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Wie wird das Masthuhn aktiv?

Möglichkeiten der Haltungsanreicherung bei Masthühnern

  • Ludger Cordes, Rothkötter Mischfutterwerk GmbH 
  • Inke Drossé, Deutscher Tierschutzbund E.V.
  • Dr. Andreas Hemme, Die Praxis für Geflügel GbR
  • Marie-Louise Hentschel, BWE-Brüterei Weser-Ems GmbH & Co. KG
  • Prof. Helen Louton, Universität Rostock
  • Steffi Ropel, Biofino GmbH & Co. KG 
  • Silke Schierhold, Landwirtschaftskammer Niedersachsen
  • Dr. Birgit Spindler, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
  • Arnd von Hugo, Landwirt
  • Felix Wesjohann, BWE-Brüterei Weser-Ems GmbH & Co. KG

Förderhinweis
Dieses Dokument wurde im Rahmen des Verbundprojektes Netzwerk Fokus Tierwohl, Förderkennzeichen 28N-4-013-01 bis 28N-4-013-17, durch die Arbeitsgruppe „Masthühner“ des Tierwohl-Kompetenzzentrums Geflügel erarbeitet und durch DLG e.V. und FiBL Deutschland e.V. methodisch-didaktisch aufbereitet. 
Das Verbundprojekt der Landwirtschaftskammern und landwirtschaftlichen Einrichtungen aller Bundesländer hat das Ziel, den Wissenstransfer in die Praxis zu verbessern, um rinder-, schweine- und geflügelhaltende Betriebe hinsichtlich einer tierwohlgerechten, umweltschonenden und nachhaltigen Nutztierhaltung zukunftsfähig zu machen. 
Das Projekt wird gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. 

Alle Informationen und Hinweise ohne jede Gewähr und Haftung.

Herausgeber

DLG e.V.
Fachzentrum Landwirtschaft
Eschborner Landstraße 122
60489 Frankfurt am Main

FiBL Deutschland e.V.
Bereich Tierwohl
Kasseler Straße 1a
60486 Frankfurt am Main

Vervielfältigung und Übertragung einzelner Textabschnitte, Zeichnungen oder Bilder (auch für den Zweck der Unterrichtsgestaltung) sowie Bereitstellung des Merkblattes im Ganzen oder in Teilen zur Ansicht oder zum Download durch Dritte nur nach vorheriger Genehmigung durch die fachlich zuständige Geschäftsstelle des Tierwohl-Kompetenzzentrums und DLG e.V., Servicebereich Marketing, Tel. +49 69 24788-209, M.Biallowons@DLG.org

 

Der Begriff Tierwohl umfasst nicht nur die Tiergesundheit, sondern auch das Ausbleiben von negativen Emotionen wie Angst und Stress, sowie das Ausleben von arteigenem Verhalten (Abb. 1).

Unter naturnahen Bedingungen nimmt bei Hühnern vor allem das Nahrungsaufnahme- und Erkundungsverhalten, ebenso wie das Staubbaden einen Großteil des Tages ein.1 In der reinen Stallhaltung haben die Tiere jedoch einfachen Zugang zum Futter und zeigen unter anderem dadurch weniger Erkundungsverhalten. 

Zudem bietet die reine Bodenhaltung keine Möglichkeit zum Aufbaumen. Somit kann dem arteigene Ruheverhalten nur in Teilen nachgegangen werden.

Daher wurden in den letzten Jahren unterschiedlichste Ansätze erprobt, um die Haltungsumwelt der Tiere anzureichern. Durch den Einsatz von Beschäftigungsmaterial soll hierbei das Erkundungsverhalten der Masthühner angeregt werden, während Strukturelemente ein Aufbaumen ermöglichen. Ziel der Haltungsanreicherung ist somit, das Wohlbefinden der Tiere zu verbessern. Im Folgenden sollen diese Ansätze vorgestellt werden.

Wofür interessiert sich das Masthuhn?

In der Natur führen Hühner in Verbindung mit der Futteraufnahme und dem Futtersuchverhalten bis zu 15.000 Pickschläge pro Tag aus.1 Neben dem eigentlichen Picken sind auch das Boden- und Schnabelscharren Teil des Futtersuchverhaltens.3 Allerdings unterscheiden sich Masthuhn und Legehenne durchaus in ihrer Motivation zur aktiven Futtersuche. Dies ist bei der Auswahl des angebotenen Beschäftigungsmaterials zu beachten.4

Untersuchungen haben gezeigt, dass sich Masthühner selbst mit Plastikketten oder Stricken beschäftigen.4 Allerdings sollten Beschäftigungsmaterialien sowohl veränderbar, manipulierbar, als auch verbrauchbar sein und bestenfalls aus organischem Material bestehen, um dauerhaft attraktiv zu bleiben. Hierfür bieten sich z.B. Picksteine (Abb. 2), Luzerneballen, Luzernebriketts oder Strohpresslinge (Abb. 3) an. Bei Picksteinen sollte der Härtegrad beachtet werden. Weichere Pickblöcke sind für die Tiere attraktiver, verbrauchen sich aber auch schneller.1 Hier muss zu einem gewissen Maße die Wirtschaftlichkeit der verschiedenen Materialien berücksichtigt werden.

In wissenschaftlichen Untersuchungen hat sich das Ausstreuen von Weizen ab der dritten Lebenswoche bei extensiven Genetiken bewährt.5 In der Praxis werden in der Regel maximal 2 g Weizen pro Tier und Tag angeboten. Durch den Weizen wird das Erkundungsverhalten der Tiere angeregt. Die relativ geringe Menge an Weizen reduziert das Risisko, dass ein Teil der Tiere beginnt, das Futter zu selektieren und sich am Weizen satt frisst.  

Experimentelle Ansätze zum Angebot von Getreide über Rohrfördersysteme, Körnerstreuer und PickPucks (System aus der Legehennenhaltung, Abb. 4) haben bei konventionellen Genetiken gezeigt, dass alle diese Verfahren von den Masthühnern über die gesamte Mastdauer angenommen werden.6

Über das Rohrfördersystem können zudem auch Gemische aus Einstreumaterial und Weizen zur Beschäftigung angeboten werden. Je nach angebotenem Material wird hierdurch nicht nur das Futtersuchverhalten in Form von Picken und Scharren, sondern auch das Staubbaden gefördert.6

Jedoch ist die Aufnahme von Getreidekörnern aus der Einstreu aus hygienischen Gesichtspunkten mit einem gewissen Risiko für die Tiergesundheit verbunden. In Hinblick auf die Tierhygiene ist daher das Angebot von reinem Einstreumaterial über entsprechende Fördersysteme vorzuziehen. Zudem steht im Vergleich zu den Pickblöcken und Presslingen bei den hier angeführten Fördersystemen und Körnerstreuern das Beschäftigungsmaterial den Tieren nicht kontinuierlich zur Verfügung. 

Heu und Luzerne, welches in der Legehennenhaltung vermehrt in Netzen oder Metallkörben angeboten wird, kommt bei Masthühnern hauptsächlich in der ökologischen Tierhaltung zum Einsatz, ist aber auch für die konventionelle Haltung zu empfehlen. Beim Einsatz von Heu gilt es jedoch zu beachten, dass gerade beim Angebot von lang geschnittenem Heu, die Gefahr besteht, dass es zu Kropfverstopfungen durch die Bildung von Kropfwicklern kommt.

Zum Einsatz von Saftfutter in Form von z.B. Möhren, Äpfeln und Kartoffeln, wie es bei Legehennen angeboten wird, liegen bei Masthühnern kaum Erfahrungen vor. Daher ist auch nicht bekannt, wie sich eine übermäßige Aufnahme auf die Leistungsentwicklung der Tiere auswirken würde. Grundsätzlich birgt Saftfutter jedoch das Risiko, dass die Lagerfähigkeit begrenzt ist und das Material bei ungünstigen Umweltbedingungen schnell verdirbt.1

Allgemein sollten beim Angebot von organischem Beschäftigungsmaterial immer auch hygienische Aspekte berücksichtigt werden. Bei der Lagerung gilt es grundsätzlich sicherzustellen, dass ein Kontakt mit Schadnagern oder anderen Vektoren, die zu einer Erregereinschleppung führen könnten, ausgeschlossen ist. Aufgrund des Herstellungsprozesses weisen Strohpresslinge, thermisch behandelte Luzerneballen oder -briketts und Picksteine im Hinblick auf die Hygiene Vorteile gegenüber Stroh und Heu auf.

Die Initiative Tierwohl fordert bei Masthühnern das Angebot von einem Beschäftigungsmaterial auf einer Stallfläche von 150 m², dies entspricht 2500 - 3000 Tiere / Beschäftigungsmaterial. Bei anderen Label-Programmen werden den Tieren neben Strohballen auch Picksteine angeboten. Je etwa 1000 Masthühnern wird ein Pickstein gefordert.

Sitzstangen oder erhöhte Plattformen bieten Möglichkeiten zum Aufbaumen

Zum Ruhen suchen Hühner vor Einbruch der Dunkelheit erhöhte Sitzmöglichkeiten auf.3 Sitzstangen werden zwar von Legehennen gut angenommen, Masthühner bevorzugen jedoch eher erhöhte Plattformen.7,8 Das Angebot von erhöhten Ebenen kann dazu beitragen, das natürliche Komfort- und Ruheverhalten der Tiere zu unterstützen und bietet gleichzeitig die Möglichkeit Artgenossen aus dem Weg zu gehen.10 

In den letzten Jahren wurden vermehrt Untersuchungen zum Angebot von erhöhten Ebenen durchgeführt. Hierbei wurden sowohl Ebenen mit perforierten Böden als auch Ebenen mit geschlossenen Flächen untersucht.

Es zeigte sich, dass sowohl perforierte Ebenen, als auch Ebenen mit geschlossenen Aluplatten über den gesamten Mastdurchgang von konventionellen Genetiken, wie zum Beispiel Ross 308, aufgesucht wurden.6, 11, 12 Dabei nutzen die Masthühner die erhöhten Sitzmöglichkeiten nicht nur nachts, sondern auch im übrigen Tagesverlauf.6,11,12 Hierbei unterschied sich jedoch die Nutzungsintensität von Herde zu Herde.12

Im direkten Vergleich wurden in den ersten vier Lebenswochen perforierte Ebenen bevorzugt, während gegen Ende der Mast vermehrt Ebenen mit geschlossener Fläche aufgesucht wurden.11

Zusätzlich zu der eigentlichen Sitzfläche nutzten die Tiere auch die Rampen zum erhöhten Ruhen. Ebenso schien der Bereich unter der Ebene für die Tiere als Rückzugsmöglichkeit besonders attraktiv zu sein.6, 13

Neben den positiven Effekten in Hinblick auf das Tierverhalten, gibt es auch erste Hinweise dafür, dass das Angebot von erhöhten Ebenen sich zusätzlich positiv auf die Gesundheit des Bewegungsapparates auswirken kann.8, 9 Jedoch konnte dieser Effekt in verschiedenen Studien nicht durchgehend aufgezeigt werden, so dass hierzu noch weiterer Forschungsbedarf besteht.10 

Da die Ebenen nach jedem Durchgang in der Serviceperiode gereinigt werden können, ist ihr Einsatz aus tierhygienischer Sicht als unbedenklich einzuschätzen.

Bei der Wahl der passenden Ebene für den Einsatz im eigenen Stall sollten jedoch unterschiedliche Faktoren beachtet werden:

  • Wichtig ist, dass genügend Rampen zur Verfügung gestellt werden. Diese sollten einen flachen Aufstiegswinkel von 20-30° aufweisen und breit genug sein, damit die Tiere auch aneinander vorbeilaufen können.6,12
  • Ebenso sollten die Rampen in einem oberen Plateau enden, über das die Tiere leicht auf die Ebene gelangen.
  • Wenn perforierte Rampen eingesetzt werden, muss der Perforationsgrad so gewählt sein, dass auch junge Tiere gut auf den Rampen laufen können.11 Hier hat sich z.B. eine Maschenweite von 19x19mm bewährt.6
  • Bei Teilnahme an Programmen, in denen den Tieren mehr Platz angeboten wird, als in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordung vorgegeben (z.B. Initiative Tierwohl), kann die Fläche der erhöhten Ebene als nutzbare Fläche mit angerechnet werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Ebenen nicht perforiert und eingestreut sind (Abb. 6).11

In Label-Programmen werden zum Teil auch kleine, hochdruckgepresste Strohquaderballen als Strukturelemente eingesetzt. Während die Küken zunächst bevorzugt an den Strohballen ruhen, baumen die Tiere mit zunehmendem Alter auch auf. Dies gilt sowohl für extensive Genetiken wie zum Beispiel Ranger Classic, Hubbard JA57, Cobb Sasso, aber auch für konventionelle Genetiken wie zum Beispiel Ross 308.14

Zudem werden die Ballen vermehrt bepickt, auch wenn dieses Verhalten mit zunehmendem Alter etwas weniger gezeigt wird.14 Strohballen haben somit einen Doppelnutzen. Zusätzlich tragen sie in gewissem Maße zur Verbesserung der Einstreuqualität bei, wenn die Tiere das Stroh durch scharren und picken verteilen. In den meisten Label-Programmen werden neben Sitzstangen auch Strohballen angeboten, in der Regel 1,5 bis 2 Ballen / 1000 Tieren. Jedoch gilt es beim Einsatz der Strohballen zu beachten, dass Strohballen aus hygienischer Sicht ein gewisses Risiko darstellen. So besteht zum Beispiel die Gefahr, dass Zoonoseerreger des Typ I in den Stall eingetragen werden können. Bei positivem Nachweis ergeben sich daraus Nachteile für die sich anschließende Verwertung.

Statt Strohballen setzen einige Betriebe daher inzwischen auf Luzerneballen (Abb. 7). Die Anschaffung der Luzerneballen ist zwar kostenintensiver, dennoch ist das hygienische Risiko, das von Luzerneballen ausgeht, geringer. Zudem tragen Luzerneballen, vergleichbar wie Strohballen, nicht nur zur Strukturierung des Stalles bei, sondern dienen auch gleichzeitig als Beschäftigungsmaterial.

Eine weitere Möglichkeit, Masthühnern erhöhte Sitzmöglichkeiten anzubieten, ist das Einbringen von mit Dinkelspelzen gefüllten Zellulosesäcken (Abb. 8). Diese sind im Gegensatz zu Stroh- und Luzerneballen nur ca. 10-15 cm hoch, was sich aber gerade für die jungen Tiere als Vorteil erweist. Mit zunehmendem Alter werden die Säcke jedoch auch immer mehr bepickt und es entstehen Löcher in der Oberfläche der Säcke. Sobald die Masthühner an die Dinkelspelzen gelangen, fungieren die Säcke mehr und mehr als Beschäftigungsmaterial und können nicht mehr zum Aufbaumen genutzt werden. In Hinblick auf die Biosicherheit, ist das Risiko, über Säcke mit Dinkelspelzen Erreger in den Stall einzutragen, als gering anzusehen.

Sauberes Gefieder durch Staubbäder

Unter dem Begriff des Komfortverhaltens werden beim Huhn unterschiedliche Verhaltensweisen zusammengefasst: Neben Strecken der Beine und Flügel sowie Flügelschlagen gehört im besonderen Maße auch die Körper- und Gefiederpflege zum Komfortverhalten. Durch Federputzen, aber auch Staubbaden halten die Tiere ihr Gefieder sauber und funktionsfähig. Komfortverhalten wird bei Hühnern besonders in Ruhephasen beobachtet, wenn die Tiere ungestört sind3.

Das Staubbaden beginnt mit Picken in der Einstreu, es folgt das Einpudern des Gefieders durch Flügel- und Körperschütteln in Sitzhaltung. Zudem werden Kopf und Nacken in der Einstreu gerieben. Dieses Verhalten wird mehrfach mit zwischenzeitlichen Ruhephasen wiederholt, bis das Tier schließlich aufsteht und sich schüttelt.3 Staubbadeverhalten wird, wenn auch zunächst unvollständig, schon ab der ersten Lebenswoche gezeigt. Das Verhalten wird sowohl bei Legehennen als auch bei Masthühnern beobachtet, auch wenn die Staubbadesequenzen bei Masthühnern deutlich kürzer sind als bei Legehennen.3

Damit die Tiere beim Staubbaden die Einstreu über dem Körper verteilen können, muss die Einstreu locker und trocken sein. Dies ist eine Grundvoraussetzung, damit die Tiere auch in der Einstreu staubbaden.  

In der Ökologischen Tierhaltung bieten den Tieren häufig die Ausläufe eine zusätzliche Möglichkeit zum Staubbaden. Dennoch wird durch die Verbände inzwischen bereits ab der ersten Lebenswoche eine Staubbademöglichkeit gefordert.

Staubbäder anbieten, aber wie?

