassen?
Dr. Stephanie Schäfers:
In diesem Projekt haben wir einen Broilermaststall getestet und etabliert, bei dem Zu- und Abluft zentral erfolgen können und somit vollständig kontrolliert werden können.
Die Ziele, die wir mit diesem Projekt verfolgt haben, waren zum einen, ein tierfreundlicheres Stallklima zu erzeugen, das möglichst stabil ist, so dass die Tiere keinen starken klimatischen Schwankungen ausgesetzt sind. Des Weiteren wollten wir die Einsparung von Energie und Wasser erreichen und Emissionen besser kontrollieren können. Hierzu haben wir zusätzlich zum Umbau des Gebäudes zur Steigerung der Energieeffizienz die Effekte einer proaktiven Ventilation getestet.
Wie kam die Idee für das Projekt „Broilermaststall 2023“ zustande?
Warum besteht Ihrer Ansicht nach Optimierungsbedarf an unseren derzeitigen Masthühnerställen?
Dr. Stephanie Schäfers:
Warum haben Sie bei dem Versuch mitgemacht und was haben Sie sich persönlich für Ihren Betrieb erhofft?
Projektbetrieb:
Projektbetrieb:
Wodurch unterscheidet sich der Broilermaststall 2023 von gängigen Ställen?
Welche Umbaumaßnahmen wurden vorgenommen?
Dr. Stephanie Schäfers:
In der ersten Projektphase haben wir das Gebäude mit einer doppelten Hülle ausgestattet, um Leckagen in der Außenhülle zu verhindern. Zusätzlich bietet die doppelte Hülle eine bessere Isolation. Die Be- & Entlüftung erfolgt über zentrale Luft-Ein- und Auslässe, wobei hier eine Pad-Kühlung im Luft-Einlass installiert ist. Die Zuluft wird dann zunächst zwischen den beiden Decken entlang geleitet und gelangt über die Rieseldecke in den Stall, wo sie mittels weiterer Ventilatoren verteilt werden kann. Des Weiteren haben wir zur Energieeinsparung Wärmetauscher installiert. Die Erwärmung des Stalls erfolgt überwiegend über eine Fußbodenheizung und Dunkelstrahler, so dass nicht die komplette Stallluft erwärmt werden muss, sondern der Stall in verschiedenen Zonen unterteilt werden kann.
Dr. Stephanie Schäfers:
Ergebnisse bisheriger Untersuchungen
Hat sich die Tiergesundheit durch den Umbau des Stalls verbessert?
Dr. Stephanie Schäfers:
Wir konnten signifikante Verbesserungen im Hinblick auf die Fußballengesundheit der Tiere feststellen. Dies ist auf die geringere Einstreufeuchte, insbesondere in Bereichen mit hohen Feuchtegehalten, also im Bereich der Futter- und Tränkelinien, zurückzuführen. Verbesserungen im Bereich der Atemwegsgesundheit oder einen Einfluss auf andere Tiergesundheitsparameter konnten wir nicht beobachten.
Gab es Einsparungen hinsichtlich Wasser- und Energieverbrauch?
Dr. Stephanie Schäfers:
Der Stromverbrauch im umgebauten Stall ist leicht erhöht, was zum einen auf die Fußbodenheizung und zum anderen darauf zurückzuführen ist, dass die Ventilatoren auf Druckstabilität und nicht auf Energieeffizienz optimiert wurden. Allerdings konnte der Gasverbrauch deutlich reduziert werden, so dass insgesamt die Menge der benötigten Kilowattstunden pro Tier im umgebauten Stall reduziert werden konnte. Gleiches gilt für den Wasserverbrauch. Auch dieser konnte reduziert werden, was vor allem auf den deutlich geringeren Einsatz der Sprühkühlung zurückzuführen ist.
Wie ist der Testbetrieb bisher aus Ihrer Sicht gelaufen?
Sind Sie mit den bisherigen Ergebnissen zufrieden oder sehen Sie auch irgendwelche Nachteile für sich?
Projektbetrieb:
Was muss im Vorfeld beachtet werden?
Können bestehende Stallgebäude nachgerüstet werden?
Dr. Stephanie Schäfers:
Bestehende Gebäude können grundsätzlich relativ unproblematisch nachgerüstet werden. Dies ist allerdings nicht im laufenden Betrieb möglich. Je nach Zustand und Ausstattung des Bestandsgebäudes lässt sich der Umbau in einigen Tagen bis ca. zwei Wochen zwischen zwei Mastdurchgängen durchführen.
Benötigt man für den Umbau eine behördliche Genehmigung?
Dr. Stephanie Schäfers:
Ob eine behördliche Genehmigung für den Umbau erforderlich ist, hängt vom bereits vorhandenen Stallgebäude ab. Dies muss im Einzelfall individuell abgeklärt werden, insbesondere im Hinblick auf die Statik des Daches. In den meisten Fällen sollte der Umbau ohne Genehmigung möglich sein. Beim Stall, der im Projekt umgebaut wurde, war keinerlei behördliche Genehmigung erforderlich.
Wie hoch sind die Investitionskosten bei einem Umbau?
Dr. Stephanie Schäfers:
Die Umbaukosten belaufen sich je nach bereits vorhandener Ausrüstung des Stalles auf ca. 60.000 bis 100.000 Euro. Das lässt sich vorab nicht pauschalisieren, sondern es muss individuell geschaut werden, welche Installationen eventuell schon vorhanden sind und welche Anpassungen und Umbaumaßnahmen notwendig sind und wie diese im Einzelfall realisiert werden können.
Zukunftsperspektiven
In Hinblick auf das Thema Tierwohl wird vermehrt der Zugang zu Außenklimabereichen gefordert. Lässt sich dieses System mit dem Angebot eines Außenklimabereiches vereinbaren?
Dr. Stephanie Schäfers:
Die Funktionsweise des Gebäudekonzeptes beruht darauf, dass wir Zu- und Abluft vollständig kontrollieren können. Bei derzeit gängigen Außenklimabereichen würde jedoch ein unkontrollierter Einstrom von Zuluft entstehen. Denkbar wäre hier beispielsweise eine Lösung mit einer zusätzlichen Schleuse.
Die letzten Jahre waren durch z.T. sehr hohe Temperaturen im Sommer gekennzeichnet. Bietet das System Vorteile, um den Hitzestress in solchen Phasen möglichst gering zu halten?
Dr. Stephanie Schäfers:
Das System bietet gegenüber herkömmlichen Ställen in dieser Hinsicht Vorteile. Die Enthalpie konnte im Versuch deutlich reduziert werden. Jedoch reicht das System alleine nicht aus, um Hitzestress für die Tiere bei sehr hohen Temperaturen komplett zu vermeiden. Es müssen also nach wie vor noch weitere Maßnahmen zur Kühlung der Tiere ergriffen werden.
Wie blicken Sie in die Zukunft?
Ist dieser Teststall ein Modell, dass zukünftig in der Masthühnerhaltung breite Anwendung finden könnte?
Dr. Stephanie Schäfers:
Würden Sie einen solchen Umbau auch anderen Mästern empfehlen?
Projektbetrieb:
Zur Verbesserung der Energieeffizienz haben Sie auch Wärmetauscher im Einsatz. Wie ist Ihre Einschätzung dazu?
Projektbetrieb: