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SchweineWohl im Fokus – Leitfaden für den Bau von Außenklimaställen unter Berücksichtigung des Immissionsschutzes

Eine durchdachte Planung senkt den Zeit- und Kostenaufwand

  • Ewald Grimm, Kuratorium fürTechnik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (KTBL)
  • Dr. Sabrina Hempel, Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB Potsdam)
  • Martin Kamp, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
  • Prof. Stephan Schneider, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen
  • Sandra Terletzki, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
  • Dr. Sabine Schütze, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen

Einleitung

Sie sind neu- oder umbauwilliger Landwirt und wollen auf ein alternatives Haltungssystem umsteigen? Dann sollten Sie gut überlegt mit der Planung beginnen. Da der Immissionsschutz ein wesentlicher Teil des Genehmigungsverfahrens ist und über die Erfolgsaussichten entscheidet ist es sinnvoll, fachkundige Bauberater sowie Sachverständige, insbesondere zum Immissionsschutz, einzubeziehen. Was beachtet werden muss, wird im Folgenden von der AG „Emissionsminderung“ des Tierwohl-Kompetenzzentrums Schwein im Netzwerk Fokus Tierwohl erläutert. Eine Leitfrage für die Planung ist: Was soll wo und wie gebaut werden? (Tab. 1)

Tabelle 1: Leitfrage - Was soll wo wie gebaut werden?
Was? 
  • Tierart/Produktionsrichtung
  • Produktionsverfahren
  • Tierplatzzahl
  • Haltungsform
  • Haltungsform
 
Wo? 
  • geeigneter Standort
    • Innen-/Außenbereich
    • bauplanungsrechtliche Zulässigkeit (Privilegierung)
    • Erschließung
    • Abstand zu Wohn- oder anderen empfindlichen Nutzungen sowie zu geschützen Biotopen
    • Vorbelastung durch andere Betriebe
    • Gelände und Witterung (insbesondere Wind und kleinklimatische Bedingungen)
 
Wie? 
  • Stand der Technik (zur Emissionsminderung)
  • Management zur Emissionsminderung
 
Wer? 
  • Landwirt:in
  • Mitarbeitende
  • Beratende diverser Fachbereiche
 

Was muss im Vorfeld vor der Investitionsentscheidung überlegt und geklärt werden?

Aufgrund der Komplexität eines Bauvorvorhabens sollten zwingend Berater für die Planung und den Bau hinzugezogen werden. Es eignen sich Mitarbeitende von Ingenieurbüros, öffentlichen Einrichtungen bzw. Landwirtschaftsbehörden wie z. B. Kammern oder auch Erzeugerringe und Architekten. Je nach Bundesland gibt es verschiedene Anlaufstellen für Landwirte. Die Beratenden können den Bauinteressierten z. B. erläutern, welche Unterlagen für das Genehmigungsverfahren benötigt werden und wie das Verfahren abläuft, was als Stand der Technik zur Emissionsminderung erforderlich und möglich ist und welche Informationen und Formulare bei welcher Behörde eingereicht werden müssen. Wenn Art und Umfang des Bauvorhabens geklärt sind ist zu empfehlen, noch vor Detailarbeiten durch einen Architekten eine Beratung bezüglich der Eignung des Standortes einzuholen, damit keine aussichtslosen Planungen auf den Weg gebracht werden.

Steht weitestgehend fest, wie das Vorhaben aussehen soll, müssen die Finanzierung, Vermarktung und Arbeitswirtschaft geklärt sein, bevor mit den ersten Schritten des Bauvorhabens begonnen wird. Es sollte feststehen, wie wirtschaftlich die Um-/Neubaumaßnahme ist, und ob eine Bank - auch in Verbindung mit einer etwaigen Förderung - einen Kredit gewährt. Ein Sachverständiger oder auch die Fachberatung der Landwirtschaftsverwaltung kann bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung des geplanten Bauprojektes helfen.