In experimentell durchgeführten Wahlversuchen konnte gezeigt werden, dass Masthühner bevorzugt in Sand und weniger in lockeren Hobelspänen staubbaden15. Weitere Materialien, die bereits erprobt wurden, sind Haferspelzen, Torf und Strohpellets. Torf wurde sehr gut angenommen, gefolgt von Haferspelzen. Strohpellets und Hobelspäne erwiesen sich als weniger attraktiv zum Staubbaden16. Auch wenn Torf eine hohe Akzeptanz bei den Tieren aufwies, ist der Einsatz aus hygienischer Sicht, aber auch aufgrund von geringer Nachhaltigkeit, eher nicht zu empfehlen. Auch der Einsatz von Sand birgt beim vermehrten Einsatz Nachteile für Masthühnerhalter, da ein vermehrter Eintrag in die Einstreu dazu beitragen kann, dass der Mist nach Abschluss des Durchganges nicht mehr in Biogasanlagen genutzt werden kann.

Im Projektvorhaben MaVeTi wurden vergleichende Untersuchungen mit Sägemehl, Gesteinsmehl und Dinkelspelzenpellets durchgeführt. Hierbei wurden die Tiere vermehrt in dem Staubbad beobachtet, in dem Sägemehl angeboten wurde. Zudem zeigte sich, dass insbesondere das erneute Einbringen von Material, die Tiere zum Staubbaden anregte6. Auch wenn das Gesteinsmehl von den Masthühnern gut angenommen wurde, hat sich im Projekt gezeigt, dass die Staubbelastung bei dem sehr feinen Material nicht unerheblich ist und sich die anschließende Entsorgung als problematisch erweist.

In der ökologischen Tierhaltung werden seitens der Verbände zum Teil konkrete Anforderungen wie z.B. bestimmte Anteile an Sand und Grit an das Staubbadmaterial gestellt.

Das Substrat zum Staubbaden kann den Masthühnern direkt in der Einstreu angeboten werden. Bei dieser Form des Angebotes, wird das Material jedoch relativ schnell von den Tieren verteilt. Um seltener nachfüllen zu müssen, kann es von Vorteil sein, das Material stattdessen in Behältern anzubieten.

Runde Maurerkübel können als Begrenzung dienen. Sie bieten den Masthühnern gleichzeitig Rückzugsräume (Abbildung 9) und werden zeitweise auch zum Aufbaumen genutzt. Aufgrund ihres begrenzten Platzangebotes eignen sie sich besonders für die erste Phase der Mast. Die Kübel sollten mit 2-3 Öffnungen versehen werden. Diese verhindern, dass sich zu viele Masthühner in den Kübeln sammeln und es im schlimmsten Fall zu Hitzestress oder erdrückten Tieren kommt1.

Durch den Einsatz von Rahmen aus Holz, Metall oder Plastik (Durchmesser 1 m) können hingegen bei älteren Tieren Staubbädern mit vermehrten Platzangebot geschaffen werden. Wobei Metall- und Plastikringe sich besser reinigen und desinfizieren lassen1, 16 und daher den Holzrahmen vorzuziehen sind. Ein Nachteil entsprechender Rahmen kann jedoch sein, dass sie z.B. beim Vorgriff behindern.

Außenklimabereiche – verschiedene Klimazonen bieten Abwechslung

Auch der Zugang zu Außenklimabereichen stellt eine Form der Haltungsanreicherung dar, da dieser zusätzlich Abwechslung für die Masthühner schafft.

Erste Untersuchungen zum Angebot von überdachten Außenklimabereichen haben gezeigt, dass diese sowohl von extensiven als auch von konventionellen Genetiken angenommen werden.14, 17 Die Tiere erhalten in der Regel erst mit Beginn der vierten Lebenswoche Zugang zum Außenklimabereich.5, 14 Grund hierfür ist, dass die Küken in den ersten Wochen noch ein hohes Wärmebedürfnis haben. Ausreichend hohe Temperaturen lassen sich nur im Stallinnenraum realisieren.

Verhaltensbeobachtungen haben gezeigt, dass Masthühner im Außenklimabereich insgesamt aktiver sind als im Inneren des Stalls.14, 18 Die Nutzung der Außenklimabereiche scheint auch vom Außenklima abhängig zu sein, so werden diese bei wärmeren Außentemperaturen tendenziell besser angenommen.14, 18

Außenklimabereiche sind für Masthühner attraktiv und werden entsprechend angenommen, in Hinblick auf die Tierhygiene ist das Eintragsrisiko für Krankheitserreger wie z.B. der Aviären Influenza und Salmonellen zu berücksichtigen.