Es gibt je nach Bundesland verschiedene Fördermöglichkeiten wie z. B. das Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP). Im Rahmen des AFP werden auch „spezifische Investitionen zum Klima- und Umweltschutz“, sogenannte SIUK-Maßnahmen, bezuschusst. Hierunter fallen Investitionen in emissionsmindernde Maßnahmen wie z. B. Fütterungssysteme für die N-/P-reduzierte Fütterung oder auch die Kot-Harn-Trennung. Verschiedene Maßnahmen hat die AG „Emissionsminderung“ hier zusammengefasst.

Zusätzlich muss feststehen, über welches Konzept vermarktet werden soll. Wichtig ist, dass für alle Tiere ausreichend sicher Abnehmer in Aussicht stehen und somit die Vermarktung weitestgehend und auch langfristig gesichert ist. Dazu sollten alle Vermarktungschancen der Region geprüft und hinsichtlich der Auflagen bzw. Kriterien und der Erlöschancen abgewogen werden. Vergegenwärtigen sollte man sich, mit welcher Haltungsform die Produkte nach dem Tierhaltungskennzeichnungsgesetz (TierHaltKennzG) gesetzlich gekennzeichnet werden und was das für die Vermarktung bedeuten kann. Ist ein Vermarkter aus der Region mit einem privaten Label als Vertragspartner geplant, muss mit diesem besprochen werden, was bezüglich des neuen Stalls relevant ist bzw. ob die eigenen Vorstellungen dazu passen.

Eine grundlegende Entscheidung ist die Wahl des Entmistungsverfahrens, wobei inzwischen auch Kombinationen von Flüssig- und Festmistverfahren praktiziert werden. Überhaupt gibt es praktisch keine festgelegten Haltungssysteme, sondern nur Rahmenbedingungen, die dann durch die Kombination unterschiedlicher Elemente (Module) individuell erfüllt werden. Letztlich muss das Verfahren, also die gewählte Kombination, mit den gewünschten Anforderungen der Vermarktung oder ggf. Kennzeichnung im Einklang stehen.

Es muss festgelegt werden, wie viele Tiere gehalten bzw. produziert werden sollen und ob die dazu erforderliche Stallgröße auch realisierbar ist. Abhängig vom Entmistungsverfahren können darüber hinaus unter anderem auch Nebeneinrichtungen wie Gülle- und Festmistlager sowie bei Verfahren mit Einstreu die entsprechenden Lagerflächen erforderlich sein. Deren Neubau muss, wenn vorhandene Gebäude nicht geeignet sind, mitgeplant werden. Dass alternative Haltungssysteme wie z. B. ein Stall mit Auslauf einen höheren Arbeitsaufwand mit sich bringen, der sogar doppelt so groß sein kann wie in der konventionellen Haltung, sollte vor dem Um- oder Neubau unbedingt in die Planungen einbezogen werden. Durch die vielen verschiedenen Elemente, die insbesondere für die höheren Haltungsformen in Frage kommen, bietet es sich an, vor der Detailplanung Kontakt zu Berufskollegen zu suchen und sich verschiedene Ställe anzusehen. So können von Kollegen nützliche Anregungen und Tipps einholt werden, um ein für die eigenen Ziele geeignetes Stallkonzept zu finden. Beispielhaft fertige Stallkonzepte hat EIP-Schwein erarbeitet.

Allen neu- und umbauwilligen Landwirten muss vor Beginn bewusst sein, dass für die ersten Schritte der Bauplanung mit mehreren Tausend Euro in Vorleistung getreten werden muss, ohne eine Sicherheit zu haben, dass das Vorhaben realisiert werden kann. Ohne eine kostenverursachende Vorarbeit bezüglich der Planung können nicht nur zeitliche Verzögerungen auftreten, sondern es kann sich zu spät herausstellen, dass ein Vorhaben gar nicht umsetzbar ist. Zu solchen grundsätzlichen Vorentscheidungen zählen u. a. Gutachten zum Immissionsschutz, die die Eignung des Standortes hinsichtlich Geruchsbelastungen der Nachbarschaft und Auswirkungen durch Ammoniak in die Natur untersuchen. Dazu sollten frühzeitig möglichst konkrete Abstimmungsgespräche mit den Behörden stattfinden, wobei hier nicht die Baubehörde, sondern die Immissionsschutzbehörde maßgeblich ist.

Hinweis

Aufgrund der Komplexität von Bauvorhaben ist es ratsam, neutrale Berater aus verschiedenen Bereichen, wie z. B. aus der Vermarktung oder dem Immissionsschutz, hinzuzuziehen. Am besten holen Sie sich noch ganz zu Beginn Ihrer Planungen Beratung ins Haus, die Sie auf dem ganzen Weg der Bauphase begleiten wird.

Wie unterscheiden sich die Haltungsformen nach dem TierHaltKennzG*?

*regelt nur die Haltung von Mastschweinen
StallEinhaltung gesetzlicher Anforderungen
Stall + Platz

12,5 % größeres Platzangebot im Vergleich zum gesetzlichen Mindeststandard. Zusätzliche Ausstattungselemente in der Bucht, z. B. verschiedene Strukturelemente und Raufutter

Frischluftstall

Außenklima hat wesentlichen Einfluss; größeres Platzangebot als bei Stall + Platz 

Auslauf/Weide

umfangreicheres Auslaufangebot und größeres Platzangebot als beim Frischluftstall

Bioentspricht Anforderungen der EU-Ökoverordnung; größerer Auslauf und noch mehr Platz im Stall

 

Was ist ein geeigneter Standort?

Nachdem die Finanzierung und die Vermarktung stehen, geplant ist, wie viele Tiere gehalten werden sollen und überlegt wurde, welches Stallkonzept zumindest grob in Frage kommt, muss ein geeigneter Standort gefunden werden, wenn es sich um einen Neubau handelt.

Ein geeigneter Standort für einen Stall ist zuerst einmal ein Platz, auf dem grundsätzlich überhaupt gebaut werden darf und der die gewünschte Tierplatzzahl und daraus erforderliche Stallgröße ermöglicht. Es müssen neben dem Stallgebäude an sich auch ausreichend Möglichkeiten für beispielsweise ein Güllelager, einen Festmistplatz, eine Strohlagerung oder auch einen Aufenthaltsraum sowie Sanitäreinrichtungen für etwaige Mitarbeitende vorhanden sein.

Im Außenbereich sind bei einem Stallneubau, Umbau oder der Erweiterung eines bestehenden Betriebes die daraus resultierenden bauplanungsrechtlichen Konsequenzen zu beachten. Entsprechende Bauvorhaben sind im Außenbereich nur dann privilegiert umsetzbar (sog. landwirtschaftlich privilegiertes Bauen im Außenbereich), wenn

  • unabhängig von der Betriebsgröße mehr als 50 % des Futters auf den zum Betrieb gehörenden landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden (können) oder
  • der Gesamtbestand der Tierhaltungsanlage an einem Betriebsstandort im Außenbereich 1.500 Mastschweine- oder 560 Sauenplätze unterschreitet.

Falls keine ausreichenden eigenen oder gepachteten Futterflächen verfügbar sind und die Tierhaltung den vorgenannten Bestand überschreitet, ist die Tierhaltung bauplanungsrechtlich nicht privilegiert. Das Bauvorhaben kann dann nur mit einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan realisiert werden. Dies ist einerseits aufwändiger als ein normales (Bau-)Genehmigungsverfahren und andererseits nur dann umsetzbar, wenn die Gemeinde zustimmt.