Fazit

Die Zucht spezialisierter Linien zur Ei- und Fleischproduktion, hat dazu geführt, dass sich die Ausprägung der verschiedenen Verhaltensweisen bei Masthühnern und Legehennen teils stark unterscheidet. Dies liegt zum einen an den körperlichen Unterschieden, aber auch daran, dass Legehennen deutlich älter werden als Masthühner, die als Jungtiere geschlachtet werden. Bereits vorliegende Erfahrungen aus der Legehennenhaltung lassen sich daher nicht 1:1 auf Masthühner übertragen. Masthühner sind insgesamt weniger aktiv als Legehennen3. Langsam wachsende Masthühner sind dabei vergleichsweise aktiver.4

Dennoch hat sich gezeigt, dass Angebote zur Haltungsanreicherung wie erhöhte Sitzmöglichkeiten, Beschäftigungsmaterialien oder Staubbäder auch von Masthühnern angenommen werden. Dabei zeigen sich zwischen den verschiedenen Genetiken jedoch auch Unterschiede. So werden Strukturelemente von extensiven Genetiken im Vergleich zu konventionellen Genetiken vermehrt angenommen.19

Insgesamt betrachtet tragen die unterschiedlichen Angebote dazu bei, dass die Tiere ihrem arteigenen Verhalten nachgehen können, und sind somit aus Sicht des Tierwohls positiv zu bewerten. Jedoch entstehen durch das Angebot von Beschäftigungsmaterial und Strukturelementen auch deutliche Mehrkosten für den Tierhalter. Diese Mehrkosten können Tierhalter zum jetzigen Zeitpunkt hauptsächlich durch die Teilnahme an Labelprogrammen an den Verbraucher weitergeben.

Literatur

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  3. Bessei, W. und K. Reiter (2009): Verhalten von Hühnern – in Hoy, Nutztierethologie, Stuttgart, Eugen Ulmer KG
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  9. Mocz, F., Michel, V., Janvrot, M., Moysan, J.P, Keita, A., Riber, A.B. und M. Guinebretière (2022): Positive effects of elevated platforms and straw bales on the welfare of fast-growing broiler chickens reared at two different stocking densities, Animals, 12, 542.
  10. Malchow, J. und L. Schrader (2021): Effects of an elevated platform on welfare aspects in male conventional broilers and dual-purpose chickens, frontiers in Veterinary Science 8:660602.
  11. Malchow, J. (2022): Auf Rosten oder glatten Flächen, DGS-Magazin 03/2022
  12. Malchow, J. (2022): Auf erhöhten Ebenen fit durch die Mast, DGS Magazin, 3, 22-24.
  13. Vodcast „Mehr Tierwohl für das Masthuhn“ Interview mit Birgit Schiller abrufbar unter Verbesserung des Tierwohls von Masthühnern - Fokus Tierwohl (fokus-tierwohl.de)
  14. Bergmann, S., A. Schwarzer, K. Wilutzky, H. Louton, J. Bachmeier, P. Schmidt, M. Erhardt und E. Rauch (2017): Behavior as welfare indicator for the rearing of broilers in an enriched husbandry environmentd - A field study, Journal of Veterinary Behavior, 19, 90-101.
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  17. Rodenburg, T.B., E. Coenen, J. van Harn, P. Lenskens, und M.A.W . Ruis (2004): Effect of an outdoor run and natural light on welfare of fast growing broilers. In: Proceedings of the 38th ISAE Congress, Helsinki, Finland, August 3-7, 2004, 93.
  18. Ruis, M.A.W., E. Coenen, J. van Harn, P. Lenskens, und T.B, Rodenburg (2004): Effect of an outdoor run and natural light on welfare of fast growing broilers. In: Proceedings of the 38th ISAE Congress, Helsinki, Finland, August 3-7, 2004, 255.
  19. Dawson, L.C., Widowski, T.M., Liu, Z., Edwards, A.M. und S. Torrey (2021): In pursuit of a better broiler: a comparison of the inactivity, behavior, and enrichment use of fast- and slower growing broiler chcikens, Poultry Science, 100:101451, 1-15.