Eine Ausnahme gilt für bestehende, nicht privilegierte Betriebe, die in Richtung Tierwohl mit den Haltungsformen Frischluftstall, Auslauf/Weide oder Bio im Sinne des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes umbauen wollen. Dabei darf die Tierart aber nicht geändert werden, außer es ist eine höhere Haltungsform als vorher im Sinne des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes geplant. Zudem dürfen die Tierzahlen nicht erhöht und die Stallungen nur in dem Maß vergrößert werden, wie dies für die gewählte Haltungsform erforderlich ist. Flächen für einen erforderlichen Auslauf werden dabei nicht angerechnet. Unter Berücksichtigung bestimmter Anforderungen sind auch der Rückbau vorhandener Stallungen und gleichartige Ersatzneubauten möglich.

Zur Berücksichtigung der bauplanungsrechtlichen Anforderungen ist die Nutzung einer entsprechenden Spezialberatung dringend zu empfehlen.

Weiterhin ist der Umweltschutz ein wichtiger Faktor. Da durch die Schweinehaltung Emissionen wie Geruch und Ammoniak entstehen und in die Umgebung freigesetzt werden, muss geprüft werden, ob der Standort für diese Belastungen geeignet ist. Dabei sind Vorbelastungen durch andere Betriebe ggf. mit zu berücksichtigen und es wird zwischen der Art der Schutzgüter unterschieden: Den Nachbarn können nur begrenzt Geruchsbelastungen zugemutet werden und in die Natur (Biotope, Lebensräume in FFH-Gebieten) darf nicht zu viel Stickstoff durch Ammoniak eingetragen werden. Daher können Umweltwirkungen auch gegen einen Standort sprechen, wenn keine ausreichenden Abstände zu Schutzgütern eingehalten werden.

Emissionsmindernde Maßnahmen können einen zunächst ungeeigneten Standort doch ermöglichen. Allerdings stehen verlässliche Maßnahmen bei Außenklimaställen oder Haltung mit Auslauf nur in deutlich begrenzterem Umfang zur Verfügung als für Ställe mit Zwangsbelüftung. Abluftreinigungsanlagen können bei freier Lüftung z. B. nicht eingesetzt werden. Zudem sind bei offenen Ställen mit Auslauf die Anforderungen an die Eignung eines Standortes höher als bei geschlossenen Ställen, da bspw. in Hanglage bodennah freigesetzte Gerüche durch Kaltluftabflüsse auch in größerer Entfernung noch belästigend in der Wohnbebauung wirken können.

Für den Fall, dass der Betrieb in der Zukunft ggf. erweitert werden soll, ist es wichtig, die Möglichkeiten dazu gleich in die Planung einzubeziehen. Bedacht werden muss neben zusätzlichen Emissionen und Umweltwirkungen auch, dass ausreichend Platz für einen Stallanbau oder -neubau und auch folgend z. B. ein erweiterbares Gülle-, Mist- oder Einstreulager vorhanden ist.

Bei einem Neubau muss am entsprechenden Standort auch die Erschließung gewährleistet sein (Zuwegung, Energieversorgung, Wasser/Abwasser). Hier können entsprechende Kosten zu den eigentlichen Baukosten hinzukommen. Ob ein Grundstück erschlossen ist, kann beim zuständigen Bauamt nachgefragt werden.

Wie laufen die Konkretisierung des Bauvorhabens und die Antragsstellung ab?

Nachdem ein geeigneter Standort gefunden wurde und die Investitionen geklärt wurden, folgt nach dieser Planungsphase der nächste Schritt: Die Konkretisierung des Vorhabens durch die Antragszusammenstellung. Hier empfiehlt es sich, Kontakt zur zuständigen Genehmigungsbehörde aufzunehmen. Auch die zu Beginn angefragten Beratenden helfen, um u. a. behördlich regionale Vorgaben und Besonderheiten berücksichtigen zu können.

Zuständig für den Bauantrag sind die Baubehörden. Wenn es sich um eine nach Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftige Anlage handelt (umgangssprachlich häufig „BImSchG-Anlage“ genannt), wird das Bauamt den Antragsteller an die Immissionsschutzbehörde verweisen. Die letztendlich dann zuständige der beiden Behörden legt den Antrag zur Stellungnahme bei den verschiedenen Fachbehörden wie z. B. der Naturschutzbehörde, dem Veterinäramt und weiteren vor. Diese Behörden machen sich unter Umständen auch vor Ort ein Bild und geben eine Beurteilung ab, die zum einen Nachforderungen zu den Antragsunterlagen beinhalten kann, zum anderen auch Anforderungen an eine etwaige Genehmigung (Auflagen oder Bedingungen).

Wie bei der Fragestellung der Standorteignung schon aufgeführt, sind in der Regel Gutachten als Teil der Antragsunterlagen in Auftrag zu geben, die zumindest die Auswirkungen von Ammoniak und Gerüchen beinhalten. Ob weitere Luftinhaltsstoffe relevant werden könnten, sollte mit dem Gutachter besprochen und abgewogen werden. Einerseits sollen nicht unnötige Gutachtenarbeiten geleistet werden, andererseits könnten sich zunächst zurückgestellte Aspekte später als Problem herausstellen. Das betrifft auch den Detaillierungsgrad der Gutachten, z. B. ob die Wahl der erforderlichen Wetterdaten durch den Gutachter selbst oder ein weiteres Fachbüro erfolgen soll. Bezüglich der Gutachten gibt es diverse Unterschiede zwischen den Bundesländern, der Art des Vorhabens, der Anlagengröße und auch den Gegebenheiten des Standortes.

Was ist eigentlich ein Gutachten?

In Verbindung mit der Antragstellung einer Tierhaltung wird unter einem Gutachten in der Regel eine Begutachtung zu den Emissionen und der Ausbreitung dieser, insbesondere von Gerüchen und Ammoniak, in der Umwelt sowie möglichen Auswirkungen auf die Schutzgüter (s. u.) und Minderungsmaßnahmen verstanden. Ein solches Gutachten wird von einem Sachverständigen erstellt und dient dem Nachweis, dass die Immissionsgrenzwerte der TA Luft eingehalten werden. Es können zwei verschiedene Methoden Anwendung finden: Abstandsberechnungen oder Prognoseberechnungen. Letztere sind erheblich aufwändiger, allerdings auch genauer. Häufig wird die Methode von der Behörde vorgegeben oder zumindest mit ihr abgestimmt.

Was bedeuten Schutz und Vorsorge und wo liegt der Unterschied?

Bei Schutz und Vorsorge handelt es sich um Anforderungen in der TA Luft. Nach den Schutzanforderungen dürfen Belastungen, die durch Luftschadstoffe in der Umwelt hervorgerufen werden (Immissionen), bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten. Diese Grenzwerte gelten für alle Anlagen, unabhängig von ihrer Größe. Der Nachweis erfolgt durch vorgenannte Gutachten.

Bei der Vorsorge handelt es sich um Anforderungen, mit denen die Entstehung und Freisetzung von Emissionen von vorneherein möglichst gering gehalten werden soll – unabhängig davon, ob das an dem jeweiligen Standort überhaupt notwendig wäre. Die dazu eingesetzten emissionsmindernden Maßnahmen (z. B. nährstoffreduzierte Fütterung, Abluftreinigung) werden als „Stand der Technik“ bezeichnet. Sie können pauschal nur bei BImSchG-Anlagen, also Tierhaltungen ab einem bestimmten Bestandsumfang, abverlangt werden.

Was ist ein Schutzgut?

Je nach Emissionsart (insbesondere Ammoniak und Gerüche) sind unterschiedliche Bereiche der Umwelt von Schädigungen betroffen. So können sich Ammoniakemissionen durch den darin enthaltenen Stickstoff und daraus folgenden Düngeeffekt nachteilig auf empfindliche Pflanzen bzw. besondere Pflanzengesellschaften (Biotope, Lebensraumtypen) auswirken. Aufgrund der niedrigen Emissionskonzentrationen wirken diese jedoch nicht nachteilig auf den Menschen. Bei Gerüchen hingegen handelt es sich nicht um ein klassisches Schadgas; sie können bei hoher Konzentration und Häufigkeit belästigend, aber nicht gesundheitsschädlich auf den Menschen wirken. Sowohl die Biotope und Lebensraumtypen (Natur) als auch die Menschen sind jeweils ein Schutzgut.

Wie läuft das Genehmigungsverfahren ab?

Es gibt für die Tierhaltung zwei verschiedene Genehmigungsverfahren und dadurch unterschiedliche Abläufe und Anforderungen an den Umfang des Antrags:

  1. das Verfahren nach Baurecht (Baugenehmigungsverfahren; Abb. 1) und
  2. das Verfahren nach Immissionsschutzrecht (Abb. 2), das die Baugenehmigung einschließt.

Zusätzlich kann eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich sein, durch die letztlich nur eine umfangreichere Dokumentation des Vorhabens und der Umweltauswirkungen unter Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgt (vgl. Schritt 5). Die Art des Verfahrens richtet sich nach der Tierart und Größe der Anlage, also der Anzahl der Tierplätze. Die ausschlaggebenden Tierplatzzahlen sind in Tabelle 2 wiedergegeben. Wann welches Verfahren für welchen Betrieb gilt und wie die einzelnen Verfahren ablaufen, hat das KTBL im Detail zusammengefasst.

Zur KTBL Webseite

 

Tabelle 2: Zahl der Tierplätze, bei denen ein Genehmigungsverfahren nach BImSchG oder eine UVP oder UVP-Vorprüfung erforderlich ist (nicht angegeben: gemischte Bestände; modifiziert nach KTBL)

Genehmigungsverfahren nach BImSchG            (Schwellenwerte der 4. BImSchV)

ohne Beteiligung der Öffentlichkeit (V-Anlage)

mit Beteiligung der Öffentlichkeit (G-Anlage)

Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)ggf. nach standortbezogener Vorprüfung des Einzelfallsggf. nach allgemeiner Vorprüfung des Einzelfallsobligatorisch
Tierkategorie   
Hennen≥ 15.000≥ 40.000≥ 60.000
Junghennen≥ 30.000≥ 40.000≥ 85.000
Mastgeflügel≥ 30.000≥ 40.000≥ 85.000
Puten≥ 15.000≥ 40.000≥ 60.000

Rinder

Ausgenommen Plätze für Mutterkuhhaltung mit mehr als 6 Monate Weidehaltung je Kalenderjahr

≥ 600

≥ 800

Genehmigungsverfahren  mit Öffentlichkeitsbeteiligung nur dann, wenn UVP-Vorprüfung des Einzellfalls positiv

-
Kälber≥ 500

≥ 1.000

Genehmigungsverfahren  mit Öffentlichkeitsbeteiligung nur dann, wenn UVP-Vorprüfung des Einzellfalls positiv

-
Mastschweine (≥ 30 kg)≥ 1.500≥ 2.000≥ 3.000
Sauen (inkl. Ferkelaufzuchtplätze < 30 kg)≥ 560≥ 750≥ 900

Ferkel (getrennte Aufzucht 10 bis 30 kg)

Nur die spezialisierte Ferkelaufzucht

≥ 4.500≥ 6.000≥ 9.000

 

Was ist die Öffentlichkeitsbeteiligung und ist sie verpflichtend?

Die Öffentlichkeitsbeteiligung vor der Erteilung einer Genehmigung ist ein Vorgang mit Kontrollfunktion, bei dem die Öffentlichkeit, d. h. alle Personen wie Bürger oder auch Verbände, Einwendungen gegen den Bau erheben können. Das bedeutet nicht, dass diese mitentscheiden, ob eine Baugenehmigung erteilt wird oder nicht, sondern sie dürfen vorab Bedenken zum Bau äußern, die im Anschluss (noch einmal) von der Behörde geprüft werden. Dieser Vorgang kann das Antragsverfahren zwar verzögern jedoch nach dem Baubeginn Klagen und Ärger ersparen, weil die Bedenken im Zuge dieser Öffentlichkeitsbeteiligung vor Genehmigungserteilung geklärt und idealerweise aufgelöst werden können – statt erst nach der Genehmigung den Klageweg nehmen zu müssen. Das ist auch der Grund dafür, dass es sinnvoll sein kann, eine freiwillige Öffentlichkeitsbeteiligung zu beantragen. Liegen Einwendungen in der erforderlich schriftlichen Form vor, werden diese in einem Erörterungstermin mündlich besprochen, andernfalls kann er abgesagt und damit Zeit und Kosten eingespart werden.

Bei Bauvorhaben nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) ist die Öffentlichkeitsbeteiligung bei sogenannten G-Anlagen Pflicht. Bei V-Anlagen ist sie freiwillig. Tabelle 2 gibt die Tierplatzzahlen wieder, die ausschlaggebend für G- oder V-Anlagen und somit die Öffentlichkeitsbeteiligung in Kombination mit der UVP sind.

Der Termin für die Öffentlichkeitsbeteiligung wird von der federführenden Behörde geplant und veröffentlicht. In der Zwischenzeit werden die Antragsunterlagen öffentlich für jedermann zur Einsicht ausgelegt.

Was ist ein Erörterungstermin?

Liegen Einwendungen in der erforderlich schriftlichen Form vor, wird den Einwändern mit dem Erörterungstermin einerseits die Möglichkeit gegeben, diese näher zu erläutern, anderseits können Antragsteller und Behörden Missverständnisse aufklären und gegebenenfalls die Bedenken ausräumen. Es fällt bei dem Termin keine Entscheidung hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit.

Was passiert nach Erhalt des Bescheides der Baugenehmigung? Wie verläuft die Umsetzung der Baumaßnahme?

Wird der Bescheid einer Genehmigung (baurechtlich oder immissionsschutzrechtlich) erteilt, muss der Bauwerber die Auflagen prüfen, die erteilt wurden. Bezüglich der Emissionsminderung z. B. müssen Auflagen hinsichtlich baulich-technischer Maßnahmen zur Emissionsminderung, des Managements oder der Überwachung auf ihre Umsetzbarkeit geprüft werden. Weiterhin ist zu prüfen, ob die Auflagen so in den Genehmigungsunterlagen stehen, wie sie abgesprochen bzw. angekündigt wurden.

Zum Teil werden den Antragsstellern vor der Baugenehmigung von der Behörde Entwürfe zugesendet, damit die Inhalte auf ihre Umsetzbarkeit und zuvor erfolgten Absprachen geprüft werden können. Gibt es fehlerhafte Formulierungen, können diese bei Entwürfen ohne Klage besprochen und geändert bzw. korrigiert werden. Im Falle einer Baugenehmigung ohne Entwurf vorab muss bei Unstimmigkeiten je nach Bundesland dagegen geklagt oder Widerspruch eingelegt werden. Nicht selten werden Anforderungen in einer Art Textbaustein aus anderen Genehmigungen wiederverwendet, wodurch auf veraltete Richtlinien oder andere Vorschriften Bezug genommen wird und daher eine Korrektur erforderlich ist.

Soll der Baubeginn noch nicht erfolgen, ist zu prüfen, wie lange die Genehmigung gültig ist. Gegebenenfalls ist eine Verlängerung zu beantragen. Sowohl die Gültigkeitsdauer als auch die Verlängerungsmöglichkeiten unterscheiden sich je nach Art der Genehmigung.

Wo liegen die Unterschiede zwischen dem Bau eines Außenklimastalls bzw. eines Stalls mit Auslauf und dem Bau eines zwangsbelüfteten Stalls?

Weitestgehend bestehen zwischen dem Ablauf der Planungen eines Stalls mit Außenklima und einem zwangsbelüfteten Stall keine Unterschiede. Zu beachten sind jedoch die Standortoptionen und die Betriebsgröße. Durch die Schweinehaltung entstehen Emissionen, von denen Ammoniak und Gerüche am relevantesten sind. Ob die Minderung dieser Emissionen erforderlich ist, hängt von der Betriebsgröße ab und auch davon, ob und wie nah Schutzgüter am Standort liegen und inwieweit diese betroffen sein könnten.

Bei V- und G-Anlagen (Tabelle 2) sind bestimmte Anforderungen der TA Luft (Nr. 5.4.7.1) zur Emissionsminderung verpflichtend, wie z. B. der Einsatz einer stark N-/P-reduzierten Fütterung und deren Nachweis oder die Abdeckung von Güllebehältern oder Festmistlagerstätten.

Darüber hinaus ist bei G-Anlagen der Einsatz einer Abluftreinigung mit 70 % Ammoniakminderung und Geruchsminderung als Stand der Technik verpflichtend vorgeschrieben. Es sei denn, es handelt sich um ein sogenanntes „qualitätsgesichertes Haltungsverfahren, das nachweislich dem Tierwohl dient“, d.h. Außenklimastall (sog. Frischluftstall nach TierHaltKennzG), Außenklimastall oder geschlossener Stall mit Auslauf, der bestimmte Mindestanforderungen insbesondere an die verfügbare Fläche je Tier, die Buchtenstrukturierung und das Management stellt. Hier reicht eine geringere Ammoniakemissionsminderung von 33 % bzw. 40% als Zugeständnis für die damit verbundene zusätzliche Tierwohlverbesserung aus.

Die Nachrüstung einer Abluftreinigung an einen bestehenden Stall ist nicht notwendig, wenn sie aufgrund der baulichen Gegebenheiten technisch nicht möglich (z. B. Außenklimastall) oder aufgrund des hohen (Kosten-)Aufwandes zum Umbau der Lüftung unverhältnismäßig ist. In diesem Fall sind emissionsmindernde Maßnahmen nachzurüsten, wie sie für V-Anlagen gefordert werden (s.u.).

Bei V-Anlagen sind die in der TA Luft im Anhang 11 gelisteten (oder qualitätsgesichert gleichwertigen) Maßnahmen als Stand der Technik zur Ammoniakminderung verpflichtend vorgeschrieben (Gerüche müssen nicht gemindert werden). Zu den gelisteten Techniken (z. B. Güllekanalverkleinerung, Güllekühlung, Gülleansäuerung) werden Minderungsgrade angegeben, sodass auch Kombinationen möglich sind. Insgesamt muss eine Minderung von 40 % erreicht werden. Allerdings beziehen sich diese Techniken, wie die Abluftreinigung bei G-Anlagen auch, auf Ställe mit Zwangslüftung, sodass hier für die Nachrüstung dieselben Voraussetzungen gelten: Verhältnismäßigkeit und Zwangslüftung. Eine Besonderheit sind hier „tiergerechte Außenklimaställe mit Kisten- oder Hüttensystemen“, für die eine gegebene Ammoniakminderung von 33 % angegeben wird und - statt der 40 % - als Zugeständnis für die damit verbundene zusätzliche Tierwohlverbesserung ausreicht.

Weitere Informationen über Maßnahmen zur Emissionsminderung

Hinweis

Es gibt einen Bundeswettbewerb „Landwirtschaftliches Bauen“, der seit Anfang der Siebzigerjahre zukunftsweisende landwirtschaftliche Gebäude auszeichnet. Er wird vom BMEL gefördert.

Weitere Informationen 

Weiterführende Literatur